Lassen Sie uns also gemeinsam zuerst einen Blick auf die wirtschaftliche Lage und die Erwartungen werfen. Der regelmäßige Leser meiner Monatsartikel ist bereits auf dem Laufenden. Wir erleben derzeit ein synchrones und stabiles bis dynamisches Wachstum weltweit. Aus Frühindikatoren und Einkaufsmanager-Befragungen können wir auch erwarten, dass sich dieses dynamische Wachstum fortsetzt. In unserer monatlichen Auswertung mit weltweit 45 Staaten und Regionen zeigen nur fünf Staaten kein Wachstum im produzierenden Gewerbe – normalerweise sind es 10-15 Staaten die kontrahieren. Der einzige Schönheitsmakel in diesem Bild ist das enttäuschende Wachstum der US-Volkswirtschaft im ersten Quartal dieses Jahres. Da die USA neben China ein wichtiges Standbein unseres globalen Wachstumsbildes sind, legen wir derzeit ein besonderes Augenmerk auf die USA. Die Kapitalmärkte feiern dieses Szenario derzeit mit neuen Höchstständen im DAX, Nasdaq, S&P500 und Co. Dieser Aufschwung in Wirtschaft und Aktienmärkten wird unterlegt von weiterhin unterstützenden Notenbanken. Die Aufwärtstrends sind intakt und technische Indikatoren zeigen an, dass die Party an den Aktienmärkten weiter gehen kann.
So weit, so gut. Die von uns verwendeten Stimmungsindikatoren zeichnen aber bereits ein Bild, das bei Anlegern übergroßen Optimismus, ja sogar Euphorie zeigt. Vor zwei oder drei Monaten, waren diese Indikatoren alle noch im unkritischen neutralen Lager. Es scheint sich eine »Hausmädchen«-Rally anzukündigen oder bereits im Gange zu sein. Als klassischer Kontraindikator würden einem diese Indikatoren empfehlen Risiken abzubauen.
Nichts ist mehr billig. Wo man in den vergangenen Monaten noch günstig zugreifen konnte, bei französischen Aktien und Staatsanleihen oder portugiesischen Staatsanleihen, haben wir das konsequent getan. Globale Aktien bewegen sich, gemessen an den in den nächsten 12 Monaten erwarteten Gewinnen, nahe der Höchststände der letzten fünf Jahre. Längerfristige Bewertungsmaße wie zyklisch adjustierte Kurs-Gewinn-Verhältnisse sind schon wieder auf den Niveaus des Jahres 2006, also vor der Finanzkrise. Allen voran, am teuersten, sind die USA. Deutsche Aktien und Europäische Aktien sehen da noch etwas günstiger aus, bewegen sich aber auch deutlich oberhalb ihrer mittleren Bewertungen. Allein Japan sieht nach wie vor fair bewertet aus, was bedeutet, dass es im Konzert der großen Regionen und Länder RELATIV günstig ist. Während wir Europäer dabei noch die Gewinnerwartungen unserer Unternehmen nach oben tickern sehen, stagnieren und bröckeln die der US-Unternehmen leicht.
Es scheint also, als wären viele positive Nachrichten, zuletzt die erfolgreiche Wahl in Frankreich, bereits in den Kursen enthalten. Was könnte das Kursfeuer also bändigen? Wir meinen, wenn der Brennstoff ausgeht, also die guten Nachrichten von Unternehmen oder politischen Wahlen ausbleiben. Mitte Mai endet beispielsweise die Quartals-Berichtssaison der Unternehmen und der Datenfluss der Volkswirtschaften versiegt nahezu. Vielleicht kommt es dann zu einem Luftholen der Märkte, vielleicht setzt dann auch das jahreszeitliche »Sell in May and go away« ein. Wir haben in den Tagen seit Monatsende unsere Aktiengewichtung leicht abgebaut, verbleiben aber angesichts der global sehr guten Lage bei einer kleinen Übergewichtung. Gleichzeitig haben wir aber in den letzten Monaten begonnen sukzessive Staatsanleihen aufzubauen, die uns im Falle einer Korrektur an den Aktienmärkten stützen werden. Wir sehen uns mit unserer vorsichtig positiven Ausrichtung damit gut für die weiteren Entwicklungen in den Kapitalmärkten positioniert.