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Marktkommentar

Stephan Rieke (ODDO BHF): Der Markt bleibt anfällig

© ODDO BHF Asset Management

23.09.2022 - Das Marktgeschehen ist weiterhin von Besorgnis geprägt. Seit dem Ende der Sommerrally Mitte August 2022 summieren sich die Kursverluste für den US-Index S&P 500 auf gut 10 Prozent. Für den europäischen STOXX 600-Index kommt man sogar auf ein Minus von rund 12 Prozent. Damit liegt zumindest in Europa das Jahrestief von Juni 2022 schon wieder in unmittelbarer Reichweite. Die Stimmung an den Märkten ist außerordentlich negativ. Der Bull&Bear-Indikator der Bank of America beispielsweise, der auf einer Skala von 0 bis 10 die Stimmung der institutionellen Anleger abzubilden versucht, stand Mitte September bei 0,3, drückt somit extreme Besorgtheit aus. Das passt zur Allokation: Weltweit liegt der Anteil der Aktien in den Portfolios der Asset Manager nach Angaben des Global Fund Manager Surveys auf einem historischen Tiefststand.  

Schlechte Stimmung gilt in der Regel als Kontraindikator: Kaufe dann, wenn die Stimmung am Tiefpunkt ist. Wir nehmen das zur Kenntnis, und schließen auch eine kurze Kurserholung nicht aus. Allerdings glauben wir nicht, dass die Basis für eine nachhaltige Erholung schon vorhanden ist.  

Die zügige Straffung der Geldpolitik bleibt eine Belastung für die Aktien- und Anleihemärkte.

Nach den enttäuschenden US-Inflationsdaten für August 2022 hatten Spekulationen über eine mögliche Forcierung des Zinserhöhungstempos für Druck auf die Märkte gesorgt. Im Endeffekt „beschränkte“ sich der Offenmarktausschuss am vergangenen Mittwoch auf eine Zinsanhebung um 75 Basispunkte. Die Zielvorgabe für die Federal Funds Rate wurde auf 3,00-3,25% erhöht. Die Notenbank lässt allerdings keinen Zweifel daran, dass weitere deutliche Zinserhöhungen ins Haus stehen. Der sog. „ Dot Plot“, der die persönlichen Einschätzungen der Teilnehmer des Treffens des für geldpolitische Entscheidungen zuständigen Offenmarktausschusses (Federal Open Market Committee, FOMC) zum Leitzinsniveau darstellt, zeigt bis zum Jahresende 2022 Erhöhungen im Umfang von weiteren 125 Basispunkten an, auf 4,25-4,5% (Median der Schätzungen). Für das Jahresende 2023 fassen die Mitglieder des FOMC sogar ein Zielband für die Federal Funds Rate von 4,50-4,75% ins Auge. Wo die Leitzinsen zum Stehen kommen werden, bleibt unsicher. Diese Unsicherheit wird uns noch eine Zeitlang begleiten. Mit Entspannungssignalen der US-Notenbank sollte man erst rechnen, wenn die Inflationsraten deutlich fallen und die Notenbank hinreichend überzeugt ist, dass die Inflation unter Kontrolle ist. Bei dieser Beurteilung dürfte neben den Inflationsraten die Situation am Arbeitsmarkt wesentlich sein. Solange dort eine ausgeprägte Knappheit von Arbeitskräften herrscht und Beschäftigung, Einkommen und Löhne steigen, wird die US-Notenbank misstrauisch bleiben. Für die Märkte bedeutet das: Im Zweifelsfall nimmt die Fed auch eine Kontraktion der Wirtschaft und einen Anstieg der Arbeitslosigkeit in Kauf, um die Inflation in den Griff zu bekommen. Das wiederum schafft Risiken für den Aktienmarkt.   

Steigende Zinssätze und steigende Preise nagen am Wirtschaftswachstum und an Umsätzen und Erträgen der Unternehmen

Mit Glück hält sich das Wachstum an oder leicht über der Nulllinie, doch das Risiko einer Rezession ist substanziell. Beobachter schätzen die Wahrscheinlichkeit für die USA derzeit auf etwa 50%, für Europa sogar etwas höher. Vor diesem Hintergrund und mit Blick auf die bevorstehende Berichtssaison für das dritte Quartal 2022 beobachten die Marktteilnehmer natürlich sehr besorgt, was in den Unternehmen vor sich geht. Insofern schlug vor einigen Tagen die Gewinnwarnung von FedEx, einem der größten Logistikunternehmen der Welt, erhebliche Wellen an den Aktienmärkten.  FedEx kassierte in der letzten Woche seine Gewinnerwartungen („Guidance“) für das Geschäftsjahr 2023, das im Juni 2022 begonnen hatte. Gleichzeitig veröffentlichte das Unternehmen vorläufige Ergebnisse für das erste Quartal des Geschäftsjahres, das entsprechend am 31. August beendet wurde. Danach lag der Gewinn pro Aktie bei 3,33 US$, rund 19% unter dem Niveau des Vorjahres, und rund 35% unter den Schätzungen der Analysten (5,14 US$) für das Quartal. Die Umsätze konnten im Vergleich mit dem Vorjahr zwar gesteigert werden, blieben aber ebenfalls hinter den Analystenschätzungen zurück. FedEx begründete die Entwicklung mit der Verschlechterung des wirtschaftlichen Umfelds sowohl in den USA als auch weltweit. Gleichzeitig wies das Unternehmen darauf hin, dass man für das laufende Quartal eine weitere Abschwächung der Erträge erwarte, und gab eine Kürzung geplanter Investitionsausgaben bekannt. Ein etwas anders gelagerter Fall ist Adobe. Das Software-Unternehmen gab die geplante Übernahme von Figma bekannt. Figma bietet ein Designtool, das kollaboratives (Remote-)Arbeiten in Echtzeit ermöglicht. Der Kauf des Unternehmens durch Adobe macht nach Einschätzung vieler Beobachter strategisch Sinn, zumal damit ein Wettbewerber vereinnahmt wird. Der Preis, den Adobe dafür zahlt, gilt jedoch als außerordentlich hoch: Mit über 20 Mrd. US$ bezahlt Adobe etwa das 50-fache des Jahresumsatzes von Figma und etwa das Doppelte dessen, was im letzten Jahr – als die Bewertungsniveaus generell höher waren – im Rahmen einer Private Equity-Transaktion angesetzt worden war. Das wiederum, so fürchten Analysten, könnte die Erträge von Adobe auf längere Sicht belasten. Entsprechend negativ war in beiden Fällen die Marktreaktion. Fedex notiert derzeit rund 25% unter dem Stand vor Veröffentlichung der neuen Zahlen, und zog Wettbewerber wie Deutsche Post, UPS oder Maersk gleich mit  nach unten. Adobe wird rund 23% niedriger gehandelt als vor Bekanntgabe der Übernahme-Pläne.

