Dezember 2022 - Das Jahr 2022 dürfte in vielerlei Hinsicht in die Geschichtsbücher eingehen. Der Einmarsch Russlands in die Ukraine am 24. Februar hat nicht nur auf geopolitischer Ebene weitreichende Konsequenzen. Vielmehr leidet die Weltwirtschaft noch immer unter den Folgen des resultierenden Angebotsschocks. Die stark angestiegenen Energiepreise und die in Mitleidenschaft gezogenen Lieferketten haben die Inflationsraten weltweit massiv in die Höhe getrieben. In der Folge mussten die Zentralbanken die Zinsen schnell und massiv erhöhen, um die Nachfrage an das verringerte Angebot anzupassen. Kaufkraftverluste der Konsumenten, Produktions und Investitionsrückgänge infolge der höheren Inflation und Zinsen sowie die anhaltenden Probleme in China (Zero Covid Strategie, Immobilienkrise) haben weltweit zu einer Wachstumsverlangsamung geführt.
Diese Entwicklungen haben auch zu deutlichen Verwerfungen an den Kapitalmärkten geführt. Der Diversifikationsvorteil, der aus der Streuung eines Portfolios über Renten, Aktien und andere Anlageklassen resultiert, hat in diesem Jahr schlecht funktioniert, da Anleihen und Aktien hoch korreliert waren und zur gleichen Zeit deutlich einbrachen. Zudem kam es zu starken Differenzierungen zwischen den einzelnen Aktiensektoren. Energietitel stiegen deutlich, zinssensitive und hoch bewertete Aktien u.a. aus dem Technologiebereich standen dagegen merklich unter Druck.
Welche zukünftigen Entwicklungen erwarten wir?
Wir erwarten aufgrund der hohen Inflationsraten weitere Zinserhöhungen in den USA und in Europa. In den USA ist die Geldpolitik nach den letzten Leitzinserhöhungen bereits restriktiv. In der Eurozone ist die Geldpolitik hingegen weiterhin zu expansiv, da die Leitzinsen noch nicht deutlich über den nominalen „neutralen Zinssatz“ (welcher weder expansiv noch restriktiv wirkt) in der Eurozone angehoben wurden. Wie hoch die Leitzinsen steigen werden, hängt primär von a) der Inflations und b) der Konjunkturentwicklung ab.
Die Inflation wird im Jahr 2023 vermutlich in beiden Regionen ihren Höhepunkt überschreiten. In Europa wird sie aufgrund der Energiepreiskomponente und deutlich höheren Produzentenpreisen wahrscheinlich langsamer zurückgehen als in den USA. Ein Angebotsschock ebbt typischerweise erst dann ab, wenn die Kerninflation (ohne Lebensmittel und Energie) den breiten Inflationsindex übersteigt. Da die Zinsen wahrscheinlich weiter steigen werden, werden wir die Duration des Anleihen Portfolios weiterhin im Auge behalten. Die gute Nachricht ist, dass wir allmählich höhere Renditen im festverzinslichen Bereich sehen. Eine Rendite von 4% für Investment-Grade-Anleihen entschädigt unserer Meinung nach gut für das Kreditrisiko.
Aktien in Europa werden derzeit wieder nahe ihren langfristigen Durchschnittsniveaus gehandelt, wenn man Kurs-Buchwert-Verhältnisse und andere Bewertungskennzahlen betrachtet. US-Aktien hingegen notieren trotz der Kursrückgänge weiterhin oberhalb ihrer durchschnittlichen, historischen Bewertungsniveaus Die höhere Bewertung von US-Aktien, der starke US-Dollar und fallende Gewinnmargen in den USA sprechen derzeit eher für Aktien aus der Eurozone als für US-Aktien. Eine weitere Erhöhung der Aktienquote halten wir aktuell noch für verfrüht In der Vergangenheit hat es sich ausgezahlt, die Aktienquote erst einige Monate vor dem Ende einer Rezession deutlich anzuheben. Wir erwarten derzeit eine Rezession mit einer Wahrscheinlichkeit von 85% in der Eurozone und mit 60% in den USA. Wir gehen weiterhin davon aus, dass die Rezession in der Eurozone und in Deutschland im nächsten Jahr mild ausfallen wird.
Unser Investmentansatz bleibt langfristig ausgerichtet. Die von uns selektierten Unternehmen müssen weiterhin unseren hohen Qualitätsansprüchen genügen. Wir konzentrieren uns weiterhin auf Aktien mit einer hohen Kapitaleffizienz, wenig Schulden, hohen Gewinnmargen, klaren Wettbewerbsvorteilen und einem hohen strukturellen Wachstum.