02.09.2022 -
Internationale Aktien gaben letzte Woche nach, auch wenn sie sich nach dem eher moderaten US-Arbeitsmarktbericht wieder etwas erholten. Die US-Zehnjahresrendite stieg von 3,02% vor einer Woche auf 3,22%; das Barrel Rohöl der Sorte West Texas Intermediate verbilligte sich von 92,25 US-Dollar auf 88,50 US-Dollar. Gemessen am CBOE Volatility Index (VIX) blieb die Volatilität mit 23,5 unverändert.
KONJUNKTUR
US-Arbeitsmarktbericht moderater als befürchtet
Zu Wochenbeginn hatte der Job Openings and Labor Turnover Survey (JOLTS) eine hohe Zahl offener Stellen ausgewiesen, und die Arbeitslosengeldanträge waren zurückgegangen. Am Freitag rechnete man daher mit einem weiteren sehr starken Arbeitsmarktbericht. Aber dann entsprach die wichtigste Zahl, der Beschäftigungszuwachs, mit 315.000 neuen Stellen im August den Erwartungen, und die Juni- und Julizahlen wurden kräftig herunterrevidiert, zusammen um 107.000. Der Anstieg der Partizipationsquote – von 62,1% auf 62,4% – sprach für nachlassenden Arbeitskräftemangel und ließ die Arbeitslosenquote von 3,5% im Juli auf 3,7% im August steigen. Die Stundenlöhne legten um 0,3% z.Vm. zu, nach 0,5% z.Vm. im Juli. Alles in allem dürfte sich die Fed über den Arbeitsmarktbericht freuen. Die Wahrscheinlichkeit einer Zinserhöhung um 75 Basispunkte im September ging leicht zurück, auf etwa 65%.
Märkte bereiten sich auf massiven EZB-Zinsschritt vor
Immer mehr geht man an den Anleihenmärkten davon aus, dass die EZB ihren Leitzins nächste Woche um 75 Basispunkte anhebt. Mit 9,1% z.Vj. – nach 8,6% im Juli – hat die Inflation im August nämlich einen neuen Rekord erreicht, vor allem wegen des anhaltenden Energiepreisanstiegs. Aber auch die Kernrate legte auf 4,3% zu. Viele EZB-Vertreter meinen, dass die Geldpolitik auch bei einer Rezession weiter normalisiert werden müsse. Mit Chefvolkswirt Philip Lane sprach sich aber ein einflussreiches Direktoriumsmitglied gegen einen derart großen Zinsschritt und für konstante Erhöhungen aus. Im Juli hatte die EZB die Zinsnormalisierung mit einer Erhöhung um 50 Basispunkte begonnen.
China verschärft Coronarestriktionen erneut
Wegen steigender Inzidenzen haben die Behörden in der 21-Millionen-Stadt Chengdu am Donnerstag einen Lockdown verhängt. Auch in Shenzhen, ebenfalls ein wichtiges Wirtschaftszentrum, wurden die Coronamaßnahmen verschärft. Das Hin und Her bei Lockdowns und Restriktionen erschwert die Erholung der Wirtschaft von den Pandemiefolgen. Nach der Bloomberg-Quartalsumfrage erwarten Volkswirte für China in diesem Jahr nur noch 3,5% Wachstum, nach 3,9% in der vorherigen Umfrage. Das liegt deutlich unter dem staatlichen Wachstumsziel von 5,5%. Laut Premierminister Li Keqiang seien die neuen Konjunkturmaßnahmen wesentlich wirksamer als die Hilfen zu Beginn der Pandemie. Außerdem wolle man den Renminbi wieder stärken. Seit April, als die USA ihre Zinsen stark anhoben und China die Zinsen wegen des schwachen Wachstums senken musste, hat die chinesische Währung gegenüber dem US-Dollar etwa 8,5% verloren. Ein schwacher Renminbi erleichtert zwar den Export, lässt aber auch die Preise US-dollardenominierter Rohstoffe steigen und macht eine Kapitalflucht wahrscheinlicher.
KURZ GEFASST
Das Quantitative Tightening der Fed nimmt im September Fahrt auf. Jeden Monat werden der Wirtschaft jetzt 95 Milliarden US-Dollar Liquidität entzogen. Die Bilanzsumme der Notenbank verringert sich jetzt jeden Monat um Staatsanleihen im Wert von 60 Milliarden und Mortgage-Backed Securities im Wert von 35 Milliarden US-Dollar. Weil diese Wertpapiere vom privaten Sektor übernommen werden müssen, steigen tendenziell die Renditen, und die Liquidität lässt nach. Von Juni bis August war die Bilanzsumme nur um monatlich 47,5 Milliarden US-Dollar verringert worden.
Diesen Monat dürfte die amerikanische Finanzmarktaufsicht beginnen, die Prüfberichte chinesischer Unternehmen mit US-Börsennotierung einzusehen.
Gazprom hat die Erdgaslieferungen nach Deutschland erneut für drei Tage unterbrochen und das mit Wartungsarbeiten begründet. Diese Woche wurde bekannt, dass die EU ihr Ziel, die Gasspeicher zu 80% zu füllen, bereits zwei Monate früher erreicht hat als geplant. In Europa sind die Gaspreise diese Woche dann auch gefallen – wegen der Hitzewelle, der hohen Füllstände und der EU-Pläne für Notmaßnahmen am Energiemarkt.
Vor ihrem Rückgang am Freitagmorgen war die amerikanische Zweijahresrendite zunächst auf über 3,5% gestiegen, den höchsten Wert seit 2007. Sie hatte auf die scharfe Rhetorik der Fed und den stabilen US-Arbeitsmarkt reagiert.
Wegen der steigenden Zinsdifferenz wertete der US-Dollar gegenüber dem japanischen Yen auf. Am Donnerstag betrug der Wechselkurs erstmals seit 1998 mehr als 140 Yen je US-Dollar. Der Bloomberg Dollar Spot Index stieg auf den höchsten Wert seit seiner Einführung im Jahr 2003.
Nach den jüngsten Daten des GDPNow-Modells der Federal Reserve Bank of Atlanta wächst die US-Wirtschaft im 3. Quartal annualisiert um fast 2,6%.
Nach Warnschüssen auf eine nicht identifizierte Drohne am Dienstag holte Taiwan am Donnerstag einen unbemannten Flugkörper über einer taiwanesisch kontrollierten Insel nahe dem chinesischen Festland vom Himmel.
Der US-Konsumklimaindex des Conference Board ist im August kräftig gestiegen, auf 103,2 nach 95,3 im Juli. Ein wesentlicher Grund war der starke Benzinpreisrückgang.
Bei ihrem Treffen am Freitag werden die G7-Finanzminister vermutlich eine Preisobergrenze für russisches Öl vereinbaren, damit Russland mit dem Ölexport weniger einnimmt.
Seit dem Höchststand im Jahr 2021 ist der Bloomberg Global Aggregate Total Return Index, die Benchmark für internationale Investmentgrade-Anleihen, um 20% gefallen (nicht währungsgesichert). Das ist die erste Baisse seit Einführung des Index im Jahr 1990.