08.09.2023 - Internationale Aktien gaben diese Woche nach – aufgrund der steigenden Langfristzinsen, aber auch wegen der Sorge, dass China als Vergeltung für die amerikanischen Exportbeschränkungen US-Technologieunternehmen ins Visier nehmen könnte. Die US-Zehnjahresrendite stieg zur Wochenmitte auf 4,30%, ging bis Freitag aber wieder auf 4,25% zurück. Das Barrel Rohöl der Sorte West Texas Intermediate verteuerte sich von 85 US-Dollar auf 87,60 US-Dollar, weil Saudi-Arabien und Russland ihre Förderkürzungen verlängerten. Gemessen am CBOE Volatility Index (VIX) stieg die Volatilität diese Woche von 13,3 auf 14,5.
KONJUNKTUR
US-Renditen mit Richtungswechsel
Seit dem Arbeitsmarktbericht vom letzten Freitag sind die US-Zehnjahresrenditen um über 20 Basispunkte gestiegen. Am Donnerstag notierten sie zeitweise bei 4,30%, da nach dem amerikanischen Labor Day, dem offiziellen Ende des Sommers, sehr viele Investmentgrade-Anleihen begeben wurden – allein am Dienstag für 36 Milliarden US-Dollar. Der Renditeanstieg hatte aber auch andere Gründe: So war der ISM-Dienstleistungsindex mit 54,5 überraschend stark. Er stieg auf den höchsten Wert seit sechs Monaten und übertraf auch die Erwartungen der von Bloomberg befragten Volkswirte. Außerdem wollen Saudi-Arabien und Russland ihre Förderkürzungen bis zum Jahresende verlängern, sodass der Preis für ein Barrel Rohöl der Sorte Brent auf über 90 US-Dollar stieg. Schließlich waren – nach dem schwachen Arbeitsmarktbericht der Vorwoche – die wöchentlichen Arbeitslosengeldanträge mit 216.000 so niedrig wie zuletzt im Februar, und auch die Projektionen für das US-Haushaltsdefizit wurden angehoben. All das ließ die Renditen steigen.
Höhere Renditen helfen dem Dollar
Der US-Dollarindex stieg diese Woche auf den höchsten Wert seit März, als er kurz vor der US-Regionalbankenkrise ein Hoch erreichte. Die Dollaraufwertung hat Emerging-Market-Aktien und ‑Anleihen in den letzten Wochen ebenso geschadet wie international tätigen US-Konzernen mit hohen Auslandsumsätzen. Besonders stark war der US-Dollar gegenüber dem chinesischen Renminbi und dem japanischen Yen. Am Donnerstag fiel der Renminbi auf den niedrigsten Wert seit 2006, und der Yen war ähnlich schwach wie letzten Oktober, als die japanische Notenbank intervenieren musste. Bei der Geldpolitik bleiben China und Japan Außenseiter. Japan hält an der extremen Niedrigzinspolitik fest, China hat die Zinsen leicht gesenkt. Die Dollaraufwertung könnte die Lockerung der chinesischen Geldpolitik bremsen, da man einen noch größeren Zinsabstand zu den USA fürchtet. Zwar geht man am Markt davon aus, dass die US-Zinsen wenn überhaupt nur noch wenig erhöht werden, rechnet aber auch nicht mit schnellen Zinssenkungen. Damit wäre der US-Dollar so lange im Vorteil, bis die Fed ihre Geldpolitik erkennbar lockert. Das japanische Finanzministerium intervenierte diese Woche verbal und warnte Händler, dass eine Stützung des Yen nicht ausgeschlossen sei.
Wall Street Journal: US-Regionalbanken mit größerem Immobilienengagement als vermutet
Am Mittwoch berichtete das Wall Street Journal, dass die amerikanischen Regionalbanken noch stärker am Gewerbeimmobilienmarkt engagiert seien, als es scheint. In den letzten zehn Jahren hätten sie ihr Engagement ausgebaut, ohne dass dies in den Statistiken erscheine. Viele Banken hätten Finanzierungsvehikeln Geld geliehen, die es wiederum an dieselben Immobilienunternehmen weiterreichten. Außerdem hätten sie Anleihen gekauft, die mit den gleichen Immobilienarten besichert seien. Diese indirekte Finanzierung und die Tatsache, dass viele Objekte, Immobilienportfolios und andere immobiliennahe Assets an die Banken zurückgefallen sind, hätten bewirkt, dass die Banken jetzt mit 3,6 Billionen US-Dollar im Gewerbeimmobiliensektor engagiert seien. Das entspräche etwa 20% der Einlagen, schreibt die Zeitung.
