In Brasilien scheint Präsident Temer nun selbst über die Ermittlungen der großangelegten Operation „Lava Jato“ zu stolpern, obwohl er einst als scharfer Gegner der weit verbreiteten Korruption auftrat. Diese beiden Entwicklungen haben bereits zu einer Mini-Korrektur und Gewinnmitnahmen an den Börsen geführt. Vor den jüngsten Enthüllungen glänzte der Bovespa-Index noch mit vielversprechenden Bewertungsmultiplen wie einem KGV 2017 von 11. Zum Zeitpunkt des Skandals um Dilma Rousseff und der makroökonomischen Flaute lag diese Kennzahl bei 9. Hieran lässt sich ablesen, wie stark der Rückgang für den brasilianischen Markt (bei gleichbleibenden Gewinnerwartungen) potenziell ausfallen könnte.
Der Dollar hat seinerseits weiter deutlich zum Euro nachgegeben und rutschte unter die Marke von 1,11. In einem Monat, der typischerweise einen günstigen Zeitpunkt für einen Rückzug aus den Aktienmärkten vor der Sommerpause darstellt („Sell in May and go away“), spricht tatsächlich viel für eine solche Gewinnmitnahme, um die Weichen für ein erfolgreiches zweites Halbjahr zu stellen, das vom Aufwind der Weltwirtschaft profitiert. Im Rahmen eines jüngst in Singapur ausgerichteten Seminars konnte sich unser Fondsmanagerteam von der merklichen Verbesserung der globalen Dynamik überzeugen. Eine unter eintausend Anlegern vor Ort durchgeführte Umfrageserie ist in diesem Hinblick überaus aufschlussreich. Die Teilnehmer gehen mehrheitlich davon aus, dass der Euroraum über 2020 hinaus überleben und der amerikanische Präsident abgesetzt wird.
In Berlin hat sich Emmanuel Macron nach einer von Verantwortungsbewusstsein und Kooperationswillen zeugenden Rede mit Angela Merkel mit der Bekanntgabe seines kollegialen Regierungskabinetts aus Persönlichkeiten unterschiedlichster politischer Couleur weiterhin tadellos geschlagen. Dies dürfte ihm gute Erfolgschancen bei den französischen Parlamentswahlen am 11. und 18. Juni sichern. Wie groß dieser Erfolg sein wird (relative oder absolute Mehrheit, Koalition oder Kohabitation), steht jedoch freilich noch in den Sternen.
„Um seinem Land zu gehören, muss man ein Mensch seines Zeitalters sein“, schrieb einst Chateaubriand. Diese Maxime scheint so manchem politischen Entscheidungsträger der westlichen Welt entgangen zu sein, allen voran dem amerikanischen Präsidenten. Womöglich werden es schließlich die Europäer sein, die nach der Devise handeln: „Make Europe Great Again“!