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Interview

Guido Barthels (ETHENEA): „Erwarte an den Märkten Europas eine radikale Wende"

Im Gespräch mit trend.at erklärt Guido Barthels, warum er den US-Aktienanteil in seinen Fonds ETHNA Aktiv und Defensiv massiv zurückfuhr.
© Ethenea Independent Investors S.A.

Trend.at: Im Vorjahr ist ihr Mischfonds, der Ethna-Aktiv, im Vergleich zum Markt und manchen Konkurrenten zurückgefallen. Was war der Grund?

Barthels: Wir haben nach Kursverlusten zu Jahresanfang sehr vorsichtig agiert und die Aktienquote auf null gefahren. Das haben die meisten Marktteilnehmer nicht gemacht. Doch es gab zu viele Unsicherheitsfaktoren: Die starke Abwertung des chinesischen Renminbi und die damit verbundenen Kapitalabflüsse haben zu extremer Risikoaversion geführt, während gleichzeitig die Rohstoffpreise, insbesondere der Ölpreis, eingebrochen sind. Dies hat die Risikoabneigung der Anleger dann noch einmal verstärkt. Ein Ende der Entwicklung ist nicht so leicht abschätzbar. Wir haben deshalb auch nicht gleich wieder stark investiert. Die Aktienmärkte haben aber dennoch stark zugelegt, andere Marktteilnehmer, die investiert geblieben sind, aber auch das größere Risiko eingegangen sind, haben so rasch wieder Kursgewinne verbuchen können.

Im Nachhinein betrachtet eine falsche Entscheidung?

Barthels: Hinterher ist man immer klüger, aber wir verstehen uns als Anbieter defensiver Fondsprodukte. Was wir jedoch gemacht haben, war unser Team aufzustocken. Sowohl für den Ethna-Aktiv als auch für den Ethna-Defensiv, der den Schwerpunkt auf Anleihen legt, um so das Feintuning bei der Titelselektion noch zu verbessern.

In einer Phase anhaltend niedriger Zinsen in Europa und einer Zeitenwende bei Zinsen in den USA schlägt die Stunde intelligenter Rentenmanager. Wie sieht ihre Anleihenstrategie derzeit aus?

Barthels: Rentenpapiere sind aufgrund der niedrigen Zinsen volatiler geworden. Früher hat die hohe jährliche Verzinsung selbst Fehlentscheidungen leichter ausmerzen können. Heute muss man stärker ins Risiko gehen und von der Kursentwicklung leben. Wir setzen deshalb innerhalb unserer Rentenportfolios auf eine breite Streuung. Wir finden derzeit Dollar-Anleihen am attraktivsten und haben zu Anfang März etwas über 80 Prozent des Anleihenportfolios des Ethna-Aktiv in Dollar-Papieren investiert, davon wieder weit über 90 Prozent in Unternehmensanleihen. Beim Ethna-Defensiv sind wir zu Anfang März mit über 90 Prozent unserer Anleihen im Dollar investiert und davon entfallen über 85 Prozent auf Unternehmensanleihen. Der Renditevorsprung ist in diesen Werten, obwohl wir das Währungsrisiko absichern, nach wie vor bei 50 bis 60 Basispunkten gegenüber europäischen Anleihen. Das Zinsänderungsrisiko versuchen wir mit der Steuerung der Laufzeiten abzufedern und setzen auf kurze Laufzeiten. Für dessen Kauf setzen wir auf günstige Terminkontrakte.

Nachrangige Anleihen sehen manche Anleger aufgrund der höheren Rendite als Alternative zu soliden Anleihen mit minimaler Rendite. Haben Sie solche riskanteren Papiere im Depot?

