Zunächst einige allgemeine Bemerkungen zur Inflation: Die durchschnittliche Inflation in den Schwellenländern ist auf 2,9% gesunken – einen Stand wie zuletzt in den 1970ern. Für Anleger in Hartwährungsanleihen sehr erfreulich.
ABB. 1 Inflation in Schwellenländern
Quelle: Pictet Asset Management, CEIC, Datastream, Februar 2018. * Basierend auf 30 Verbraucherpreisindizes in Schwellenländern, BIP-gewichtet.
Wie an Abb. 2 unten abzulesen ist, hängt der Inflationsabstand zwischen Industrie- und Schwellenländern eng mit den Renditespreads bei Schwellenländer-Hartwährungsanleihen zusammen. Selbst wenn die Inflation in den Schwellenländern leicht ansteigt, gehen wir davon aus, dass sie nicht so stark anziehen wird wie in den Industrieländern. Das lässt auf eine weitere Verengung der Spreads bei Schwellenländer-Hartwährungsanleihen schliessen.
Abb. 2 - Inflationsabstand
Die berühmte Ausnahme von der Regel ...
Wie bereits erwähnt, gibt es eine Ländergruppe, die sich gegenläufig zu dem allgemeinen Trend entwickelt – die Rede ist von Mittel- und Osteuropa, genauer gesagt von der Tschechischen Republik, Ungarn, Polen und Rumänien. Das liegt hauptsächlich an dem Lohnwachstum, das in allen vier Ländern gestiegen ist.
Abb. 3 - Nominales Lohnwachstum in Mittel- und Osteuropa
Quelle: Pictet Asset Management, CEIC, Datastream, Februar 2018
Auf die vier Länder der Region Mittel- und Osteuropa entfallen ein BIP von mehr als einer Billion Dollar und rund 80 Millionen Menschen. Polen ist der Wachstumsmotor der Region, auf das Land entfallen die Hälfte des BIP und die Hälfte der Bevölkerung. Das reichste Land im Hinblick auf das BIP pro Kopf ist die Tschechische Republik.
Abb. 4 - REGION MITTEL- UND OSTEUROPA IM ÜBERBLICK
Bevölkerung, Abhängigkeitsquoten, Arbeitslosigkeit und Pro-Kopf-BIP
An den Abbildungen unten sind die beiden Hauptfaktoren für das Lohnwachstum in diesen vier Volkswirtschaften abzulesen: Arbeitslosigkeit auf Rekordtief und steigende Mindestlöhne.
Abb. 5a und 5b -
Abb. links - Arbeitslosenquoten in Mittel- und Osteuropa (%) Abb. rechts - Nominale Mindestmonatslöhne in Mittel- und Osteuropa (EUR)
Abhängigkeitsbeziehungen
In der Region Mittel- und Osteuropa könnte sich weiter Lohndruck aufbauen, weil durch alternde Bevölkerungen und steigende Lebenserwartung die Abhängigkeitsquote von Nichterwerbstätigen zu Erwerbstätigen in allen Ländern steigt. Wie aus Abb. 6 hervorgeht, ist dies vor allem in der Tschechischen Republik der Fall.
Abb. 6 - STEIGENDE Abhängigkeitsquoten
Die Abhängigkeitsquote beschreibt den Prozentsatz der Bevölkerung ausserhalb des Erwerbsalters: 0-14 Jahre, 65 Jahre+
Zentralbanken hinken hinter der Entwicklung her
Was bedeutet das für Anleihenanleger? Wenngleich steigendes Lohnwachstum in Mittel- und Osteuropa ein Zeichen für ein robustes Konjunkturumfeld ist, stellt die Möglichkeit, dass die Zentralbanken zu spät reagieren, eine Bedrohung für Lokalwährungsanleihen der Region dar.
Insgesamt lassen sich die Zentralbanken in Mittel- und Osteuropa Zeit, auf die Inflation zu reagieren. Vor allem Polen und Ungarn haben noch nicht mit der Straffung begonnen. Die tschechische Notenbank war die erste, die ihre Leitzinsen nach dem Wegfall des EUR/CZK-Floor (Kursuntergrenze) im April 2017 anhob.
ABB. 7 - DOPPELT GESTRAFT - RUMÄNIEN AM MEISTEN GEFÄHRDET
Leistungsbilanz und Haushaltssaldo Rumänien (% BIP)
Wenngleich die rumänische Notenbank im Februar 2018 mit Zinsanhebungen begonnen hat, halten wir das Land für am meisten gefährdet. Wie Abb. 7 zeigt, ist Rumänien das einzige Land in der Region mit einem zweifachen Defizit – Handels- und Leistungsbilanz –, das weiter wächst. Wir gehen davon aus, dass sich dadurch der Druck auf die VPI-Inflation erhöhen wird, weil die Währung abwerten dürfte. Hinzu kommt der steigende inländische Inflationsdruck. Wir rechnen in dem vor uns liegenden Jahr mit einem straffen Zinsanhebungszyklus.