Die Lieferkette in China und anderen asiatischen Ländern wird am stärksten betroffen sein, aber auch die US-Wirtschaftsaktivität wird darunter leiden. Daher haben wir unsere US-Wachstumsprognose von 2,6 % auf 2,1 % für 2019 und von 1,5 % auf 1,3 % für 2020 gesenkt.
Was hat der US-Präsident vor?
Aus dieser Perspektive stellt sich die Frage, warum Präsident Trump die Konfrontation mit China gesucht hat, anstatt sich um eine Zusammenarbeit zu bemühen. Hat er einen Plan? Ursprünglich waren wir der Annahme, dass es aufgrund des bevorstehenden Wahljahres vernünftiger wäre, ein Abkommen zu treffen und anschließend von niedrigeren Zöllen und einem Wachstumsaufschwung zu profitieren.
Die künftige Strategie des Präsidenten ist schwer vorherzusagen. Möglicherweise erwartet er, dass China einfach klein beigibt, oder er glaubt wirklich, dass die Zölle den US-Beschäftigten zugutekommen werden, um deren Arbeitsplätze vor „unfairem” Wettbewerb zu schützen.
Wie werden die Zinsen reagieren?
Die Gefahr besteht, dass sich die Wirtschaftsaktivität erheblich abschwächt und die Preise steigen, weil die Privathaushalte aufgrund der Einfuhrzölle mit höheren Preisen für beispielsweise Elektronik konfrontiert werden.
Einem höheren Preisniveau begegnet man normalerweise mit höheren Zinsen, doch von der US-Notenbank Fed erwarten wir im Dezember eine weitere Zinssenkung, um auf das schwächere Wachstumsumfeld zu reagieren.
Auch andernorts rechnen wir mit niedrigeren Zinsen. Zurzeit gehen wir davon aus, dass die Europäische Zentralbank EZB ebenfalls senken wird. Bei der japanischen Notenbank dürfte dies im Dezember 2019 der Fall sein. Von der Bank of England erwarten wir frühestens Ende 2020 eine Zinserhöhung, und das auch nur in der fraglichen Annahme, dass das Vereinigte Königreich ein Brexit-Abkommen mit einer Übergangsphase erzielt. In China werden die Staatsausgaben dieses Jahr voraussichtlich steigen, und nächstes Jahr erwarten wir weitere Zinssenkungen.
Unsere Szenarien signalisieren eine Verlangsamung
Die obigen Angaben entsprechen unserer Basisprognose. Darüber hinaus haben wir unsere möglichen Szenarien in diesem Quartal aktualisiert. Diese sind:
- „Globale Rezession”, also die synchrone Verlangsamung der globalen Aktivität.
- „US-chinesisches Handelsabkommen” mit niedrigeren Zöllen für beide Länder, sodass sich das Wachstums- und Inflationsumfeld verbessert.
- „Globaler Handelskrieg”, in dem die USA die Zölle noch weiter anheben (auf 50 %) und Abgaben auf europäische und japanische Automobilimporte verhängen.
- „USD-Intervention”, wobei die USA durch Dollarverkäufe ihre Währung abwerten, was schließlich ein besseres US-Wachstum und ein besseres globales Wachstum bewirkt.
- „Preisschock bei Nahrungsmitteln” mit einem drastischen Anstieg der Nahrungsmittelpreise durch Missernten und Versorgungsengpässe, was unmittelbar zur Verteuerung der Verbraucherpreise führt.
- „Globale Fiskalanreize”, wobei die Regierungen weltweit die Steuern senken und die Ausgaben erhöhen.
- „Italienische Schuldenkrise”, falls die Regierung in Rom einen Haushalt verabschiedet, der gegen die EU-Regeln verstößt.
Szenarien: globale Wachstums- und Inflationsraten im Vergleich zum Basisszenario
Quelle: Volkswirtschaftliches Team von Schroders, 15. August 2019. „Reflationär” bezieht sich auf einen Anstieg der Wachstums- und Inflationsraten, während „deflationär” einem Rückgang entspricht. Eine Stagflation ist von höheren Preisen, aber weniger Wachstum gekennzeichnet.
Wir halten die „Globale Rezession” für das wahrscheinlichste Risiko, gefolgt von „Globaler Handelskrieg”. Insgesamt überwiegt aus unserer Sicht die Wahrscheinlichkeit eines schwächeren Wachstums als in unserer Basisprognose. Dabei sind stagflationäre Szenarien (also eine steigende Inflation bei sinkendem Wachstum) am wahrscheinlichsten.
Das wacklige Fahrrad im Gleichgewicht halten
Bei unserer letzten Prognose verglichen wir die Weltwirtschaft mit einem „wackligen Fahrrad”: fragil und bei der kleinsten Unebenheit zu kippen. Dies spiegelt sich in unserer aktuellen Prognose wider, wobei das zusätzliche Problem eines langwierigen Handelskriegs der Grund für die geringeren Wachstumserwartungen ist.
Wir berücksichtigen durchaus den Effekt einer potenziellen Anpassung der Geld- und Fiskalpolitik (staatliche Steuern und Ausgaben). Beides wird ein Gegengewicht zu der schwächeren Aktivität bilden, wenn die Zinsen fallen und die Regierungen für niedrigere Steuern und höhere Ausgaben sorgen.
Allerdings erwarten wir eine ungewöhnlich lange Verzögerung zwischen der geldpolitischen Lockerung (durch Zinssenkungen) und einer stärkeren wirtschaftlichen Aktivität. Darin spiegelt sich die zurückhaltende Kreditaufnahme nach der letzten globalen Rezession wider; in erster Linie liegt es jedoch daran, dass die Geldpolitik der Belastung durch die wirtschaftliche und politische Ungewissheit weltweit kaum etwas entgegenzusetzen hat.
Die hierin geäußerten Ansichten und Meinungen stammen von Keith Wade, Chefökonom und Stratege, und stellen nicht notwendigerweise die in anderen Mitteilungen, Strategien oder Fonds von Schroders oder anderen Marktteilnehmern ausgedrückten oder aufgeführten Ansichten dar.