26.11.2020
Herr Lesniewicz, wie nachhaltig verändert COVID-19 unsere Zukunft?
COVID-19 ist mit Blick auf Zukunftsthemen ein echter Beschleuniger, viele Megatrends der vergangenen Jahre haben Fahrt aufgenommen. Unsere Lebens- und Arbeitsweise wandeln sich noch schneller als vor Corona. Jared Spataro, Corporate Vice President Microsoft, hat es sehr treffend zusammengefasst: Aufgrund von COVID-19 sehen wir „zwei Jahre der digitalen Transformation in zwei Monaten“*. Und das, obwohl die Geschwindigkeit des Wandels bereits vor Corona die bis dato größte Dynamik in der Geschichte der Menschheit erreicht hatte. Immer schnellerer Fortschritt in fast allen Bereichen unseres Lebens, Konsumierens und Arbeitens und damit sich immer schneller ändernde Geschäftsmodelle.
COVID-19 beschleunigt die Digitalisierung und Automatisierung von Leben und Wirtschaft. Die digitale Transformation schreitet schnell voran: Wir sehen eine Zunahme von Remote Working, Connectivity, Public Cloud Adoption, Digital Workplace. Das betrifft zahlreiche Bereiche wie zum Beispiel Video-Conferencing, Team Messaging & Collaboration, Endpoint Security, Human Capital Management und Customer Relationship Management. Die Zukunft findet also in großer Breite und Tiefe statt.
Insgesamt würde ich sagen, dass wir vor allem eine Beschleunigung, aber nicht unbedingt eine große Veränderung der Zukunft sehen. Die Zukunft ist allerdings nun endgültig da – wir müssen uns entsprechend anpassen.
Wie kann man diese Veränderung nutzen? Können Sie ein Beispiel geben?
COVID-19 wirbelt die Wirtschaft und Märkte durcheinander – eine echte Chance für kampferfahrene, krisenresistente, die Ruhe bewahrende Unternehmer und Investoren.
Im CONREN – Generations Family Business Equity investieren wir zum einen in Unternehmen, die diese Entwicklung nutzen, um ihre Effizienz zu steigern, ihren Kunden besser zu dienen und ihre Mitarbeiter stärker zu binden. Also in Unternehmen mit einer Unternehmenskultur, die den Wandel als Chance sieht und nutzt. Zum anderen investieren wir in Unternehmen, die erfolgreich Lösungsansätze in diesen Themenbereichen anbieten.
Ein gutes Beispiel ist der Bereich Halbleiter und Sensorik. Diese werden immer flächendeckender eingesetzt, weil sie Voraussetzung für die weitere Automatisierung und Intelligente Systeme sind. Sensoren sind die „Sinne“ der Automatisierung, bis hin zur Künstlichen Intelligenz. Sie verschaffen die relevanten Daten. Halbleiter sind ihr Gehirn. Sie bieten die Rechenleistung, um die Menge an Daten zu verarbeiten. Sie werden nicht nur immer leistungsfähiger, sondern auch immer spezialisierter. Daher sind globale Hidden Champions in den Bereichen Sensorik und Halbleiter eines der Investitionsfelder des CONREN – Generations Family Business Equity. Es sind Unternehmen, die wenige kennen und die über Jahre und Jahrzehnte hohe Schutzwälle gegen Wettbewerber mit Know-how, Patenten und Netzwerken aufgebaut haben. Die weite Streuung der Anwendungen und Kunden sowie die Marktführerschaft in der Nische machen ein Portfolio aus diesen Unternehmen sehr krisenresistent. In der aktuellen Situation profitieren sie überproportional vom Wachstum in Asien.
Was bedeutet die beschleunigte Zukunft für Investoren?
Wir können endgültig nicht mehr einfach auf Altbewährtes setzen, sondern müssen uns ein klares Bild von der Zukunft machen. Gleichzeitig müssen wir weiter in die Zukunft schauen als bisher, da ein Großteil der Datenpunkte, wie zum Beispiel aktuelles Wirtschaftswachstum oder aktuelle Arbeitslosenzahlen, ihre Aussagekraft verloren haben. Viele Geschäftsmodelle, die bisher als sichere Cashflow-Lieferanten galten, werden nicht bestehen können. Strategien, die in der Vergangenheit erfolgreich waren, müssen in der Zukunft nicht zwingend funktionieren und bergen deshalb mitunter hohe Risiken.
