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Interview

Dr. Frank Engels (Union Investment): „Kurzfristig turbulent, mittelfristig aussichtsreich“

© Union Investment

02.04 2020 - Seit Anfang März haben die Kapitalmärkte aus Sorge vor einer Corona-Rezession in Breite, Schnelligkeit und Ausmaß stark korrigiert. Dr. Frank Engels, Leiter des Portfoliomanagements bei Union Investment, ordnet die Lage ein und gibt einen Ausblick. 

Herr Dr. Engels, die Börsen waren in den vergangenen Wochen stark unter Druck. Haben Sie so etwas in der Form schon einmal erlebt?

Nein, und ich bin schon seit fast zwei Jahrzehnten am Kapitalmarkt tätig und habe in dieser Zeit einiges erlebt. Natürlich kommt einem als Erstes die Finanzkrise von 2008 in den Sinn, und man vergleicht die heutige Situation mit damals. Und doch ist vieles anders.

Was zum Beispiel?

Zum einen ist der Abverkauf schneller und heftiger als in 2008 beziehungsweise 2009. Zum anderen ist die Bewegungsfreiheit von Investoren im Portfoliokontext aus regulatorischen Gründen massiv gesunken. Dadurch wird es für uns Anleger nicht gerade leichter. Der größte Unterschied betrifft aber die Art der Krise.

Was meinen Sie damit?

Im Nachgang der Lehman-Pleite ging es darum, den Kollaps der Finanzwirtschaft zu verhindern. Die Lockerung der Geldpolitik war daher das richtige Mittel. Alles in allem war man damit recht schnell erfolgreich, auch wenn die Krise natürlich trotzdem tief und schmerzhaft war.

Und heute?

Heute haben wir einen dreifachen Schock: Das Virus bewirkt einen Angebots- und Nachfrageschock zugleich, weil viele Firmen wegen unterbrochener Lieferketten nicht mehr produzieren und viele Konsumenten aufgrund der Einschränkungen im öffentlichen Leben und der von den Behörden angeordneten Geschäftsschließungen nicht mehr konsumieren können. Zudem sind wir alle in Sorge um die Gesundheit unserer Freunde und Familien und nicht zuletzt auch um uns selbst. Das alles führt insgesamt dazu, dass dieses Mal nicht der Finanzwirtschaft, sondern der Realwirtschaft der Stillstand droht. Das kann man nur schwer geldpolitisch bekämpfen.

Sehen Sie denn Gefahren für das Finanzsystem?

Die Banken sind heute viel stabiler als damals, das ist ein großes Plus. Außerdem hat die Krise ihren Ursprung dieses Mal in einem medizinischen Notstand, nicht im Finanzsektor. Das ist ein großer Unterschied. Daher erwarte ich keine systemische Finanzkrise, wie wir sie im Jahr 2008 erlebt haben. Das bedeutet aber nicht, dass die Lage ungefährlich wäre. Ein Übergreifen von der Real- auf die Finanzwirtschaft muss unbedingt verhindert werden.

Wie könnte das Finanzsystem denn infiziert werden?

Über notleidende Kredite. Denken Sie an die vielen Firmen, die aktuell unverschuldet in Schieflage geraten, zum Beispiel unter den Fluglinien oder im Tourismus. Wenn ein Teil dieser Unternehmen seine Kredite nicht mehr bedienen kann, springt das Problem auf die Banken über.

Was muss getan werden?

Die Unternehmen brauchen nicht nur Liquiditätshilfen, sondern auch direkte Hilfen von der öffentlichen Hand. Das beginnt beim Kurzarbeitergeld und geht über Steuerstundungen bis hin zu Beteiligungslösungen im Notfall. Auch innovative Tilgungshilfen oder die teilweise Kreditübernahme durch staatliche Stellen, zum Beispiel über die nationale Förderbank KfW, können eine wichtige Unterstützung bei der Überwindung der Krise sein.

Fiskalpolitisch wurden bereits einige Schritte unternommen. Wie schätzen Sie die Maßnahmen ein?

In Summe sehr positiv. Manches hätte vielleicht noch schneller kommen können, und an der einen oder anderen Stelle hakt es sicherlich noch ein wenig. Aber die Richtung stimmt.

Auch die Zentralbanken haben ihre Politik weiter gelockert. Ein richtiger Schritt?

Unbedingt. Sowohl die US-Notenbank Fed als auch die Europäische Zentralbank haben ihre Entschlossenheit bislang unter Beweis gestellt. Die geldpolitische Transmission der extrem niedrigen Zinsen und hohen Zentralbankliquidität in den breiten Wirtschaftskreislauf muss auf jeden Fall sichergestellt werden. Dazu dienen die Maßnahmen der Fed und EZB sowie vieler anderer Zentralbanken rund um den Globus. Das wird der Weltwirtschaft helfen, nach einem tiefen Wachstumseinbruch wieder relativ rasch in Schwung zu kommen.