Generell reduzieren die Analysten ihre Gewinnerwartungen kontinuierlich nach unten. Nach Angaben von Factset wurden die Gewinnprognosen für das dritte Quartal 2022 – die Berichtssaison beginnt demnächst – merklich zurückgenommen. Gleiches gilt der Tendenz nach für die Folgequartale, insbesondere Q4 2022 und Q1 2023. Die Entwicklungen sind noch etwas markanter, wenn man den S&P 500 ohne den Energiesektor betrachtet. Insgesamt gesehen jedenfalls nehmen die Sorgen der Anleger hinsichtlich der Ertragsentwicklung merklich zu.

Politische Risiken in Europa

Zu allem Übel ist speziell Europa erheblichen politischen Risiken ausgesetzt. Neben den unaussprechlichen Drohungen aus Moskau anlässlich der beschlossenen Teilmobilmachung der russischen Streitkräfte sehen wir Risiken vor allem im Zusammenhang bzw. im Gefolge der Parlamentswahlen in Italien. Alle Umfrage deuten darauf hin, dass die rechtskonservativen bis rechtspopulistischen Kräfte in Italien die Wahl am kommenden Sonntag (25.9.2022) für sich werden entscheiden können. Mit einem Stimmenanteil von rund 25% dürften die „Fratelli d’Italia“ unter der Führung von Georgia Meloni die stärkste politische Kraft werden. Mit Unterstützung durch Lega (unter Matteo Salvini) und Forza Italia (Silvio Berlusconi) könnte die „Rechtsallianz“ auf einen Stimmenanteil von 45% kommen. Bei der Sitzverteilung in den beiden (verkleinerten) Kammern des Parlaments würden die drei Parteien damit nach Schätzungen von Politico Research auf jeweils mehr als 60% der Sitze kommen. Wenngleich Meloni angekündigt hat, die budgetären Voraussetzungen für den Zugang zu den EU-Mitteln erfüllen zu wollen, sind die politischen Reibungsflächen beträchtlich. Konfliktpotenzial birgt zum einen die Hingezogenheit einiger Führungsleute zu Russland und zum russischen Präsidenten. Dies könnte Risse in die (ziemlich) geschlossene Front der EU gegenüber Russland bringen. Zum anderen beißen sich die finanzpolitischen Vorhaben des Rechtsbündnisses (darunter deutliche Steuersenkungen, Pläne für Frührenten und Amnestien für Steuersünder) mit den Regeln der Europäischen Union. Denn bei einer Verschuldungsquote von rund 151% (Ende 2021) sind die Haushaltsspielräume sehr gering. Es bleibt offen, wie lange sich die EZB schützend vor Italien stellen und den Anstieg der Anleiherenditen im Zaum halten würde – zumindest formell hat die EZB ihre Unterstützung an die Einhaltung der Haushaltsregeln geknüpft.  

In der Summe gilt:

Die Aktienmärkte bleiben anfällig für Rückschläge. Für eine Aufstockung der Aktienpositionen ist es nach unserer Überzeugung zu früh. Das bedeutet jedoch nicht, dass man den Kopf in den Sand stecken sollte. Denn für langfristig orientierte Aktieninvestoren bieten sich in jeder Marktsituation attraktive Möglichkeiten. Wir halten deshalb an einer neutralen Aktienquote fest. Unsere kritische Marktsicht spiegelt sich vor allem in der Selektion der Aktien, bei der wir den Schwerpunkt auf defensive Qualitätswerte legen. Wir sind zuversichtlich, mit dieser Auswahl die Risiken in Grenzen halten zu können und von künftigen Kurserholungen angemessen profitieren zu können.


Rechtliche Hinweise:

Vergangene Wertentwicklungen, Simulationen oder Prognosen sind kein zuverlässiger Indikator für die Zukunft. Die Rendite kann infolge von Währungsschwankungen steigen oder fallen. Etwaige Meinungsäußerungen geben die aktuelle Einschätzung des Investment Office der ODDO BHF AG wieder, die sich insbesondere von der Hausmeinung innerhalb der ODDO BHF Gruppe unterscheiden und ohne vorherige Ankündigung ändern kann.

 

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