Dazu kommen zwei weitere Brüche: Die zweite – und vielleicht eine dritte – COVID-19-Welle verstärkt die Auslese extrem. Viele Sektoren, Geschäftsmodelle und Unternehmen werden nicht überleben, andere bekommen noch mehr Rückenwind. Innerhalb von Sektoren werden die Starken die Krise nutzen und nach der Krise noch mehr dominieren. Mit dem New Normal 2.0 und Managed Market werden wir eine noch intensivere Jagd nach Rendite von noch größeren Liquiditätsströmen sehen. Das ändert das Umfeld für uns Investoren erheblich.
Wir müssen also unsere Denkprozesse und -strukturen an diese neue Wirklichkeit anpassen und dürfen nicht einfach auf altbewährte Zusammenhänge und Korrelationen setzen.
Die gute Nachricht für langfristig ausgerichtete Unternehmen und Investoren ist, dass diese Krise – so hart und tragisch sie auch sein mag – eine große Chance ist. Wir bewerten die Aussichten für ausgewählte Aktien auf die kommenden drei bis sechs Jahre sehr positiv. Natürlich wird es aber Auf und Abs geben, die es zu überstehen gilt. Und auch das ist sehr wichtig: Investitionen und Prozesse auswählen, mit denen man auch Börsenstürme durchstehen kann. Nichts zerstört Rendite mehr als Angst und Hektik in einer Börsenkrise.
Wie gehen Sie genau vor?
Wir haben es in diesem Jahr dank der hervorragenden Marktstellungen und Leistungen unser Familienunternehmen im Portfolio geschafft, im Börsencrash Verluste zu begrenzen und im darauffolgenden Aufschwung Gewinne aufzubauen. Unser regelbasierter Anlageprozess hat uns geholfen, in diesen Zeiten des Wandels vieles richtig zu machen. Er hilft uns, diszipliniert zu bleiben und uns auf das Wesentliche für den Anlageerfolg zu konzentrieren sowie klassische Fehler in einer solchen Situation zu vermeiden.
Es ist sehr wichtig, dass wir nicht übermütig werden. Denn nichts ist schwerer vorhersagbar als die Zukunft. Es ist fast unmöglich, zukünftige Trends exakt zu prognostizieren und, darauf basierend, das eine Unternehmen herauszufinden, das sich durchsetzen wird, das den entsprechenden Standard setzen wird. Die gute Nachricht ist: Das müssen wir auch nicht, um als Investoren erfolgreich zu sein. Im Gegenteil: Das sollten wir nicht versuchen. Das kann recht gefährlich sein.
Um Sektoren und Themen abzuleiten, die zu den Gewinnern in den kommenden fünf bis zehn Jahren zählen werden, müssen wir aber heute einige der bestehenden Megatrends identifizieren, die sich in den nächsten Jahren weiterentwickeln werden. In diesen Bereichen müssen wir Unternehmen finden, die von diesem erheblichen Rückenwind profitieren werden. Hier müssen es nicht unbedingt die Gewinner sein, die Quasi-Monopole schaffen und die jeder kennt und über die jeder spricht. Lieber sind mir Unternehmen, die unabhängig davon gewinnen, und auch unabhängig davon, ob unsere Trendprognose genau oder nur ungefähr eingetroffen ist.
Es geht mir also nicht unbedingt darum, die ganz großen Gewinner herauszufiltern. Also zum Beispiel zehn Investments zu tätigen, von denen dann nur wenige voll aufgehen. Es geht mir in diesem Zusammenhang vor allem darum, die ganz großen Verlierer zu meiden – und im gleichen Zug ein paar der großen Gewinner ins Netz zu bekommen. Das ist viel sicherer und bietet mindestens die gleichen Renditechancen. Wir wollen ja keine Wetten eingehen, sondern über Jahre in kleinen Schritten die Vorteile von Familienunternehmen und unserem Anlageansatz nutzen – also eher Schildkröte als Hase sein.
Wie kann man auf die Zukunft setzen, ohne die US- und chinesischen Tech-Riesen hoch gewichtet im Portfolio zu haben?
