Anzeichen einer weiteren Eskalation im Handelskonflikt zwischen den USA und China, zusätzliche geopolitische Risiken (Argentinien und Hong Kong) sowie schwache Konjunkturdaten aus China drückten zu Beginn der Kalenderwoche auf das Anlegerverhalten, lasteten auf risikobehafteten Vermögenswerten bzw. Rohstoffen (ex Gold), während Investoren Zuflucht in Staatsanleihen suchten.
In Erwartung einer möglicherweise stärkeren globalen Wachstumsabschwächung dürfte dies zusätzlichen Druck auf die weltweiten Notenbanken bzw. Regierungen ausüben, ihre Geld- und Fiskalpolitik zu lockern. Das wäre vor allem für China zu erwarten, sollten die USA chinesische Importprodukte im Wert von rund 300 Mrd. US-Dollar mit einem neuen Strafzoll von 10% belegen. Zwar ist nach wie vor unklar, ob der spätzyklische Schwenk in Richtung einer expansiveren globalen Geldpolitik ausreicht, um den bestehenden konjunkturellen Gegenwind auszugleichen, die jüngste Eskalation im US-chinesischen Handelskonflikt erhöht aber ohne Zweifel die Verwundbarkeit der globalen Konjunktur. Vor diesem Hintergrund rechnen wir in H2/2019 mit einem Wachstum der Weltwirtschaft leicht unter Potenzial, das allerdings mit stärkeren Abwärtsrisiken. Gründe für Überraschungen gibt es ja genug: der Handelskonflikt zwischen China und den USA, die Brexit-Unsicherheit, eventuelle Neuwahlen in Italien, geopolitische Unsicherheit im Nahen Osten oder länderspezifische Risiken in einigen Schwellenländern.
Im Zuge fallender Inflationserwartungen preisen die Kapitalmärkte mehr und mehr geldpolitische Lockerungsmaßnahmen der weltweiten Notenbanken ein. So scheint die billige Liquidität einmal mehr das Zünglein an der Waage zu sein. Seit Jahresbeginn senkten 20 der insgesamt 37 von der Bank for International Settlement (BIS) erfassten Notenbanken ihre Leitzinsen in Summe 30-mal. Das führt zu folgendem Bild:
- Die Rendite 30-jähriger US-Staatsanleihen fiel auf ein neues Allzeittief, so dass die US-Zinsstrukturkurve so flach wie seit 2007 nicht mehr ist;
- Über 60% des gesamten Staatsanleiheuniversums im Euroraum rentiert unter der Nullmarke bzw. über 40% der EU-Staatsanleihen liegen unter dem Einlagezins von -0,4%;
- Nachdem die Rendite 30-jähriger deutscher Staatsanleihen jüngst ein neues Allzeittief erreichte, weist nun die gesamte Zinsstrukturkurve bis 30 Jahren eine negative Rendite aus.
- Anleihen im Wert von mehr als 15 Billionen US-Dollar weisen negative Renditen aus, das entspricht fast 30% aller ausstehenden Anleihen weltweit und bedeutet einen Anstieg von 4 Billionen US-Dollar seit Anfang des Jahres.
Dem nicht genug: Die Zinsen dürften auf längere Zeit niedrig bleiben. Der Kapitalmarkt preist derzeit eine Zinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB) für Oktober von 14 Basispunkten (bp) ein, während für die US-Notenbank (Fed) bereits etwa 30bp für September eskomptiert sind bzw. fast 100bp bis Juli 2020. Da trifft es sich gut, dass sich in der kommenden Woche u.a. die Notenbanker und Finanzminister auf der jährlichen Konferenz im amerikanischen Jackson Hole treffen. Der Titel des Symposiums könnte nicht besser gewählt sein: "Challenges for Monetary Policy".
Lesen Sie hier „Die Woche Voraus“ vom 16. August 2019 mit dem Kommentar von Stefan Scheurer (Allianz GI): „Geld regiert die Welt“.
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