03.08.2022 - Mitte Juli durchbrach der Euro (EUR) die Parität zum US-Dollar (USD). Damit war eine Einheit der Gemeinschaftswährung – erstmalig seit knapp zwei Dekaden – kurzzeitig weniger wert als eine Einheit der US-Währung. Obwohl die EUR/USD-Schwäche mit rund -7 % bereits im Jahr 2021 beträchtlich war, beschleunigte sie sich zuletzt mit dem Kriegsausbruch in der Ukraine. Seit dem 24.02.2022 büßte der EUR auf dem Weg zur Parität am 14.07.2022 rund -10,5 % gegenüber dem USD ein.
Die Gründe für die EUR/USD-Schwäche sind vielfältig: Die Währungsunion hat sich langsamer vom Pandemieschock erholt, begann zögerlicher mit dem Zinserhöhungszyklus und ist zuletzt durch die unsichere Rohstoff- und Energieversorgungslage stark angeschlagen. Auf der anderen Seite profitiert der USD mit seinem Status als sicherer Hafen in Krisenzeiten von dieser ökonomischen und geopolitischen Unsicherheit.
Ein vermeintlicher Lichtblick: Die exportstarken Europäer (insbesondere Deutschland) profitieren von der EUR/USD-Schwäche – oder etwa nicht?
Die Antwort ist leider Nein. Zwar macht der Export von Gütern und Dienstleistungen in Nicht-Eurozonen-Länder in der Regel einen substantiellen Anteil des BIPs aus –2021 waren es rund 20 %. Allerdings geht davon nur ein Bruchteil (rund 15 %) in die USA. Repräsentativer für die Bewertung der EUR-Wettbewerbsfähigkeit ist deshalb der Vergleich zu einem breiteren, handelsgewichteten Währungskorb. Der von der EZB veröffentlichte Wechselkurs „EER-42“¹ ist dafür eine geeignete Referenz. Er berücksichtigt die Handelsintensität mit den 42 wichtigsten Partnerstaaten der Währungsunion. Gegen diesen Währungskorb hat der EUR seit Beginn des Kriegsausbruchs bis zur EUR/USD-Parität nur rund -4 % eingebüßt. Die international gewonnene Wettbewerbsfähigkeit des EUR ist also wesentlich geringer als es die Entwicklung des EUR/USD Währungspaares suggeriert.
Zudem bringt die EUR/USD-Schwäche einen wesentlichen Nachteil mit sich: Energie und Rohstoffe sind in der Regel in USD notiert. Die doppelte Last aus gestiegenen Energie- und Rohstoffkosten sowie ein sich verteuernder USD dürfte den leichten Wettbewerbsvorteil aus der generellen EUR-Schwäche überkompensieren. Damit ist die EUR/USD-Parität auch für die exportstarken Europäer kein Grund zur Freude.
¹ https://www.ecb.europa.eu/mopo/eaec/eer/html/index.en.html