Die verblüffend einfache Antwort ist: Mit ausgewählten europäischen Familienunternehmen. Ich traue mir zum Beispiel nicht zu vorauszusagen, wer von den dutzenden Unternehmen, die Milliarden in die Entwicklung autonom fahrender Autos investieren, sich am Ende durchsetzen wird. Ich kann auch nicht sagen, welches elektrische Auto den Verbrennungsmotor endgültig verdrängen wird. Ist es Tesla? Oder wird VW oder Mercedes doch aufholen? Aber ich kenne ein paar Zulieferer von Sensoren, Lenksystemen oder Microchips, die von diesem Trend stark profitieren werden, egal, wer am Ende das Rennen macht. Dabei ist es auch egal, ob diese Autos in Europa, den USA oder China gebaut oder gefahren werden.
Viele der aktuell hochgehandelten Geschäftsmodelle der Zukunft sind darauf ausgerichtet, dass es nur einen oder sehr wenige Gewinner geben kann. Dazu kommt mehr und mehr Gegenwind für viele dieser Geschäftsmodelle: Es ist schon erstaunlich, was vielerorts mit unseren Daten geschieht, und die Gesetze dazu werden sich ändern. Die Mühlen mahlen hier langsam, aber sie mahlen. Wir sehen global eine Vielzahl von Anklagen und Anhörungen, nicht nur aufgrund von Datenschutz, sondern auch wegen Steuerthemen, der Aushebelung von Arbeitnehmerrechten, dem Fehlen von Lizenzen oder der Ausnutzung von zentralen Marktstellung. Dazu kommen der US-chinesische Handelskrieg und eine Vielzahl neuer Ideen und Unternehmen. Es ist also keinesfalls sicher, ob die aktuellen Bewertungsniveaus hier gerechtfertigt sind, auch wenn viele dieser Unternehmen aktuell vor Kraft strotzen. Fragen Sie mal jemanden unter 30, wer oder was Yahoo, Nokia oder AOL ist.
An den Aktienmärkten kommt eine Blasenbildung in einigen Bereichen hinzu, teilweise getrieben durch TINA (heißt: Es gibt aufgrund der niedrigen Zinsen keine Alternative), durch blindes ETF-Investieren, Robin-Hood-Investoren (also Privatinvestoren, die online oft über mobile Apps handeln), Algo-Trader (die oft Trends automatisch erkennen und verstärken) oder vereinheitlichte, meist volatilitätsgetriebene Risikomodelle.
Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, ich denke, dass viele dieser Unternehmen fantastische Unternehmungen und Investments sind. Hut ab vor dem, was hier unternehmerisch geschaffen wurde. Aber eine Diversifizierung wäre mehr als angebracht. Das ist nicht einfach, aber europäische Familienunternehmen bieten genau diese Möglichkeit. Die vergangenen Monate haben gezeigt, wie man mit diesen Familienunternehmen auch ohne die großen US-Tech-Riesen auf Zukunftsthemen setzen und sehr gute Renditen im Post-COVID-Aufschwung erzielen kann – mit erheblich weniger Klumpenrisiken.
Kann man das auch auf ganz Europa übertragen?
Die gleiche Denke gilt, nach meinem Dafürhalten, für ganz Europa. Wir können und sollten erst gar nicht versuchen, direkt mit den USA oder China in diesem Bereich zu konkurrieren. Die USA hat einen riesigen Binnenmarkt, ein Silicon Valley, eine noch die dagewesene Venture-Capital-Struktur. In China verschwimmen die Grenzen zwischen Staat und Unternehmen, damit ist der Zugriff auf Daten unbegrenzt. Dazu kommt eine extrem tech-affine Bevölkerung (lesen Sie mehr dazu in unserem CONREN-Blog „China trumpft auf, Europa schaut zu – ein Reisebericht von Patrick Picenoni“). Europa bleibt im Vergleich ein fragmentierter Markt, was Sprache, Kultur, Gesetze und Regulierung angeht. Der Kapitalmarkt für neue Konzepte ist klein und die Menschen sind, im Vergleich betrachtet, nicht besonders innovationsfreudig. Wir können und wollen die USA sowie China also nicht mit ihren eigenen Waffen schlagen, sondern mit unseren eigenen: Wir haben mittelständische Strukturen, Tüftlergeist, Datenschutz, extrem gut ausgebildete Menschen, langfristig ausgerichtete Unternehmerinnen und Unternehmer und damit eine Vielzahl globaler Champions. Es gibt einen Grund dafür, dass Deutschland unter den Top Exportnationen ist. Das sollten wir mehr nutzen bzw. den Unternehmerinnen und Unternehmern und ihren Mitarbeitern mit entsprechend geänderten Rahmenbedingungen die Chance geben, sich international durchzusetzen.
