03.06.2022 - Internationale Aktien gaben diese Woche leicht nach. Die US-Zehnjahresrendite stieg um 21 Basispunkte auf 2,95%, weil sich hochrangige Offenmarktausschussmitglieder gegen eine Unterbrechung der Zinserhöhungen in den nächsten Monaten aussprachen. Obwohl die OPEC eine höhere Fördermenge in Aussicht stellte, verteuerte sich das Barrel Rohöl der Sorte West Texas Intermediate um 3,50 US-Dollar auf 117,25 US-Dollar. Gemessen am CBOE Volatility Index (VIX) ging die Volatilität von 27 vor einer Woche auf 25,6 zurück.
KONJUNKTUR
US-Arbeitsmarkt weiter stabil
Im Mai wurden in den USA 390.000 neue Stellen geschaffen (ohne Landwirtschaft). Die Arbeitslosenquote betrug unverändert 3,6%, der durchschnittliche Stundenlohn stieg um 0,3%. Nach diesen guten Zahlen dürfte die Fed ihren Leitzins auf den nächsten beiden Sitzungen wie geplant um jeweils 50 Basispunkte anheben. Die guten Arbeitsmarktdaten straften die viel beachteten Warnungen mehrerer CEOs Lügen, dass den USA eine scharfe Rezession drohe.
Inflation für Biden immer wichtiger
Fünf Monate vor den Zwischenwahlen widmete sich US-Präsident Joe Biden verstärkt dem für die meisten Amerikaner zurzeit wichtigsten Thema: der Inflation. In einem Gastkommentar für das Wall Street Journal skizzierte er zu Wochenbeginn einen Drei-Punkte-Plan. Erstens will er die Unabhängigkeit der Fed sichern, damit sie ihren Kampf gegen die Teuerung fortsetzen kann. Zweitens soll der Basiskonsum günstiger werden – durch vom Kongress zu verabschiedende Steuergutschriften für saubere Energie und staatliche Investitionen mit dem Ziel, verschreibungspflichtige Medikamente und Kinderbetreuung zu verbilligen und das Wohnungsangebot zu erhöhen. Drittens will Biden durch Steuerreformen das Bundesdefizit senken. Der Präsident gab zu, dass sich der schnelle Beschäftigungszuwachs während der Erholung nach Corona kaum wiederholen lässt. Vermutlich werden demnächst monatlich nur noch etwa 150.000 neue Stellen geschaffen, nach zuletzt im Schnitt etwa einer halben Million. Viele von Bidens Vorschlägen waren bereits im Build-Back-Better-Paket enthalten, das im Senat auch in der eigenen Partei keine ungeteilte Zustimmung fand und damit scheiterte.
Euroraum-Inflation mit neuem Rekord – und Anstieg auf breiter Front
Im Mai sind die Verbraucherpreise im Euroraum um 8,1% gestiegen, ein neuer Rekord. Damit wächst der Druck auf die Europäische Zentralbank, ihre Negativzinspolitik in den nächsten Monaten zu beenden. Die Preise stiegen auf breiter Front; der Kernindex legte um 3,8% zu. Noch stärker stiegen die Produzentenpreise. Nach den am Donnerstag veröffentlichten Zahlen lag der Index im April um 37,2% über dem Vorjahreswert. Investoren rechnen jetzt damit, dass die EZB die Zinsen in den nächsten Monaten um etwa 200 Basispunkte anhebt.
Stabiles Verarbeitendes Gewerbe dank nachlassender Lieferprobleme
Weltweit war das Verarbeitende Gewerbe im Mai stabil. Nur in fünf der etwa 50 Länder, für die Einkaufsmanagerindizes (PMIs) erhoben werden, verschlechterte sich die Stimmung. In den USA ist der ISM-Index für das Verarbeitende Gewerbe überraschend von 55,4 auf 56,1 gestiegen, vor allem wegen der hohen Auftragseingänge. Die Faktorpreise blieben hoch, doch fiel der Arbeitsmarkt-Teilindex unter 50. Im Euroraum ging der Industrie-PMI von 55,5 im April auf 54,6 im Mai zurück, während der Index in China nach der Rücknahme von Coronarestriktionen von 47,4 auf 49,6 stieg. In Russland und der Ukraine bleiben die Lieferketten gestört, doch scheinen Fortschritte in Asien dies auszugleichen. Die amerikanische Dienstleistungskonjunktur hat sich im Mai leicht abgekühlt; der ISM-Index für den Dienstleistungssektor ging von 57,1 im April auf 55,9 zurück.
