CHINA REAGIERT AUF US-HANDELSZÖLLE
Vor dem Hintergrund der auferlegten US-Handelszölle gehen wir davon aus, dass die chinesische Fiskal- und Geldpolitik stärker auf Wachstumsförderung ausgerichtet sein wird. Infolgedessen dürfte das BIP im kommenden Jahr um zusätzliche 0,5% steigen. Dennoch glauben wir, dass es sicherlich länger dauern wird, bis die Konjunkturbelebungsmassnahmen der Regierung in Peking greifen, und sie auch nicht ganz so viel Schlagkraft haben werden wie in früheren Lockerungszyklen.
Handelspolitik
Während China seine Zölle auf US-Einfuhrwaren im Wert von 110 Mrd. USD bereits auf bis zu 25% erhöht hat, hat das Land seine Einfuhrzölle, mit denen es chinesische Importeure, Unternehmen und Verbraucher belastet, gesenkt und plant weitere Senkungen. Berücksichtigt man auch die Senkung der Meistbegünstigungszölle (MFN), die am 1. November fällig sind, so hat China seine durchschnittlichen MFN-Zölle von 9,9% auf 7,5% herabgesetzt. Durch niedrigere Zollabgaben auf Einfuhren aus anderen Ländern werden Abgabenpflichtige entlastet, die durch höhere US-Zölle belastet werden.
Geldpolitik
Mit der Senkung seines Mindestreservesatzes um 250 Bp seit April hat China ein deutliches Signal ausgesendet. Die Investitionsausgaben im Bereich Immobilien und Produktion sind im 3. Quartal bereits gestiegen. Wir gehen davon aus, dass der Reservesatz bis März 2019 um weitere 100 Bp gesenkt wird.
Senkung des Mindestreservesatzes als Zeichen für geldpolitische Lockerung
Mindestreservesatz China & VPI-Inflationsrate
Quelle: Pictet Asset Management, CEIC, Datastream, Oktober 2018
Fiskalpolitik
Teil des Instrumentariums ist auch eine proaktivere Fiskalpolitik in der Gestalt einer Steuersenkung von 1,3 Bio. RMB für das Gesamtjahr. Dies entspricht fast 2% des BIP von 2017, davon resultieren etwa 500 Mrd. RMB aus einer Senkung der Einkommensteuer mit Wirkung zum 1. Oktober.
Für 2019 ist mit weiteren Massnahmen zu rechnen, insbesondere mit der steuerlichen Förderung von Infrastrukturinvestitionen sowie der Senkung der Mehrwertsteuer und der Körperschaftsteuer.
EIN STEINIGER WEG: KAPITALABFLÜSSE, INFLATION UND SCHULDENABBAU
China muss bei der Ausweitung seiner fiskal- und geldpolitischen Massnahmen drei grosse Hürden überwinden:
- Zinsdifferenz China-USA (Spread der 10-jährigen Anleihen mit 40 Bp auf 7-Jahres-Tief) und Risiko von Kapitalabflüssen
- VPI-Inflation auf 7-Monats-Hoch
- Schuldenabbau: Inländisches Gesamtfinanzierungsvolumen auf Rekordhoch
China hat die Kapitalkontrollen bereits verschärft, um die erste Hürde zu überwinden. Der Anstieg der Inflation wird von der Politik als temporär betrachtet, zumal das Ziel von 3% noch nicht erreicht ist. Dieses Thema steht daher nicht im Vordergrund. Schuldenabbau dürfte erst wieder betrieben werden, wenn die handelspolitischen Spannungen nachlassen, da kurzfristiges Wachstum momentan oberste Priorität hat.
Kapitalabflüsse sind aufgrund von Kapitalkontrollen weiter niedrig.
China: Nettoportfoliozuflüsse durch gebietsfremde Anleger* (kumulative Zuflüsse YTD) [Abb. links]/Chinesische Nettokapitalströme* (kumulative Ströme YTD) [Abb. rechts]
Abb. links Quelle: Pictet Asset Management, International Institute of Finance (IIF). * Nettokäufe von Aktien und Anleihen durch gebietsfremde Anleger. IIF Portfolio Flows Tracker.
Abb. rechts Quelle: Pictet Asset Management, CEIC, Datastream. * Veränderung der Devisenreserven (ohne Währungsbewertungseffekt), bereinigt um Leistungsbilanztransaktionen und Netto-Direktinvestitionsströme.
Bislang scheinen die Massnahmen Wirkung zu zeigen und die Anleger sind an Bord geblieben. Die chinesischen Kapitalabflüsse sind zwar im September gestiegen, aber aufgrund der Kapitalkontrollen weiterhin überschaubar – gegenüber 2017 haben sie sich sogar halbiert (Abb. rechts). Hinzu kommt, dass sich die ausländischen Zuflüsse im selben Zeitraum verdreifacht haben (Abb. links).
Berücksichtigt man auch die erwartete Aufnahme der chinesischen Finanzmärkte in die breiteren Marktindizes, wird deutlich, dass das Vertrauen der Anleger in China weiterhin hoch ist.
EINSCHÄTZUNG DES EMERGING EQUITY TEAMS
Von Avo Ora, Head of Asia (ex-Japan) Equities
Wie oben bereits geschildert, wird China weitreichende politische Massnahmen ergreifen, um den Auswirkungen der US-Zölle zu begegnen.
Die chinesische Regierung konnte sich aufgrund der ausgleichenden Schwäche des RMB gegenüber dem US-Dollar alle Optionen offen lassen, aber dies wird nicht von Dauer sein.
Die Massnahmen, die am wahrscheinlichsten sind, nämlich geldpolitische Lockerung und fiskalpolitische Anreize, kommen in der Regel festverzinslichen Anlagen zugute. Das ist ein weiteres Argument für unser Engagement in Unternehmen aus dem Baugewerbe – das eine ein Zementhersteller, das andere ein Stahlproduzent. Diese Unternehmen sind nicht nur attraktiv bewertet, sondern sie können jetzt noch mehr freien Cashflow generieren, weil das Angebot aufgrund der von den chinesischen Behörden eingeführten Umweltbeschränkungen knapper wird.
Wir glauben, dass angebotsseitige Reformen weiter vorangetrieben werden, und zusätzliche Anreize dürften sich positiv auf die Bautätigkeit auswirken.
AUSLASTUNG DER STAHLPRODUKTIONSKAPAZITÄTEN NACH EINFÜHRUNG VON BESCHRÄNKUNGEN FÜR UMWELTVERSCHMUTZENDE PRODUZENTEN
Stahlproduktionskapazität, Nachfrage & Auslastung China
Quelle: Goldman Sachs, 15. Oktober 2018