07.09.2022 - Auf ihrer Sitzung im Juli hat die EZB nicht nur seit langer Zeit wieder die Zentralbankzinsen angehoben, sondern auch erklärt, wie sie ein Auseinanderdriften der Renditen für Staatsanleihen verschiedener Mitgliedstaaten der Eurozone verhindern will. Auch hiermit reizt die EZB wieder ihre Möglichkeiten bis an die Grenze des per Mandat Vorgegebenen aus.
Mit der Schaffung des sogenannten Transmission Protection Instruments (kurz: TPI) wurde nicht nur kurzer Hand ein neues Instrument kreiert, sondern auch gleich ein neuer Begriff in die Diskussionen eingebracht. Genaue Ausstattungsdetails sind noch nicht bekannt. Zusätzlich hat die EZB bekräftigt, die Flexibilität des Vorgängerprogramms PEPP vollständig nutzen und fällig werdende Gelder flexibel wieder anlegen zu wollen. Diese Bestätigung kam prompt Anfang August. So sank der Bestand an deutschen, französischen und niederländischen Anleihen um 18,9 Milliarden Euro. Die fällig gewordenen Gelder wurden gleich in die Staatspapiere vorrangig Italiens, aber auch Spaniens, Portugals und Griechenlands reinvestiert. Vielfach wird die Flexibilität des PEPP auch als erste Verteidigungslinie der EZB bezeichnet. Doch reicht diese erste Verteidigungslinie bereits aus? Das werden die nächsten Monate schnell zeigen. Kritisch ist insbesondere der Aufschlag, den italienische Staatsanleihen gegenüber deutschen Staatsanleihen bezahlen. Der Unterschied liegt aktuell bei rund 250 Basispunkten und damit um rund 150 Basispunkte über dem Vorjahresniveau. Hierzu hat sicherlich auch die erneute Regierungskrise in Italien ihren Beitrag geleistet. Andererseits hat der Anstieg des Bruttosozialprodukts in Italien im zweiten Quartal 2022 um 1 % positiv überrascht, was auch zu einer besseren Beurteilung italienischer Staatsanleihen beitragen dürfte.
Droht ein weiteres Auseinanderdriften der Kreditaufschläge? Nein, wir erwarten, dass der stetige Geldfluss der EZB ausreichen sollte, um die Renditedifferenz wieder zu reduzieren. Dafür ist allerdings die Wahl einer stabilen, für die Finanzmärkte vertrauenswürdigen Regierung bei den Neuwahlen am 25.09.2022 eine Grundvoraussetzung. Die Ratingagentur Moody’s hat erst im August das Baa3-Rating – die schwächste Stufe im Qualitätsbereich – des italienischen Staates mit einem negativen Ausblick versehen und damit noch einmal klargemacht, wie dringend ein stabiler politischer Rahmen und die Fortsetzung von wirtschaftlichen Reformen sind.