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Marktkommentar

Michael Blümke (ETHENEA): Das menschliche Verhalten - Gefahr für den Anleger?

© ETHENEA Independent Investors S.A.

03.08.2021 -

„Das Hauptproblem des Anlegers - und sogar sein schlimmster Feind - ist wahrscheinlich er selbst.” (Benjamin Graham)

Diese Aussage von Benjamin Graham, dem Urvater des Value-Investing, ist zeitlos und hat daher auch Jahrzehnte nach seinem Ableben nichts von ihrem Wahrheitsgehalt verloren. Einen großen Beitrag zur Erforschung der dafür verantwortlichen psychologischen Prozesse haben insbesondere die beiden israelisch-US-amerikanischen Wissenschaftler Daniel Kahneman und Amos Tversky geleistet. Beide prägten maßgeblich den Begriff der „Behavioral Finance“, auf Deutsch Verhaltensökonomie. Ersterer brachte die Ergebnisse sehr treffend auf den Punkt:

„Die Intuition steht dem klaren Denken im Weg.” (Daniel Kahneman)

Das Schlagwort Behavioral Finance und die Ergebnisse der beiden Forscher zum Thema Verzerrungen (Biases) in der Entscheidungsfindung sind mittlerweile fester Bestandteil der Portfoliomanagerausbildung und auch nicht mehr wegzudenken aus dem allgemeinen Anlegerjargon.

Konfrontiert mit dem täglichen Auf und Ab an den Börsen und der Verantwortung für das uns anvertraute Anlegervermögen stellt sich für uns als Portfolio Manager quasi täglich die Herausforderung, mit etwaigen Biases umzugehen. Doch was ist eigentlich mit diesen Verzerrungen gemeint und mit welchen müssen wir uns als Investor auseinandersetzen? Allgemein wird von einer Verzerrung gesprochen, wenn eine Entscheidung auf der Grundlage eines Vorurteils oder einer Bevorzugung getroffen wird. Bildlich gesprochen durchlaufen all unsere Entscheidungen individuelle Filter. Diese können durch Erfahrung, Urteilsvermögen, soziale Normen, Annahmen, akademische Kenntnisse und mehr beeinflusst worden sein. Grundsätzlich wird zwischen kognitiven und emotionalen Biases unterschieden.

Die kognitiven Verzerrungen bei der Entscheidungsfindung basieren auf etablierten Konzepten. Ob diese zutreffend sind oder nicht, ist dabei irrelevant. Die sich einschleichenden Ungenauigkeiten basieren entweder auf Statistikfehlern oder entstehen während der Informationsverarbeitung oder -speicherung. Dem steht die emotionale Voreingenommenheit gegenüber, die typischerweise spontan auftritt und auf den persönlichen Gefühlen zum Zeitpunkt der Entscheidungsfindung basiert. Während kognitive Fehler leichter korrigiert werden können, ist dies bei emotionalen schwieriger. Da sie auf Gefühlen beruhen, können sie nicht so leicht vermieden werden.

Zwei der bekanntesten kognitiven Biases sind der sogenannte Confirmation Bias (Bestätigungsfehler) und der Hindsight Bias (Rückschaufehler). Unter Ersterem versteht man die Tendenz, Informationen so zu wählen bzw. zu interpretieren, dass die eigene Meinung bestätigt wird. Losgelöst von den Gründen für dieses Verhalten, die neben Ressourcenschonung und Stärkung des Selbstvertrauens vielfältig sein können, führt es zu einer sehr einseitigen Informationsaufnahme bis hin zu einer völligen Negierung gegenläufiger Meinungen und damit hin zu einer unbewussten Verstärkung und Bestätigung der eigenen, bereits bestehenden Meinung. Im Resultat führt dieser Fehler zu schlechten Entscheidungen, da nicht alle verfügbaren Argumente gegeneinander abgewogen werden. Der Rückschaufehler führt dazu, dass mit dem Wissen um den Ausgang vergangener Ereignisse, die Fähigkeit, zukünftige Ereignisse vorherzusagen, überschätzt wird. Dies wiederum kann dann zu schlechten Entscheidungen oder – um es in den Investitionskontext zu stellen – zu unbedachten Risiken führen, da die ursächlichen Umstände und Gründe des zu prognostizierenden Ereignisses nicht ausreichend berücksichtigt worden sind.