Barthels: Gerade Banken haben vor ein paar Jahren interessante Nachrang-Anleihen angeboten. Aber aufgrund verschärfter Regelungen durch Basel III, durch die diese Papiere nicht mehr dem Eigenkapital zurechnet werden dürfen, sind diese für Unternehmen uninteressanter geworden, weshalb auch weniger lukrative Anleihen geboten werden. In eine ähnliche Kategorie fallen sogenannte CoCoBonds, das sind ebenfalls nachrangige Schuldverschreibungen. Diese werden fast ausschließlich von Banken begeben. In dieser Anlagekategorie hat man aber das Risiko einer Aktie ohne dessen hohe Ertragschance. So können Coco-Investoren ihr Geld bereits ohne eine volle Insolvenz der Bank verlieren. Die EZB kann sogar Abschreibungen bei Cocos verlangen. Am Ende kann die Wandlung in Aktie stehen. Mittlerweile sind solche Papiere auch viel zu hoch bepreist.

Derzeit gibt es zwei Fraktionen von Fondsmanagern: Die einen erwarten, dass die Aktienmärkte in den USA 2017 stärker zulegen werden, die anderen haben höhere Erwartungen an europäische Aktien. Welchem Lager rechnen Sie sich zu?

Barthels: Wir fokussieren uns bei Aktien derzeit auf Europa. Dieser Markt wurde in den vergangenen zwei, drei Jahren stiefmütterlich behandelt. Die Bewertungen hinken deshalb gegenüber den USA hinterher. Das dürfte sich jedoch in der zweiten Jahreshälfte ändern. Dann könnten wir eine radikale Wende sehen. Europäische Aktienmärkte könnten dann merklich anziehen.

Warum versprechen Sie sich von US-Aktien weniger als von europäischen?

Barthels: Trump wird von seinem hohen Ross steigen müssen und man wird sehen, dass große Ankündigungen wie die Schaffung der großartigsten Steuerreform, die es je gegeben hat – einer der von Anlegern erwartete Katalysator für Wirtschaftswachstum - so nicht eintreten wird. Nach all der heißen Luft, die auch die Entwicklung des US-Aktienmarktes widerspiegelt, steht nun die Phase der Ernüchterung bevor. Das bedeutet, US-Börsen werden sich wieder normalisieren.

Wo investieren Sie derzeit in Europa?

Einen Schwerpunkt der europäischen Aktieninvestitionen bildet aktuell Deutschland. Daneben sind wir breit über weitere Länder gestreut.

Stellen Wahlen in Frankreich, Deutschland und Holland aktuell nicht ein zu hohes Risiko für Anleger dar? Verschreckt etwa SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz nicht Börsianer, wenn er Reformen von Ex-Kanzler Gerhard Schröder aus 2003 wieder zurücknehmen will?

Barthels: Vieles was im Wahlkampf gesagt wird, wird später nicht so heiß gegessen. Schulz wird Reformen, die von seiner Partei mitgeschlossen wurden, schon alleine deshalb nicht so leicht rückgängig machen können. Auch viele in der SPD sind dagegen. Und die SPD hatte zu der Zeit als die von Schröder beschlossenen Reformen des Sozialsystems und des Arbeitsmarktes initiiert wurden, nicht wenige Ämter inne. Dass Schulz nun dafür die Verantwortung den ´kaltherzigen Christdemokraten´ in die Schuhe schieben könnte, wird nicht gehen. Ich halte ich es deshalb für unwahrscheinlich, dass die Hartz-4-Reformen von damals nennenswert wieder rückgängig gemacht werden. (Anmerkung. Im Jahr 2010 wurde das Arbeitslosengeld von 32 auf 12 Monate verkürzt. Zum Vergleich: In Österreich erhält man Arbeitslosengeld bis zu 52 Wochen). Doch Schulz hat sicher gute Chancen. Er glänzt durch sein EU-Amt und viele dürften sich fragen, ob sie ihn in den nächsten Jahren nicht einfach lieber sehen würden, als eine manchmal farblose Frau Merkel.

Wie schätzen Sie die Risiken für die Märkte durch einen möglichen Rechtsruck in Frankreich und Holland ein?

