23.03.2023 -
US-Geldpolitik – Mehr eine Frage der Liquidität, weniger der Zinsen
Die Turbulenzen im Bankensektor konnten die US-Notenbank in Sachen Zinsen zwar nicht von ihrem Kurs abbringen, aber zu einer neuen Runde Liquidität im Markt haben sie allemal geführt. Schon bald neue Höchststände in der Fed-Bilanz dürften so die monetären Rahmenbedingungen für die Kapitalmärkte in den kommenden Monaten entscheidend zum Positiven verändern.
Auch wenn es US-Notenbankchef Powell gestern Abend nicht ausgesprochen hat, wir stehen am oder zumindest kurz vor dem Ende des laufenden Zinserhöhungszyklus in den USA. Die Diskussionen darüber, ob im Mai in der Tat noch ein kleiner Schritt mit erneut 25 Basispunkten kommt oder nicht, dürften zwar jetzt geführt werden, auf das zukünftige geldpolitische Umfeld sollte der Einfluss aber eher begrenzt bleiben. Hier sind die entscheidenden Weichen vor zwei Wochen gestellt worden, als die Fed erneut die Löschdecke über einem brennenden Finanzsektor ausgebreitet hat und so einen Flächenbrand wie zur Finanzkrise vor 15 Jahren zunächst verhindert hat.
Fed flutet den Markt bereits wieder mit Liquidität
Die jüngsten Turbulenzen haben dazu geführt, dass das Bankensystem von den Zentralbanken erneut mit Liquidität geflutet wird. Mit dem Bank Term Funding Programm (BTFP) können die Geldinstitute ihre Staatsanleihen bei der Fed als Sicherheit nicht etwa zum aktuellen und damit geringeren, sondern zum Nennwert hinterlegen. Dafür bekommen sie Liquidität zu einem attraktiven Zins, das Programm ist in der Höhe unbegrenzt. Die Banken können somit deutlich mehr Liquidität generieren, als würden sie Anleihen im Markt verkaufen und müssen zudem keine Verluste ausweisen. Sie haben damit einen sehr starken Anreiz, dieses Programm auch zu nutzen. Wir erwarten, dass die Fed-Bilanz in Folge der Inanspruchnahme schon bald auf neue Höchststände ansteigen wird. Der Liquiditätsentzug durch das Quantitative Tightening mit derzeit 90 Milliarden US-Dollar pro Monat wird hiermit mehr als ausgeglichen.
Was die Zinspolitik angeht, ist die derzeitige Marktannahme plausibel, dass die US-Notenbank maximal noch einen kleinen Schritt nach oben gehen wird. Alles andere würde das Liquiditätsproblem der Banken verschärfen und letztlich auch zu Solvabilitätsproblemen führen. Zum anderen ist der zu erwartende „Credit Crunch“, also die Verschärfungen der Kreditvergabe durch die Banken, ein disinflationärer Impuls, der den ohnehin anstehenden Rückgang der Teuerung noch beschleunigen wird. Somit sollten die monetären Bedingungen in der Summe in den nächsten Monaten durch die Zunahme der Liquidität und weitgehend unveränderter Zinsen expansiver werden.
Rezession in den USA in der zweiten Jahreshälfte
Die Konjunkturrisiken haben sich durch die Verwerfungen im Bankensektor allerdings deutlich erhöht. Gerade US-Banken werden ihre Kreditvergabe in Reaktion auf die Liquiditätsverknappung weiter einschränken und somit die Liquiditätsversorgung der Wirtschaft drosseln. Auch in Europa ist dies zu erwarten, wenn auch weniger ausgeprägt. Sind wir bislang für die USA von einem Soft-Landing ausgegangen, ist nun ein deutlich negatives Wachstum in der zweiten Jahreshälfte sehr wahrscheinlich.
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