26.11.2024 -
Ein Handelskrieg nützt niemandem. Er schadet der Preisstabilität und bremst das Wachstum. Märkte und Unternehmen leiden, und auch die amerikanische Handelsbilanz wird nicht besser. Aber jetzt warten die Anleger erst einmal ab, bis sie genauer wissen, was Trump wirklich vorhat. Für Festzinstitel sind wir einstweilen zuversichtlich. Unternehmensanleihen scheinen manchen Kennzahlen zufolge teuer, aber der laufende Ertrag eines Anleihenportfolios dürfte 2025 klar über der Inflation liegen.
Droht ein Handelskrieg? Als Trump 2016 erstmals zum Präsidenten gewählt wurde, entfielen 22% der US-Importe auf China. Heute sind es noch 13,5%, und auch der Anteil der USA an den chinesischen Exporten ist gefallen, von 18% auf weniger als 15%. Darauf hat Trump 60% Zoll angedroht. Auch wenn China heute weniger abhängig von den USA ist, hätte das noch immer massive Folgen. Als in den USA gewählt wurde, war ich in Peking. Ich glaube, dass China bei neuen US-Zöllen den schwachen Immobilienmarkt und den Konsum stärker stützt. Unklar ist, wann Washington und Peking aktiv werden. Vielleicht reagiert man aufeinander. Fest steht aber, dass Welthandel und Anlegerstimmung stark von der Entwicklung der amerikanisch-chinesischen Beziehungen unter der zweiten Trump-Regierung abhängen. Handelsvolumen, Umsätze, Bewertungen – alles ist betroffen.
Veränderte Handelsströme: Der Welthandel hat schon auf den wachsenden Protektionismus reagiert. Während Chinas Marktanteil in den USA seit 2016 gefallen ist, ist der Anteil Mexikos und des Euroraums gestiegen. Kein Land exportiert mehr in die USA als Mexiko, und entsprechend groß sind die Risiken – ebenso wie vielleicht auch für Kanada. China hat den Export hingegen diversifiziert; andere asiatische Länder sind für China heute sehr viel wichtiger als die USA und die EU. Asiens Anteil an den chinesischen Exporten ist von knapp 5% im Jahr 2000 auf jetzt etwa 18% gestiegen – wegen der geografischen Nähe und weil China viele wichtige Güter produziert, vor allem in den Bereichen Technologie und langlebige Konsumgüter.
China, so heißt es, würde US-Zöllen durch die Verlagerung von Exporten und Produktion in andere asiatische Länder auszuweichen versuchen. Wenn das stimmt, könnte der amerikanische Protektionismus auch andere Länder treffen. Schon jetzt wurde China des Dumpings bezichtigt, also des Verkaufs von eigentlich für die USA bestimmten Gütern in andere Länder, zu niedrigeren Preisen und zum Nachteil der dortigen Unternehmen. Auch die Zollerhöhungen der EU für chinesische Elektroautos zeigen, dass sich die Außenhandelspolitik auf einem falschen Weg befindet.
Schlechte Entscheidungen: Für Zölle kann es durchaus gute Gründe geben, etwa Exportsubventionen oder klare Hinweise auf Dumping. Seltsam wird es aber, wenn man mit Zöllen das Handelsbilanzdefizit verringern will. Das US-Leistungsbilanzdefizit beträgt mehr als 3% des BIP. Aus der Wirtschaftstheorie wissen wir, dass Leistungsbilanzen dann defizitär werden, wenn in einem Land im Verhältnis zum Konsum und den Investitionen zu wenig gespart wird. Wenn die USA ihr Defizit senken wollen, müssen sie also mehr sparen und weniger Geld ausgeben. Laut Keynes lässt dann das Wachstum nach.
Im Extremfall können die relativen Preise (also die realen Wechselkurse, die sich durch Zölle ändern) Spar- und Konsumentscheidungen sicher beeinflussen. Aber das dauert länger als die vierjährige Amtszeit eines amerikanischen Präsidenten, und von einer solchen nachhaltigen Senkung des Handelsbilanzdefizits war im Wahlkampf auch gar nicht die Rede. Die Zölle werden über den Weg höherer Preise den Unternehmensgewinnen (von Importeuren) und vor allem den Verbrauchern schaden. Die Ironie dabei ist, dass der Dollar wahrscheinlich stark bleibt – und die Nettoimporte in die USA ceteris paribus dann sogar zunehmen.
Aber das ist nur ein Element der Trump’schen Politik, das Wirtschaft und Märkten schaden kann. Hinzu kommen – ideologiegetriebene – Pläne für Steuersenkungen und eine höhere staatliche Kreditaufnahme. Und dann sind da noch seine Ideen zu Einwanderung, Umweltsubventionen und anderen sozialen Themen. Da überrascht es nicht, dass in den Marktberichten seit dem 5. November kein Wort häufiger vorkommt als „Unsicherheit“.