Offenmarktausschussmitglieder rechnen nicht mit Zinserhöhung im September
Ende dieser Woche meldeten sich mehrere Vertreter der Fed zu Wort. Sie bestätigten die Einschätzung, dass die Zinsen auf der Septembersitzung nicht erhöht werden. Am Donnerstag nannte der New Yorker Fed-Präsident John Williams die Geldpolitik „angemessen“. Ob sie restriktiv genug sei, um eine Rückkehr der Inflation zum Notenbankziel zu bewirken, hänge von den künftigen Konjunkturdaten ab. Mehrere Falken wollten weitere Zinserhöhungen nicht ausschließen, hielten einen Zinsschritt in der kommenden Sitzung aber nicht für nötig. An den Terminmärkten sieht man es ähnlich. Den Kursen zufolge beträgt die Wahrscheinlichkeit einer Zinserhöhung im September nur 7%, aber 46% im November.
KURZ GEFASST
Im September fiel die europäische Anlegerstimmung auf den niedrigsten Wert seit Juli 2020. Der Indikator ging von ‑18,9 im August auf ‑21,5 zurück.
Chinas Staatschef Xi Jinping wird diese Woche nicht am G20-Gipfel in Neu-Delhi teilnehmen. Angesichts der jüngsten Grenzzwischenfälle gilt das als Affront gegen Indien.
Laut Goldman Sachs beträgt die Wahrscheinlichkeit einer Rezession in den USA in den nächsten zwölf Monaten nur noch 15%. Am pessimistischsten war die Bank im März, als sie die Rezessionswahrscheinlichkeit mit 35% angab.
Das Committee for a Responsible Federal Budget – das sich für ein niedrigeres US-Haushaltsdefizit einsetzt – rechnet damit, dass sich das amerikanische Bundesdefizit im laufenden Haushaltsjahr (bis zum 30. September) verdoppelt, auf etwa 2 Billionen US-Dollar. Als Gründe nennt das Institut höhere Zinsen, niedrigere Steuereinnahmen sowie die inflationsbedingt höheren Sozial- und Gesundheitsausgaben.
Der US-Senat hat die Beförderung von Fed-Direktoriumsmitglied Philip Jefferson zum Notenbankvize mit 88 zu 10 Stimmen bestätigt. Neu ins Direktorium tritt Adriana Kugler ein, die der Senat mit 53 zu 45 Stimmen bestätigte.
Nach dem Beige Book der Fed ist die US-Wirtschaft im Sommer nur leicht gewachsen, auch wenn die Tourismusausgaben überraschend hoch waren. Zwar habe es weniger Neueinstellungen gegeben, doch blieb der Arbeitsmarkt dem Bericht zufolge im Ungleichgewicht. Der Inflationsdruck habe hingegen generell abgenommen.
Der chinesische Außenhandel war im August nicht ganz so schwach wie erwartet, gab aber wegen der geringeren Welt- und Binnennachfrage nach. Wie die chinesische Generalzollverwaltung am Donnerstag mitteilte, fielen die Exporte um 8,8% z.Vj. Im Juli hatte der Rückgang noch 14,5% z.Vj. betragen, das größte Minus seit Februar 2020. Die chinesischen Importe gingen im August um 7,3% z.Vj. zurück, nach 12,4% im Juli.
Chinas Anteil an den US-Importen ist im Juli auf 14,7% gefallen, so wenig wie zuletzt vor 17 Jahren. Das berichtet das amerikanische Census Bureau. Kurz vor Ausbruch des amerikanisch-chinesischen Handelskrieges 2018 hatte der Anteil noch beachtliche 22% betragen.
Das Financial Accounting Standards Board hat einstimmig eine neue Vorschrift verabschiedet, nach der US-Unternehmen die Bitcoin und andere Krypto-Assets jetzt zum Marktpreis verbuchen müssen.
Erwartungsgemäß hat die Bank of Canada ihren Leitzins bei 5% belassen. Im August wurden in Kanada fast 40.000 neue Stellen geschaffen; die Arbeitslosenquote betrug unverändert 5,5%.