Fed-Vize hält Inflationshoch noch nicht für erreicht
Nach dem nur leichten Rückgang des Verbraucherpreisindex im April schien es Fed-Vizechefin Lael Brainard am Donnerstag verfrüht, einen Rückgang der Inflation auszurufen. Ohne eine Abkühlung der Nachfrage, so Brainard, seien die für die nächsten zwei Offenmarktausschusssitzungen geplanten Zinserhöhungen um jeweils 50 Basispunkte wohl weiter angemessen. Sie erteilte der Idee eine Absage, die Zinserhöhungen im September auszusetzen. „Es bleibt noch viel zu tun, damit die Inflation auf unser 2%-Ziel fällt“, so Brainard. Diese Woche begann die Notenbank, auslaufende Anleihen aus ihren Beständen nicht zu ersetzen. Langfristig entspricht das laut Brainard einer Zinserhöhung um etwa 50 bis 75 Basispunkte.
KURZ GEFASST
Unter Führung Saudi-Arabiens verständigte sich die OPEC auf eine um täglich etwa 650.000 Barrel höhere Förderung in den nächsten Monaten, um den jüngsten Rohölpreisanstieg einzudämmen. Vermutlich wird US-Präsident Biden im Rahmen seiner Nahostreise noch in diesem Monat Saudi-Arabien besuchen und sich mit Kronprinz Mohammed bin Salman treffen. Biden hatte ihn in der Vergangenheit kritisiert, scheint aber jetzt auf eine noch höhere Ölförderung hinzuarbeiten.
Nur wenige Tage vor der OPEC-Entscheidung hatte die Europäische Union einen Boykott russischen Öls beschlossen, das auf dem Seeweg geliefert wird. Betroffen sind etwa zwei Drittel der gesamten EU-Rohölimporte aus Russland. Außerdem will die EU die Versicherung von Rohölimporten aus Russland weltweit verbieten.
Im April gingen die deutschen Einzelhandelsumsätze um 5,4% z.Vm. zurück. Noch immer steigen die Preise stärker als die Löhne, was an den Verbrauchern nicht spurlos vorübergeht.
Die Bank of Canada hat ihren Leitzins um 50 Basispunkte auf 1,5% erhöht und weitere Zinserhöhungen in Aussicht gestellt.
Nach Angaben der Deutschen Bank hatte der S&P 500 Index Stand Ende Mai den schlechtesten Jahresbeginn seit 1970.
US-Finanzministerin Janet Yellen gab diese Woche zu, dass ihr Inflationsausblick letztes Jahr falsch war. Ihr sei nicht bewusst gewesen, wie stark die Angebotsschocks die US-Wirtschaft treffen würden.
Nach dem Beige Book der Fed ist die US-Wirtschaft in den meisten Regionen in letzter Zeit leicht bis moderat gewachsen. Der Konsum sei aufgrund der steigenden Preise aber zurückgegangen, und die Nachfrage nach Wohnimmobilien habe unter höheren Hypothekenzinsen und dem anhaltenden Hauspreisanstieg gelitten. Dem Bericht zufolge verzichten manche Unternehmen auf Neueinstellungen. Außerdem werde in nächster Zeit mit einem niedrigeren Lohnanstieg gerechnet.
Wie die EZB mitteilte, hat sich Kroatien für die Währungsunion qualifiziert und kann jetzt ihr 20. Mitglied werden. Die europäischen Staats- und Regierungschefs dürften sich diesem Votum im nächsten Monat anschließen, sodass Kroatien Anfang 2023 den Euro einführen kann.
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