Grundsätzlich optimistisch: Unsicherheit ist der Feind der Sorglosigkeit. Beim Investieren zählt aber, ob Risiken wirklich eintreten und Cashflows und Bewertungen schaden. Noch lässt sich schwer einschätzen, inwieweit Trump seine Pläne umsetzt und wie schnell. Für die Wirtschaft bleiben wir daher grundsätzlich optimistisch. Das US-Wachstum dürfte weiterhin über dem Langfristtrend liegen, was mögliche Zinssenkungen der Fed begrenzen wird. Am Markt erwartet man für Ende 2025 jetzt eine Federal Funds Rate von 3,9% und damit nur noch drei weitere Zinssenkungen um jeweils 25 Basispunkte im nächsten Jahr. Wenn eine expansivere Fiskalpolitik unter Trump darin bereits berücksichtigt ist, sind deutlich niedrigere Anleihenrenditen so gut wie unmöglich.
Attraktive Unternehmensanleihen: Tendenziell dürften die Notenbanken aber weiter lockern, was für einen noch immer guten Anleihenausblick spricht. Die Inflation könnte weiterhin leicht über den Notenbankzielen liegen, aber real bleiben die Leitzinsen hoch. Nachdem den Notenbanken eine weiche(re) Landung gelungen ist, wollen sie den Aufschwung jetzt durch eine noch etwas lockerere Geldpolitik sichern. Wegen der amerikanischen Steuersenkungs- und Deregulierungspläne und der absehbaren weiteren Zinssenkungen in Europa bleibt der Ausblick für Unternehmensanleihen gut. US-dollardenominierte Investmentgrade-Titel bieten etwa 5,25% Rendite, sterlingdenominierte 5,5% und eurodenominierte gut 3%. Aktive Fondsmanager können Titel finden, die noch etwas mehr bieten. Der Ausblick bleibt also gut, vor allem durch hohe Couponerträge. Allein in den letzten drei Monaten hat man mit amerikanischen Investmentgrade-Titeln fast 4,6% und mit High Yield etwa 6,5% laufenden Ertrag p.a. erzielt.
Aber sind sie nicht teuer? Manche Kunden äußerten sich mir gegenüber besorgt über die Bewertungen von Unternehmensanleihen. Die Spreads sind sicher niedrig, aber die Gesamtrenditen sind gut. Dabei kommt es auf die Einzelheiten an. Meist vergleicht man die Renditen von Unternehmensanleihen mit denen laufzeitgleicher Staatsanleihen. US-Unternehmensanleihen scheinen dann extrem teuer, mit Spreads im untersten Perzentil der letzten zehn Jahre (auf Basis von Wochendaten der ICE/Bank of America). Man kann Unternehmensanleihen aber auch mit Zinsswaps vergleichen, und dann sieht es anders aus. Auch dann sind die Spreads eng, aber längst nicht so extrem wie gegenüber Staatsanleihen. Der Vollständigkeit halber: In Europa sind die Spreads gegenüber Staatsanleihen ebenso wie gegenüber Swaps weniger extrem.
Staatsanleihen werden billiger: Die Spreadunterschiede haben viel mit fallenden Kursen von Staatsanleihen zu tun. Ihre Renditen liegen heute über den Swapsätzen, vor allem bei Langläufern. In den USA und Großbritannien ist es schon länger so, und im Euroraum fängt es jetzt an. Bei Staatsanleihen spielen Angebot und Nachfrage eine wichtigere Rolle. Während des Quantitative Easing sorgten die Notenbankkäufe für steigende Kurse, sodass die Renditen unter die Swapsätze fielen. Heute fürchtet man ein höheres Angebot, weil die Regierungen ihrer Defizite nicht Herr werden. Anlegern mit einer Swap-Benchmark, darunter viele Versicherungen, macht der Anstieg der Anleihenrenditen gegenüber den Swapsätzen Schwierigkeiten.
Das alles ist kompliziert und recht technisch, aber am Ende gibt es keinen Zweifel: Staatsanleihen leiden unter dem Haushaltsausblick, und Unternehmensanleihen sind vielleicht gar nicht so extrem teuer, wie der einfache „Spread gegenüber Staatsanleihen“ glauben macht. Billig sind sie dennoch nicht, wegen der guten Fundamentaldaten und der hohen Nachfrage. Irgendwann könnten Anleger aber auf den Gedanken kommen, dass Staatsanleihen eigentlich teurer sein müssten, zumindest dann, wenn die Zinserwartungen noch weiter fallen.
Aktien sind Trump(f): Am Aktienmarkt ist der Trump Trade noch immer präsent. Letzten Monat lagen vor allem die US-Indizes vorn: Small und Mid Caps, Wachstumswerte und der NASDAQ. Die Aussicht auf niedrigere Unternehmenssteuern und die Technologiefantasie dürften amerikanischen Titeln auf absehbare Zeit Mehrertrag bescheren. Sehen Sie sich nur NVIDIA an: Mit 35 Milliarden US-Dollar Umsatz hat das Unternehmen im 3. Quartal die Erwartungen übertroffen. Seit Jahresbeginn ist die Aktie um 196% gestiegen.
Endlich! Zum Glück wird an diesem Wochenende wieder richtiger Fußball gespielt. Für Manchester United beginnt eine neue Ära. Meine Begeisterung reicht mindestens bis Sonntag – und hoffentlich auch darüber hinaus. Man liest, dass sich schon diese Woche beim Training ein neuer Stil abgezeichnet habe. Viermal hat United in der laufenden Premier-League-Saison schon verloren. Hoffentlich kommen nicht mehr viele Niederlagen hinzu. Wie heißt es so schön? Es kann nur besser werden. Boa sorte, Ruben!