04.08.2022 - Die USA befinden sich in einer Rezession, oder doch nicht? Obwohl das Wirtschaftswachstum in den USA zwei Quartale in Folge negativ ausfiel und somit die Definition einer „technischen Rezession“ erfüllt, möchten die FED und das Weiße Haus das Rezessionsgespenst nicht bestätigen.
Sie begründen ihre Entscheidung unter anderem damit, dass der Arbeitsmarkt weiterhin stark sei und beziehen sich auf das Wachstum der Non-Farm Payrolls und des Realeinkommens.
Allerdings handelt es sich bei diesen Kennzahlen um nachlaufende Indikatoren, die den wirtschaftlichen Abschwung in den USA möglicherweise noch nicht erfasst haben. Eine „offizielle“ Rezession könnte in den USA immer wahrscheinlicher werden und die Wirtschaft so sehr abwürgen, dass die FED ihren Zinsanhebungszyklus beenden muss, um diese zu stützen. Die niedrigeren Opportunitätskosten und die womöglich daraus resultierende USD-Schwächung könnten dem Goldpreis Aufwind verschaffen.
In Europa steigt aufgrund der Abhängigkeit von russischen Rohstoffen ebenfalls das Risiko einer tiefen Rezession. Neben einer möglichen Energiekrise, die fatal für die Industrie und Haushalte wäre, trifft die aktuell hohe Inflation Verbraucher mit voller Wucht, während die EZB hilflos agiert. Die Regierungskrise in Italien vollendet das mächtige Risikopaket für Europa.
Im Vergleich zur FED hat die EZB zum einen die Inflation noch nicht annähernd bekämpft und zum anderen die Zinsen noch zu wenig erhöht, um einer wirtschaftlichen Abkühlung mit großen Zinssenkungen zu entgegnen.
Das Risiko einer echten Rezession in Europa und den USA nimmt somit zu. Ein Umfeld in dem Gold historisch betrachtet seine Stärken ausspielen konnte.
Einige Marktteilnehmer haben sich im ersten Halbjahr sicherlich eine bessere Goldperformance gewünscht, dennoch konnte Gold seiner Rolle als sicherer Hafen gerecht werden. Trotz des stärksten USD seit 20 Jahren und weiterem Gegenwind durch gestiegene Opportunitätskosten, blieb Gold in Relation zu anderen Assetklassen stabil.
Mit Blick auf die nahe Zukunft, dürfte Gold aktuell nicht nur als Absicherung interessant sein, sondern durch die letzten Korrekturen auch attraktive Renditechancen mit sich bringen.
Gold profitiert in Zeiten von hoher Inflation und auch wenn diese langfristig wohl nicht auf den aktuellen Niveaus verbleibt, wird sie mittelfristig voraussichtlich dennoch erhöht sein.
Die COVID19-Pandemie und der russische Angriffskrieg zeigten die Fragilität vieler Lieferketten auf und treiben die Deglobalisierung und den Ausbau der erneuerbaren Energien voran (Greenflation). Ein gewisser politischer Wille zu erhöhter Inflation und die Demografie wirken zusätzlich preistreibend.
Aufgrund der möglichen Energiekrise in Europa, hohen geopolitischen Risiken (z.B. Ukraine & Taiwan), gestörten Lieferketten und einer historisch hohen Inflation, kann man also davon ausgehen, dass die Wahrscheinlichkeit einer echten Rezession in den USA und in Europa zunimmt.
Wenn man von einer Rezession ausgeht, lohnt sich der Blick in die Vergangenheit. Seit 1970 konnte Gold in fast jeder der acht Rezessionen seine Stärken ausspielen und somit einen wichtigen Beitrag zur Diversifikation im Portfolio leisten.
Sollten die USA und Europa in eine echte Rezession rutschen, werden die Notenbanken voraussichtlich ihren Zinsanhebungszyklus beenden und zeitnah wieder die Zinsen senken. In der Vergangenheit konnte Gold auch im Anschluss an US-Zinserhöhung überzeugen.
Auch in Zeiten von hoher Inflation oder Stagflation gehörte Gold historisch zu den attraktivsten Anlageklassen.
Nun ist die Vergangenheit natürlich kein Garant für die Zukunft, aber wie sagte Mark Twain so schön:
„History never repeats itself, but it does often rhyme“
Finden Sie hier den Originalartikel mit erläuternden Grafiken.
Quellen: Bloomberg, Goldhub, In Gold We Trust Report, World Gold Council