Dr. Christoph Bruns, Fondsmanager, Teilhaber und Vorstand der Aktienfondsboutique LOYS AG, ist bekannt für seine klaren Worte. Was hält er vom Tech-Hype und wie schaut er auf das Wirecard-Debakel? Auf diese und weitere Fragen fand er im finanzwelt-Interview aufschlussreiche Antworten.
finanzwelt: Der Blick auf die aktuellen Indexstände lässt manche ungläubig zurück. Nach dem Abverkauf und regelrechten Gemetzel im Zuge des Corona-Ausbruchs klettern die Börsenbarometer nunmehr stetig an. Ist das bereits zu viel des Guten?
Dr. Christoph Bruns: Auf den ersten Blick mutet die aktuelle Börsenlage absurd an. Es scheint so, als ob die Börsen die Virus-Pandemie mitunter hinter sich gelassen hätten, während die Auswirkungen auf die Wirtschaft verheerend und keineswegs vorüber sind. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich jedoch, dass die großen Aktienindizes kein guter Indikator für die gesamte Börsenlandschaft sind. Angesichts der hohen Gewichtung sogenannter Technologieaktien in den Indizes, beeinflusst eine überschaubare Anzahl von Aktien mit jeweils riesiger Marktkapitalisierung die Indexentwicklung überproportional. Man kann sich dieses Phänomen verdeutlichen, indem man etwa bedenkt, dass Apple mittlerweile an der Börse mehr Wert ist als alle Aktien des DAX und des M-DAX zusammen. Tatsächlich befinden sich die Kurse der meisten Aktien seit Jahresanfang im Minus und vor allem Tourismus, Fahrzeugbau, Einzelhandel, Maschinenbau, Chemie und Fluglinien weisen erhebliche Verluste auf.
finanzwelt: Insbesondere Tech-Aktien konnten ihren Aufwärtstrend fortsetzen und sind gut gelaufen. Bereitet Ihnen diese Rallye Sorgen? Gibt es noch Tech-Werte mit Potenzial?
Dr. Bruns: In der Tat befinden sich sogenannte Technologieaktien seit Jahren auf einer Erfolgswelle und für diese Titel liegt der Kurseinbruch aus dem März bzw. April bereits lange zurück. Man kann hier durchaus von einer sich selbst verstärkenden Entwicklung sprechen, denn die Beliebtheit von Indexfonds und hohe Aktienrückkäufe bei vielen dieser Titel sorgen für eine ungebremste Nachfrage. Derweil haben die Marktteilnehmer aufgehört, historische Bewertungsmaßstäbe anzulegen, denn das positive Momentum dieser Titel überzeugt die meisten Anleger. Allerdings ist dies nicht die erste Börsenrally überbeliebter Zauberaktien. Die Namen IBM, Nokia, Vodafone und viele andere haben das auch schon erlebt...