13.06.2022 -
2022 ist ein außergewöhnlich herausforderndes Jahr. Es ist von einem hohen Maß an Instabilität und Umbrüchen geprägt. Die Weltwirtschaft durchläuft eine schwierige Phase und die Unsicherheit über die zukünftige Wachstumsentwicklung bleibt gegenwärtig bestehen. Ein Bündel von negativen Nachrichten, die die Stimmung der Marktteilnehmer eintrüben.
So ist die Grausamkeit des scheinbar nicht enden wollenden Ukraine-Krieges verstörend. In Asien haben wir es aktuell mit einer harten Gangart der chinesischen Lockdown-Politik zu tun, die den Welthandel ins Stocken bringt. Gleichzeitig sehen wir als Folge mancher Entwicklungen einen über Dekaden nicht gekannten Inflationsschub dies- und jenseits des Atlantiks, der die Zentralbanken zum Handeln zwingt. Doch diese stecken in einem Dilemma. Da sich die Wolken am Konjunkturhimmel verdunkeln, müssen sie mit Zinserhöhungen reagieren, sorgen damit aber für Nervosität an den Märkten. Gleichwohl müssen wir uns verabschieden von den Zeiten, in denen das Preissteigerungsniveau so gering wie in den Jahren nach der Finanzkrise war.
Zum „big picture“ gehört auch, dass der grüne Umbau der Wirtschaft immer mehr an Fahrt aufnimmt und Investitionen erfordert. Alles in Allem ist davon auszugehen, dass diese Hürden und diversen Themen die Märkte noch eine Weile in Atem halten werden.
Globalisierung wird zurückgedrängt
Zahlreiche Unternehmen, die mit Schocks in der Lieferkette zu kämpfen haben, die von der Corona-Pandemie und den Lockdowns, dem Ukraine-Krieg und der steigenden Inflation herrühren, haben mittlerweile reagiert. Sie sind dabei, sich neu zu organisieren und ihre Produktion wieder stärker vor Ort anzusiedeln, um etwaige globale Engpässe zu umschiffen. Dies führt zu mehr Unabhängigkeit.
De-Globalisierung bzw. weniger Globalisierung heißt aber auch, dass die Kostenvorteile internationaler Arbeitsteilung sich verringern. Das führt wiederum zu höheren Preisen und geringerem Wachstum, wobei die Folgen für Länder und Regionen sehr unterschiedlich sein können. Der europäische Kontinent und im Besonderen Deutschland als stark exportorientiertes Land sehen sich hierbei mit größeren Herausforderungen konfrontiert.
Strukturveränderungen als Investmentgelegenheit
Im Zuge der Pandemie hat die Gesellschaft manche gravierende Veränderung erfahren. Neue Formen des alltäglichen und beruflichen Lebens haben sich eingestellt oder krisenbedingt zusätzlichen Auftrieb erhalten. Daher macht es Sinn, sich auf strukturelle Trends zu fokussieren, die langfristig Wachstumschancen bieten und etwaige Rückgänge vergleichsweise gut kompensieren können.
Themen wie die allgegenwärtige Digitalisierung bestimmen das Leben und Verhalten der Menschen. Damit nicht genug. So wird die Mobilität neu gedacht. Die Weiterentwicklung der Elektromobilität mit neuen Funktionalitäten ist ein zentrales Zukunftsthema der (deutschen) Automobilindustrie – ein Beitrag zu mehr Klimaschutz und weniger Abhängigkeit von fossilen Energieträgern. Mit Erfolg, denn die wachsende Akzeptanz in der Bevölkerung spiegelt sich in den Neuzulassungszahlen elektrisch betriebener Fahrzeuge in den letzten Jahren wider. Insgesamt stieg die Zahl der elektrisch angetriebenen Pkw laut Statista im Jahr 2021 über die Marke von einer Million. Der Marktanteil von Elektrofahrzeugen ist gemessen an den gesamten Neuzulassungen auf ein Viertel gestiegen. Übrigens werden nirgendwo so viele Elektroautos produziert und zugelassen wie in China.
Ein zweites Beispiel: Die Europäische Kommission hat jüngst den REPowerEU-Plan zur Umgestaltung des europäischen Energiesystems vorgestellt. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wies auf die Unabdingbarkeit massiver Investitionen und Reformen hin. Der REPowerEU-Plan soll die Einführung erneuerbarer Energien als Ersatz für fossile Brennstoffe forcieren. Weitere strukturelle Megatrends sind Cloud-Computing – oder wie man vom Wachstum der Datenmengen profitieren kann (Daten als neue Rohstoffe) – und der E-Commerce-Boom im Bereich Sportausstattung. Gemeinsam haben diese Trends, dass sie sich losgelöst von volkswirtschaftlichen Entwicklungen vollziehen und langfristiger Natur sind.
Die Musik spielt in Asien
Trends zu erkennen, ist eine Sache – doch wer sind die Profiteure auf Unternehmensseite bzw. wo sind sie regional beheimatet? Die Vereinigten Staaten haben Trends und Innovationen während der letzten Jahrzehnte maßgeblich vorangetrieben und Regeln aufgestellt. Der asiatische Kontinent, China in besonderer Weise, versucht das jetzt auch und gibt mächtig Gas. Neuheiten finden sich nun oft in Asien, wo viel mehr Innovationsgeist herrscht als in weiten Teilen der westlichen Welt.
So investiert China massiv in den Aufbau von Ladeinfrastruktur für Elektroautos. Gleichzeitig gewinnen Batteriehersteller in der E-Mobilität weltweit immer mehr an Bedeutung. Zulieferer bekommen mehr Macht. Dabei sind die wichtigsten Lieferanten von Batterien für Elektroautos in Asien angesiedelt. Mit Ausnahme von Tesla kommen die größten Hersteller von Batteriezellen für Elektrofahrzeuge allesamt aus Ostasien und halten einen Weltmarktanteil von mehr als 90 Prozent.
Insgesamt lässt die Energiewende insbesondere den Hunger nach entsprechenden Halbleiterprodukten weiter steigen. Davon profitieren asiatische Unternehmen wegen ihrer dominierenden Marktmacht in besonderem Maße. Asien gräbt somit sozusagen Europa, aber auch zunehmend den USA, das Wasser ab und wird tonabgebend. Nicht überraschend haben die chinesischen Ausgaben für Forschung und Entwicklung (F&E) im vergangenen Jahr einen neuen Höchststand erreicht.
Bis dato spiegelt sich der Bedeutungszuwachs Asiens auf dem internationalen Kapitalmarkt nur unzureichend wider. Verhältnismäßig wenig Asien steckt beispielsweise im MSCI World. Insofern lohnt es sich, über eine Re-Allokation in Richtung Asien nachzudenken – und das nachhaltig.
Zwar bremst die chinesische Wirtschaft derzeit infolge der Lockdowns scharf ab. Doch die Machthaber in Peking werden nicht tatenlos zusehen. Es steht sinnbildlich zu viel auf dem Spiel. Umfangreiche fiskalische Stimuli sollten folgen, und die chinesische Zentralbank kann und wird ihre Geldpolitik im Gegensatz zu vielen anderen Industriestaaten wohl weiter lockern. Das wiederum könnte die Wirtschaft ankurbeln – mit den entsprechenden positiven Wirkungen für das globale Wachstum. Zudem sind wir der Ansicht, dass bereits viele negative Nachrichten im Aktienmarkt eingepreist sind und damit folglich ein günstiger Einstiegszeitpunkt gegeben ist.
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