Einen ähnlichen Effekt, jedoch eine andere Ursache hat der Overconfidence Bias (Selbstüberschätzung), der den emotionalen Verzerrungen zuzuordnen ist. Selbst wenn diese Verzerrung nicht in der Extremversion (Hybris) auftritt, führt sie in der Regel dazu, dass Entscheidungsträger aufgrund vorangegangener Erfolge oder eines Spezialwissens in einer Nische ihre Prognosefähigkeiten überschätzen. Der letzte an dieser Stelle vorzustellende Bias ist ebenfalls dem emotionalen Lager zuzuordnen und spielt als typisches Investorenverhaltensmuster eine entscheidende Rolle bei der Beeinflussung von Anlageentscheidungen. Gemeint ist der Verlustaversions-Bias, der dazu führt, dass Anleger nachweislich irrationale, also nicht dem ökonomischen Erwartungsnutzen folgende Entscheidungen treffen. Im Rahmen ihrer Prospect Theory (Neue Erwartungstheorie) konnten die eingangs erwähnten Wissenschaftler Kahneman und Tversky mit einer virtuellen Wertefunktion nachweisen, dass – vereinfacht gesprochen – Verluste ein höheres Gewicht haben als Gewinne gleicher Höhe. Dies wiederum führt dazu, dass Anleger bei Gewinnen risikoavers handeln, also diese zu früh realisieren, und bei Verlusten risikoaffin agieren, d. h. diese zu lange laufen lassen. Wie in der nachfolgenden Grafik erkennbar, ist der individuelle Nutzen eines Verlustabbaus in Höhe von 100 € höher als der Ausbau eines Gewinnes um 100 €. Obwohl es sich wirtschaftlich betrachtet, um den gleichen Sachverhalt handelt, führt die Betrachtung aus einer Gewinn- und Verlustperspektive zu obigem Verhaltensmuster, da der Nutzengewinn aus einer Verlustreduktion als höher empfunden wird.

Die Liste der den Investor beeinflussenden Verzerrungen ist natürlich noch um einiges länger, doch allein die hier vorgestellten vier dürften verdeutlichen, wie wichtig es ist, diese zu identifizieren und zu verstehen, um schlussendlich bessere Anlageprozesse zu kreieren. Ohne unseren Investitionsprozess hier im Detail zu erläutern, dienen nachfolgende bei uns umgesetzte Maßnahmen unter anderem dem Zweck, die verschiedenen Biases entweder völlig zu umgehen oder zumindest abzumildern. 

  • Schon im Rahmen des Researchs verpflichten wir uns selbst ausdrücklich, sowohl unterschiedliche Quellen zu nutzen als auch bewusst nach gegenteiligen Meinungen zu suchen und diese auch in der Dokumentation gegenüberzustellen.
  • So banal es klingt – auch die heterogene Zusammensetzung eines Teams führt dazu, dass gemeinschaftliche Denk- und Verhaltensmuster aufgebrochen werden und Probleme auch von anderen Seiten beleuchtet werden.
  • Das klare Setzen und natürlich das Einhalten von Regeln bezüglich Positionsgrößen, Risikobudgets, Diversifikationsvorgaben, Desinvestitionszielen (Limite zur Verlust- und Gewinnrealisierung) ist integraler Bestandteil jeder Investitionsentscheidung. Die Messung und Kontrolle dieser Vorgaben obliegt nicht dem ursprünglichen Entscheidungsträger, und für Verstöße gibt es einen adäquaten Eskalationsprozess.
  • Um die Gefahr von subjektiven und gegebenenfalls verzerrten Entscheidungen zu minimieren, wird nicht nur auf „objektive“ Tools zur Berechnung von absoluten und relativen Bewertungen und technischen Kennzahlen zurückzugegriffen, sondern es wird auch das individuelle Chance-Risiko-Verhältnis für jede einzelne Investitionsentscheidung verdeutlicht.
  • Mit einer angemessenen Dokumentation wird die Basis für die interne Diskussion und Entscheidungsfindung gelegt und auch die Gefahr einer individuellen Verzerrung verringert. Außerdem fördert sie natürlich die Nachvollziehbarkeit und erleichtert den späteren Soll-Ist-Abgleich.
  • Die emotionale Bindung zu einer Investition minimieren wir, indem einerseits die Verantwortlichkeiten auf der Ebene der Analyse rotieren und andererseits Entscheidungen von den Lead Portfolio Manager gemeinsam getroffen werden müssen. Das dafür notwendige Hinterfragen und Rechenschaftablegen über die Investitionshintergründe sorgt für eine Reduzierung der Verzerrung auf individueller Ebene.

Während all diese Maßnahmen dazu beitragen, durch Minimierung verschiedener Verzerrungen unseren Investitionsprozess zu verbessern, kommt unserer Investmentphilosophie ebenfalls eine entscheidende Rolle zu. Unser Anspruch, die Verluste in schwierigen Börsenphasen zu begrenzen, hat zwei Beweggründe. Natürlich muss rein mathematisch betrachtet bei kleineren Verlusten auch nur weniger Wertaufholung stattfinden und jeder, der sich mit der multiplikativen Verknüpfung von Renditen auseinandergesetzt hat, kennt die damit verbundene Asymmetrie. Aber viel entscheidender ist, dass dieser Anspruch uns dazu zwingt, uns rechtzeitig von Verlustpositionen zu trennen, wodurch ein Automatismus geschaffen wird, der hilft, die oben beschriebene Verlustaversion zu umgehen.



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