Griechenland hat Anfang der Woche wieder einmal die Finanzmärkte in Unruhe versetzt. Doch ist der plötzliche Höhenflug, zu dem die Zinssätze, vor allem in den Kernländern (die Rendite der zehnjährigen Bunds und französischen Staatsanleihen zog um ca. 50 Basispunkte an) trotz des quantitativen Lockerungsprogramms der Europäischen Zentralbank ansetzten, nicht nur auf diese Turbulenzen zurückzuführen. Die Anpassung der Zinsen dürfte eher den höheren Inflationserwartungen, d. h. dem allmählichen Abklingen der Deflationsängste im Euroraum, zuzuschreiben sein. Die prognostizierte Kerninflation (0,6% bis 0,7%) wird wohl in den nächsten Wochen nach oben korrigiert. Auch der 5-Jahres-Inflation-Swap-Index für die Eurozone hat sich von seinem Allzeittief im Januar erholt und ist von 1,48% auf 1,8% geklettert. Der steigende Erdölpreis und die sich abzeichnende Konjunkturerholung trugen ebenfalls zu dem überraschenden Zinsanstieg bei. Nichts auszuschließen ist, dass die Trendwende von den Anleihenanlegern ausgelöst wurde, die auf den erfreulicheren gesamtwirtschaftlichen Ausblick des Euroraums reagieren.
Das wäre ein Anzeichen dafür, dass die Finanzmärkte nun endlich richtig korrelieren und das Kurshoch an den europäischen Aktienmärkten ohne Gefahr für die Dynamik der Unternehmensgewinne korrigiert wurde. Die Quartalsergebnisse der europäischen Unternehmen deuten in der Tat auf eine positive Entwicklung.
Jenseits des Atlantiks sorgt sich die Fed immer mehr um die Bewertung der Aktienmärkte, während die US-Anleihen vom deutschen Rentenmarkt mitgerissen werden. Obwohl manche Marktteilnehmer mit einem Verhältnis von 1:1 gerechnet hatten, konnte sich der Euro merklich erholen und vorübergehend wieder auf 1,14 zum US-Dollar steigen. Es wäre verfrüht, Schlüsse bezüglich der Auswirkungen dieser Bewegungen auf die Bewertung der einzelnen Anlageklassen zu ziehen. Die von der lockeren Geldpolitik verursachten Verzerrungen und Ungleichgewichte sind so komplex, dass sie nicht korrekt prognostiziert werden können. Wir wissen jedoch aus Erfahrung, dass Trendwenden an den Rentenmärkten von hoher Volatilität begleitet werden.
Auf der politischen Szene dürften die Konservativen die absolute Mehrheit im britischen Parlament gewonnen haben. In Schottland freuen sich die Anhänger der Nationalpartei über ihren Sieg. Die aktuelle Wirtschaftspolitik im Vereinigten Königreich sollte sich also in nächster Zeit kaum ändern. Die europafeindliche Stimmung, die sich in den letzten Jahren in Großbritannien breit gemacht hat, könnte eine echte Herausforderung für die Regierung, die Unternehmen und generell die britische Wirtschaft werden, wenn es zu einem Referendum über den Austritt aus der EU und die Unabhängigkeit Schottlands kommt.
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