Aktuell sehen viele Markteilnehmer allerdings schlechte Aussichten für Wirtschaft und Aktien in Europa.
Das stimmt. Unser daraus resultierender Vorteil: Das sehr niedrige Bewertungsniveau von europäischen Aktien, wenn man diese mit dem Rest der Welt vergleicht. Auch von einem Post-COVID-19-Aufschwung werden viele europäische Export-Unternehmen überproportional profitieren. Wir dürfen nicht vergessen, dass Unternehmen in vielen Industrien global denken und handeln. Der Kleinstbetrieb aus der europäischen Provinz beliefert den chinesischen Großkonzern, dessen Kunden vor allem in den USA sitzen. In vielen Branchen wird es also immer unwichtiger, wo der Stammsitz ist. Ausgewählte europäische Familienunternehmen geben uns daher eine sehr gute Möglichkeit, in die Zukunft – wo auch immer sie zuerst stattfindet – zu investieren, Seite an Seite mit Familienunternehmern und Familienunternehmerinnen.
Aber auch hier dürfen wir nicht übermütig werden. Denn die Krise ist noch nicht vorbei. Wir brauchen auch weiterhin Unternehmen, die längere Krisen überstehen können. Die also zusätzlich zu zukunftsfähigen, robusten Geschäftsmodellen auch starke Bilanzen, genug Liquidität und Cashflow, ein gutes Krisenmanagement sowie generell eine exzellente Führung ausweisen.
Europäische Familienunternehmer verfügen über genau diese Kombination, die sie krisenfest macht. Sie gehören zu den Wenigen, die in beiden möglichen Szenarien langfristig zu den Gewinnern zählen werden: Wenn sich die COVID-19-Krise weiter verschärft bzw. in einer Post-COVID-19-Welt.
Die nächsten Monate können aufgrund steigender Corona-Zahlen wieder etwas volatiler werden. Je länger die Krise andauert, desto mehr wird sich die Spreu von Weizen trennen. Was einzelne Sektoren, aber auch einzelne Unternehmen angeht.
Was raten Sie Privatinvestoren angesichts COVID-19?
Diese Krise wird uns lange niedrige Zinsen bescheren und die Aktie damit noch wichtiger machen. Die einfache Wahrheit ist: Es gibt wenige Alternativen für den langfristigen Vermögensaufbau.
Für deutsche Investoren ist es nun wichtig, diese Chance zu nutzen und dabei alte Fehler zu vermeiden – man denke an die T-Aktie oder Dot-com-Blase. Heißt zum Beispiel: „sich langfristig ausrichten, statt kurzfristig Hektik mit Übermut“ oder“ diversifizieren statt zocken“. Und sie müssen für die Nach-Covid-19-Welt sowie auch auf weitere Krisen vorbereitet sein.
Warum glauben Sie, dass gerade jetzt ein guter Zeitpunkt ist, um in europäische Familienunternehmen zu investieren?
Ausgewählte europäische Familienunternehmer gehören zu den wenigen Investments, die in fast allen Zukunftsszenarien langfristig zu den Gewinnern zählen werden. Wenn sich die COVID-19-Krise weiter verschärft sowie in einer Post-COVID-19-Welt. Sie sind inhabergeführt statt managergetrieben. Sie stellen die Unternehmen für zukünftige Generationen auf – das macht sie krisenfest, das macht sie erfolgreich, das macht sie „enkelsicher“.
Wir wissen aus unseren umfangreichen Studien, dass ausgewählte Familienunternehmen gerade in den Jahren nach Krisen überproportional gewinnen. So sind sie etwa aus der Finanzkrise 2008/2009 stärker hervorgegangen und es spricht vieles dafür, dass es dieses Mal ebenso sein wird.
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