Asset Standard: Herr Picenoni, alle Ihre Fonds haben den hauseigenen Strategie-Ansatz gemein. Was zeichnet Ihre Produkte aus?
Picenoni: Wir verfolgen einen Top-Down-Ansatz und stellen makroökonomische Überlegungen in den Vordergrund. Gleichzeitig haben wir aber immer auch Bewertungsparameter verschiedener Anlageklassen im historischen Vergleich im Blick. Es geht uns neben volkswirtschaftlichen Szenarien immer auch darum, in welcher Phase eines Wirtschaftszyklus sich eine bestimmte Anlageklasse gerade befindet. So identifizieren wir Unter- beziehungsweise Überbewertungen. Alle unsere Produkte fußen auf diesen beiden Säulen: der makroökonomischen Perspektive und dem historischen Bewertungsansatz. Zusätzlich berücksichtigen wir auf der kurzfristigen Zeitebene auch die Markttechnik.
Heißt das, Sie agieren auf unterschiedlichen Zeitebenen?
Genauso ist es! Als vermögensverwaltendes Produkt sind wir grundsätzlich langfristig orientiert und legen Wert auf kontinuierliche Erträge und eine stete Entwicklung. Zugleich ignorieren wir aber nicht die Märkte. Indem wir das Sentiment und weitere kurzfristige Indikatoren wie die Volatilität in unsere Strategie einfließen lassen, schaffen wir für unseren langfristigen Ansatz ein Korrektiv. Indem wir uns zusätzlich auch am Markt orientieren, sind wir stets gezwungen, unsere langfristige Strategie kritisch zu hinterfragen. Als positiven Nebeneffekt sorgt unser kurzfristiges Handeln dafür, dass Marktschwankungen geglättet und zusätzliche Erträge generiert werden.
Wie gehen Sie dabei konkret vor?
Mittels unserer kurzfristigen Stimmungsindikatoren überprüfen wir mit einem Vorlauf von sechs bis zwölf Monaten unsere langfristigen Hypothesen. Kommt es zu Abweichungen auf der kurzfristigen Ebene, können diese Markthypothesen zu Umschichtungen führen. In der Regel setzen wir diese taktischen Positionierungen mittels Derivaten um, die wir stets an geregelten Märkten handeln. Das gibt uns die Chance, die Transaktionskosten gering zu halten, flexibel zu bleiben und gleichzeitig ein effektives Risikomanagement unserer langfristigen Positionen zu betreiben. Wichtig ist uns dabei, dass wir unser Kernportfolio auch in schwierigen Marktphasen stabil halten, daher bilden wir taktische Anpassungen mittels Derivaten ab. Der Umsatz unseres Kernportfolios ist gering, da wir uns hiervon Erträge versprechen.
Wie wichtig ist Ihnen Diversifikation angesichts ihres aktiven Risikomanagements?
Diversifikation ist uns sehr wichtig und spielt vor allem in unserem langfristigen Kernportfolio eine große Rolle. Hier achten wir darauf, dass wir vielfältig positioniert sind und setzen neben Staats- und Unternehmensanleihen auf Aktien, Gold und Cash. Doch begreifen wir Diversifikation nicht ausschließlich als Streuung über Anlageklassen. Wir diversifizieren zusätzlich auch anhand qualitativer Kriterien, wie stabile Cashflows, Dividenden und Zinserträge und über Investment-Themen. Letzterer Ansatz fokussiert sich mit einem etwas kurzfristigeren Zeithorizont auf einzelne Branchen und Märkte. Dabei nehmen wir mit einem Value-Ansatz gerne auch eine Contrarian-Position ein. Diese Herangehensweise erhöht die Diversifikation in unserem Portfolio zusätzlich.
Können Sie für solche Investment-Themen Beispiele nennen?
Derzeit sind etwa US-amerikanische Banken interessant, in denen wir Profiteure der Zinswende sehen. Diese Institute haben ihre Bilanzen nach der Finanzkrise bereinigt und sehen angesichts potenziell steigender Zinsen einer besseren Zukunft entgegen.
Viele Ihrer Investoren sind Unternehmerfamilien. Diese haben oft ganz genaue Vorstellungen davon, wie ein Zielfonds agieren soll. Wie werden Sie diesen Vorstellungen gerecht?
Unser Absolut-Return-Ansatz ohne wirkliche Benchmark passt sehr gut zu vermögenden Familien, die den langfristigen Kapitalerhalt wünschen, ohne sich vom kurzfristigen Marktrauschen zu sehr irritieren zu lassen. In Zahlen haben wir uns ein Renditeziel von der Inflationsrate plus drei Prozent p.a. gesetzt. Neben der konservativen Ausrichtung bietet unser Conren Fortune aber auch die Möglichkeit, kurzfristige Chancen wahrzunehmen. Unser Fonds bieten Investoren die Flexibilität, sich am Markt eindeutig zu positionieren, wenn es darauf ankommt. Unser mehrstufiger Ansatz, auf Basis eines soliden Ertragsportfolios auch kurzfristigere Chancen zu ergreifen, passt sehr gut zu Unternehmerfamilien. Viele unserer Kunden können gut nachvollziehen, dass Erfolg aus der Kombination einer langfristigen und vor allem soliden Strategie und dem Ergreifen kurzfristiger Chancen besteht.
Wie blicken Sie derzeit auf den Markt und wie haben Sie sich auf Themen wie Zinswende, Euro-Krise und Trump-Präsidentschaft eingestellt?
Wir glauben einerseits an die Zinswende, andererseits gehen wir aber davon aus, dass eine lockere Fiskalpolitik die Wirtschaft künftig stimulieren wird. Aus diesem Grund ist die Aktienquote in unserem Portfolio derzeit mit über siebzig Prozent vergleichsweise hoch. Jedoch haben wir einen Teil dessen über Futures abgesichert, sodass unsere Netto-Aktienquote aktuell bei rund 58 Prozent liegt. Obwohl wir davon überzeugt sind, dass Substanzwerte von der Reflationierung profitieren werden, nehmen wir gezielt Absicherungen vor. Derzeit in erster Linie bei US-Titeln, die in den vergangenen Monaten sehr stark gestiegen sind. Weiterhin verschließen wir die Augen auch nicht vor den Risiken in Europa: Während Frankreich aus politischer Sicht Risiken birgt, kann Italien als gemessen an der Wirtschaftskraft am dritthöchsten verschuldete Volkswirtschaft zu einem Problem werden. Auch aus diesen Gründen setzen wir neben unserem Fokus auf solide Qualitätsaktien auch auf Gold, das für uns je nach Marktlage Versicherung oder Währung ist. So sehen wir uns für die kommenden Monate gut aufgestellt. Je nach aktueller Entwicklung haben wir die Chance, weitere Anpassungen vorzunehmen und kurzfristige Risiken abzusichern. Langfristig gehen wir aber davon aus, dass die Reflationierung einen positiven Effekt auf die Aktienmärkte haben wird.