Werden diese Hilfen ausreichen, um die Volkswirtschaften zu stabilisieren?

Kurzfristig nicht. Solange das wirtschaftliche Leben ruht, helfen auch Geld- und Fiskalpolitik wenig. Deshalb sprechen wir jetzt auch von einem tiefen und schmerzhaften wirtschaftlichen Einbruch im zweiten und vermutlich auch im dritten Quartal des laufenden Jahres. Die Hilfen verhindern aber, dass die Volkswirtschaften strukturell beschädigt werden, etwa durch unnötige Firmeninsolvenzen. Außerdem können sie die Grundlage für einen möglichst schnellen, kräftigen Aufschwung stellen. Aber die Grundlage für alles ist eine Beruhigung bei den Infektionszahlen.

Wie schätzen Sie also die Konjunkturaussichten für die Eurozone ein?

Die Lahmlegung des öffentlichen Lebens sollte die Pandemie zwar eindämmen, aber auch das Wirtschaftswachstum temporär stark belasten. Eine Rezession wird sich daher nicht mehr vermeiden lassen. Für eine Verbesserung des Konjunkturbildes muss zunächst eine Beruhigung bei der Ausbreitung der Pandemie sichtbar werden oder rasch wirksame Medikamente beziehungsweise ein Impfstoff gefunden werden. Erst dann kann die Wirtschaft wieder nachhaltig an Schwung gewinnen.

Was bedeutet das für das Wachstum?

Unsere Volkswirte haben ihre Prognosen deutlich nach unten genommen. Demnach ist beim Bruttoinlandsprodukt der Europäischen Währungsunion ein Rückgang von 4,6 Prozent im Jahr 2020 zu erwarten. Besonders betroffen dürfte Italien sein, aber auch in Spanien, Frankreich und Deutschland gehen wir von einer Rezession aus. Im Jahr 2021 rechnen wir wieder mit positiven Wachstumsraten.

Sieht es in den USA besser aus?

Ein wenig. Auch dort dürfte die Wirtschaft im zweiten Quartal deutlich nachgeben. Die USA sind im Gegensatz zur EWU stärker von einem Einbruch des Konsums betroffen, während Europa eine größere Abhängigkeit gegenüber der Weltwirtschaft aufweist. Gleichzeitig war das Wachstum in den USA bis zuletzt sehr robust. In der Gesamtschau rechnen wir für 2020 mit einem BIP-Rückgang von 4,2 Prozent. Auch in den USA gehen wir aber von einer Rückkehr auf den Wachstumspfad im Jahr 2021 aus.

Was bedeutet das kurzfristig für die Kapitalmärkte?

Kurzfristig dürfte die Entwicklung turbulent bleiben. So lange das Wachstum der Infektionszahlen nicht zurückgeht, ist eine nachhaltige Aufwärtsbewegung bei Risikoanlagen wie Aktien oder Unternehmensanleihen unwahrscheinlich. Und das Gegenteil dürfte der Fall sein, wenn die neuen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie nicht rasch erste Erfolge bringen.

Und wie sieht die Börsenwelt nach dem Coronavirus aus?

Genau kann das heute noch niemand sagen. Aber wir glauben, dass die Perspektiven mittel- bis langfristig weiter aussichtsreich sind. Das Virus ist wie gesagt ein Schock auf Angebots- und Nachfrageseite gleichermaßen. Aber marktwirtschaftliche Systeme sind sehr gut darin, sich schnell an solche Veränderungen anzupassen. Dafür müssen sie funktionsfähig bleiben, daher sind die aktuellen Hilfen der Fiskal- und Geldpolitik so wichtig. Gelingt das, setzen Anpassungs- und Nachholeffekte ein, und wir dürften wieder auf den Wachstumspfad einschwenken. Dann würden die bislang geltenden Anlagetrends – wie das Niedrigzinsumfeld – weiter Bestand haben.

Was raten Sie Anlegern in dieser Situation?

Keine Schnellschüsse, bitte! Trotz der aktuellen Marktlage sollte man keine unüberlegten oder hektischen Anpassungen an langfristigen Anlagestrategien vornehmen. Denn die letzten Tage an der Börse waren geprägt von einer sehr hohen Schwankungsbreite mit starken Kursausschlägen nach unten und oben. Mittel- bis langfristig bieten sich uns Investoren interessante Chancen, aber zuerst muss es glaubhafte Anzeichen dafür geben, dass wir die Virusepidemie zunehmend in den Griff bekommen. Wenn sich die Anzeichen dafür mehren, dann bieten sich hervorragende Einstiegschancen – und die gilt es rechtzeitig zu nutzen.

 

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