Barthels: Die Auswirkungen werden gering sein. Selbst für ein großes Land wie Frankreich. Zum einen ist die Wahl der Rechtspartei von Marin Le Pen aufgrund des Mehrheitswahlsystems in Frankreich nicht wahrscheinlich. Zum anderen könnte sie auch nicht wie Donald Trump in den USA per Dekret regieren, sondern wird durch das Parlament stark eingeschränkt. Dieses wäre nur auf ihrer Seite, wenn sie auch in den Gemeinden die Stimmenmehrheit erzielt. Und das erscheint mir doch eher unwahrscheinlich.

Wie schätzen Sie die wirtschaftlichen Risiken in Italien ein?

Barthels: Ich sehe im Grunde kein Risiko. Italien funktioniert seit Jahrzehnten nach seinen eigenen Regeln und wir es auch weiter tun. Es ist auch ein sehr abgeschotteter Markt. Wenn man Insidern Glauben schenken darf, soll dort darüber hinaus nach wie vor sehr viel Schwarzgeld im Umlauf sein. Für Unternehmenskonsolidierungen und Restrukturierungen könnte das eine Schwierigkeit darstellen. Es wird daher vermutlich erst einmal beim ´business as usual´ bleiben.

Einer der wesentlichen Themen mit denen sich viele Börsianer derzeit beschäftigen ist die Inflation. Wie gefährlich kann es werden?

Barthels: Inflation ist derzeit sicher eines der zentralen Themen. Schließlich sind die Preise für Energie stark gestiegen. Ich schätze aber, dass wir im Februar den Höchststand erreicht haben werden. Der statistische Basiseffekt, nach dem starken Anstieg, wird wieder abflauen.

Einzelne Wirtschaftsforscher warnen davor, dass die Inflation nicht so leicht einzufangen sein könnte, wenn sie mal zu stark steigt. Wird die Gefahr unterschätzt?

Von allen ökonomischen Gefahren wie Deflation oder Stagnation lässt sich die Inflation am besten in den Griff bekommen. So ist das ganze Instrumentarium der Notenbanken auf die Bekämpfung der Inflation ausgelegt. Die Zinsen zu erhöhen ist schließlich einfach. Und wie man gesehen hat, wirkt auch die Niedrigzinspolitik der EZB. Die Staaten können sich billig entschulden und anders als damals in Zeiten der Hyperinflation konsolidieren die Problemstaaten ihren Haushalt, wie etwa Spanien oder Griechenland. Was die Inflationsrisiken dämpft. So ist Spanien wieder auf dem Weg der Besserung. Die Verschuldung wird abgebaut und der bis zur Finanzkrise dominante Bausektor wurde zurückgedrängt. Ebenso ist der Anteil der Schwarzarbeit bereits etwas zurückgegangen.

Dennoch steigt derzeit die Inflation. Weiteres Anziehen ist nicht auszuschließen. Sehen Sie inflationsgeschützte Anleihen eine gute Option für Anleiheninvestoren?

Barthels: Deren Kurse sind in den vergangenen Monaten deutlich angezogen, da die Produkte hinsichtlich der erwarteten Inflation gepreist werden. Deshalb sind diese mittlerweile viel zu teuer. Wir steuern das Zinsrisiko lieber mit dem geschickten Spiel von Laufzeiten oder sichern es ab.

Welche Aktien zählen Sie derzeit zu ihren Favoriten?

Aktien wie die der Allianz, der Lufthansa und von Renault sind gute Beispiele für die niedrige Bewertung des europäischen Aktienmarktes. Wir gehen davon aus, dass eine positive Entwicklung europäischer Aktien insbesondere von Finanzwerten und zyklischeren Aktien getragen wird. Die großen europäischen Versicherungen sind relativ zum Markt so günstig bewertet wie zuletzt während der Finanzkrise 2009.

Wann sollte man als Anleger investieren?

Da gibt es sicherlich zwei Optionen: Risikofreudigere Investoren positionieren sich jetzt schon, wohingegen vorsichtigere Anleger die Ausgänge der anstehenden Wahlen abwarten.

 

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