19.05.2023 - Die Sorgen der Anleger und die Angst vor einem Zahlungsausfall der USA ließen Ende der Woche nach. Ohne eine Anhebung der Schuldenobergrenze, bevor der US-Regierung Anfang Juni das Geld ausgeht, würde es zu einem Zahlungsausfall kommen. Doch am Donnerstag sorgte Repräsentantenhaussprecher Kevin McCarthy für neue Zuversicht: Er hoffe, dass schon nächste Woche ein Gesetz über eine höhere Obergrenze eingebracht werden könne, auch wenn die Gespräche am Freitagmorgen wieder zu stocken schienen. Am Dienstag hatte Präsident Biden die Kongressführung ins Weiße Haus eingeladen. Anschließend verhandelten Budgetdirektorin Shalanda Young sowie Präsidentenberater Steve Ricchetti (für Biden) und Garret Graves, Abgeordneter aus Louisiana (für McCarthy) weiter, alle drei ausgestattet mit Entscheidungsbefugnis. Die demokratische Repräsentantenhausfraktion sowie der Mehrheits- und der Minderheitsführer des Senats blieben damit außen vor. Im Laufe der Woche äußerte sich McCarthy immer optimistischer zu den Aussichten auf eine Einigung. Damit wuchs die Hoffnung, dass eine Krise vermieden werden kann.
Am Mittwoch flog Biden zum G7-Treffen nach Japan, will aber die Besuche in Papua-Neuguinea und Australien absagen. Am Sonntag wird er in Washington zurückerwartet, um bei den Verhandlungen wieder den Vorsitz zu übernehmen. Laut Presseberichten vom Freitagmorgen hat das Verhandlungsteam des Weißen Hauses dem Präsidenten von stetigen Fortschritten berichtet.
Die Märkte reagierten erfreut, sodass US-Aktien am Donnerstag so hoch schlossen wie seit August nicht mehr.
Konjunktur
Was macht die Fed?
Eine Zinserhöhung im Juni ist diese Woche wahrscheinlicher geworden. Viele Offenmarktausschussmitglieder fürchten einen zu langsamen Inflationsrückgang und lehnen die eigentlich erwartete Zinspause ab. Laut Terminmarkt beträgt die Wahrscheinlichkeit einer Zinserhöhung im Juni etwa 25%, und anders als zuletzt wird nicht mehr mit baldigen Zinssenkungen gerechnet. Die erste steht laut Terminmarkt jetzt im November an und nicht, wie noch wenige Tage zuvor erwartet, schon im September. Am Freitagmorgen meinte Notenbankchef Powell aber, dass man sich wegen der Kreditklemme nach der Regionalbankenkrise vielleicht mit niedrigeren Zinserhöhungen begnügen könne. Ein Zinsschritt im Juni galt dann wieder als unwahrscheinlicher. Powell fügte hinzu, dass eine Entscheidung über die künftige Zinspolitik noch ausstehe.
Uneinheitliche US-Einzelhandelsumsätze im April
Mit 0,4% sind die US-Einzelhandelsumsätze im April überraschend schwach gestiegen. Erwartet worden waren 0,8%, nach einem 1%igen Rückgang im März. Der Kernindex – ohne Automobile, Benzin, Baumaterialien und Gastronomie – stieg um 0,7%. Gerechnet hatte man nur mit 0,3%.
Chinas Neustart geht die Luft aus
Weil der Aufschwung in China an Tempo verliert, werden die Rufe nach Konjunkturprogrammen immer lauter. Nach dem Ende der Lockdowns waren die Einzelhandelsumsätze im April zwar um 18,4% höher als ein Jahr zuvor, doch hatte man mit mindestens 22% z.Vj. gerechnet. Die Industrieproduktion ist zwar um 5,6% z.Vj. gestiegen, aber auch um 0,5% z.Vm. gefallen, vor allem wegen der geringeren Nachfrage nach Stahl und Zement für Intrastrukturprojekte. Chinesische Immobilienunternehmen sind noch immer mit der Sanierung ihrer Finanzen statt mit neuen Projekten beschäftigt. Die Jugendarbeitslosigkeit ist auf 20,4% gestiegen.
Wachstum und Inflation lassen japanische Aktien steigen
Diese Woche stiegen japanische Aktien auf den höchsten Wert seit den Tagen kurz nach dem Platzen der Preisblase 1989. Die Kurse profitierten seit Jahresbeginn von Fortschritten der Corporate Governance und dem neuen Interesse ausländischer Investoren. Außerdem ist das BIP im 1. Quartal 2023 um 1,6% gestiegen, doppelt so stark wie prognostiziert, und die Inflation war im April so hoch wie seit über 40 Jahren nicht mehr. Weil der Verbraucherpreisindex (ohne frische Lebensmittel und Energie) um 4,1% z.Vj. gestiegen ist und die Inflation damit deutlich über dem 2%-Ziel der Notenbank liegt, dürfte die extrem lockere Geldpolitik dieses Jahr gestrafft werden.
KURZ GEFASST
Bei Handelsschluss am Donnerstag war Apple Inc. mehr wert als der gesamte Small-Cap-Index, der Russell 2000®.
In der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen stimmten letzten Sonntag 49,5% für Amtsinhaber Recep Tayyip Erdoğan, der deutlich besser abschnitt als prognostiziert. Vermutlich wird er sich auch bei der Stichwahl am Sonntag, dem 28. Mai, gegen Oppositionsführer Kemal Kılıçdaroğlu durchsetzen.
Die Europäische Union hat ihre Wachstumsprognose für 2023 leicht angehoben, von 0,8% auf 1%.
Laut Fed stiegen die US-Haushaltsschulden im 1. Quartal erstmals über 17 Billionen US-Dollar.
Laut US-Energieministerium sollen 3 Millionen Barrel schwefelhaltiges Rohöl gekauft werden, um die strategische Ölreserve wieder zu füllen. Zurzeit ist so wenig Öl eingelagert wie zuletzt 1983.
In der britischen Privatwirtschaft sind die Löhne im April um 7% z.Vj. gestiegen, und im öffentlichen Sektor war der Anstieg mit 5,6% z.Vj. so hoch wie seit 20 Jahren nicht mehr. Die Arbeitslosenquote stieg um 0,1 Prozentpunkte auf 3,9%.
Die G7 bereiten neue Sanktionen gegen Russland vor. Betroffen sind Schiffe, Flugzeuge und Einzelpersonen.
In Europa kostet Erdgas jetzt 10% weniger als vor dem russischen Einmarsch in die Ukraine. Damit ist es jetzt so billig wie zuletzt im Juni 2021.
US-Finanzministerin Janet Yellen soll gegenüber Banken-CEOs von der Notwendigkeit weiterer Fusionen gesprochen haben. Das berichtete CNN am Freitagmorgen.