Dies ist auch unser Basisszenario, allerdings dürfte der Weg zum Ausstieg aus dem QE-Programm steiniger verlaufen als gedacht.
Nach dem Scheitern von »Jamaika« steht Deutschland vor einem politischen Scherbenhaufen. Die Optionen reichen nunmehr von einer Minderheitsregierung bis zum schwierigen Prozedere von Neuwahlen. Auch ein Rücktritt Angela Merkels kann nicht mehr ausgeschlossen werden. Der neue politische Findungsprozess dürfte sich mindestens bis in das Frühjahr 2018 hinziehen. Als Reformmotor der EU fällt Deutschland damit weiterhin aus. Die konjunkturellen Folgen sollten sich dagegen in Grenzen halten. Dafür gibt es gerade in der jüngeren Vergangenheit zahlreiche Beispiele. So florierte 2016 Spaniens Konjunktur, obwohl ein Jahr lang nur eine provisorische Regierung amtierte und ein Dauerwahlkampf stattfand. In den Niederlanden zogen sich die Koalitionsverhandlungen in diesem Jahr über sieben Monate. Dies hinderte die Wirtschaft nicht daran, zur Höchstform aufzulaufen – das Wachstum kletterte im 2. Quartal auf ein 10-Jahres-Hoch (3,8% im Vorjahresvergleich).
Auch in Deutschland lief es in den vergangenen Monaten glänzend. Verglichen mit dem Beginn früherer Legislaturperioden (2013: Eurokrise, 2009: Finanzkrise, 2005: 5 Mio. Arbeitslose, 2002: Aktien-Crash) sind die Ausgangsbedingungen geradezu ideal. Die kommende Regierung startet mit einer rekordniedrigen Arbeitslosigkeit und einem Überschuss im Staatshaushalt. Besonders erfreulich fielen überdies die jüngsten BIP-Zahlen aus. Demnach lag das Wachstum im Vorjahresvergleich im 3. Quartal erstmals seit sechs Jahren wieder bei knapp 3,0%. Mithin befindet sich die Wirtschaft nicht mehr nur in einem gewöhnlichen Aufschwung, sondern in einer Boomphase. Dazu korrespondiert, dass die Unternehmen händeringend Fachkräfte suchen und die Kapazitäten so stark ausgelastet sind wie seit zehn Jahren nicht mehr.
Der jüngste positive Datenstrom – in der gesamten Eurozone – ist auch der EZB nicht verborgen geblieben. Gleich mehrere Falken haben sich in den vergangenen Tagen aus der Deckung gewagt (unter anderem: Yves Mersch, Ardo Hansson, Jens Weidmann, Ewald Nowotny) und mehr oder weniger unverblümt darauf hingewiesen, dass die Anleihenkäufe 2018 auslaufen sollten. Die Aussage Mario Draghis vom Oktober, wonach es zu keinem »plötzlichen Stopp« des QE-Programms kommen wird, relativiert sich damit zusehends. Auch wir gehen in unserem Basisszenario davon aus, dass die Wertpapierkäufe Ende 2018 eingestellt werden.
Bis zum Herbst 2018 liegt allerdings noch eine raue Wegstrecke vor uns. So signalisieren unsere Frühindikatoren für die nächsten Monate eine konjunkturelle Verlangsamung. Gegenwärtig spricht zwar alles dafür, dass es sich dabei nur um eine kleine Delle handelt. Dennoch ist das Risiko einer stärkeren Abschwächung nicht von der Hand zu weisen. Dies könnte z.B. dann akut werden, wenn es infolge des konjunkturellen Rückschlags zu einer Aktienmarktkorrektur kommt, die wiederum auf die Konjunktur durchschlägt und sich daraus eine Abwärtsspirale entwickelt.
Wie gesagt, sehen wir dies nur als Risikoszenario an. Dennoch dürfte der Weg zum Ende des QE-Programms – und damit zu steigenden Zinsen – ebenso holprig verlaufen wie die aktuelle Regierungsbildung in Deutschland. Anfang 2018 sollten die Anleihenmärkte nochmals Rückenwind erfahren und die Anleihenrenditen temporär fallen.