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Marktkommentar

Bruno Cavalier (ODDO BHF): Zentralbanker am Pranger?

© ODDO BHF

11.05.2022 -

  • Die Notenbanken sind ihrer Aufgabe, eine stabile und niedrige Inflation zu gewährleisten, nicht gerecht geworden. Das ist nicht allein ihre Schuld.
  • Zur Eindämmung der Inflation haben die Währungshüter weltweit ihre Geldpolitik gestrafft. Dies wird das Zinsregime grundlegend verändern. 

Innerhalb von rund 15 Jahren sind die Notenbanker von Halbgöttern, die das Gespenst der Inflation ein für alle Mal gebannt zu haben schienen, zu Mitschuldigen am größten Preisanstieg seit den 1970er Jahren geworden.  

Wie konnte es dazu kommen? Und welche Auswirkungen hat das auf die Geldpolitik?  

In den USA, Europa und einigen anderen Ländern haben die Regierungen den Notenbanken eine zentrale Aufgabe übertragen: sicherzustellen, dass die Inflation nicht zu stark von einem Anstieg um 2% pro Jahr abweicht. Dies bezeichnet man fälschlicherweise als Preisstabilität. Diese Idee war einfach, aber auf den ersten Blick einleuchtend. Um zu verhindern, dass eine Regierung die Geldpolitik zu ihren Gunsten verändert, wird diese Rolle an eine unabhängige Einrichtung übertragen, die über ihre Tätigkeit Rechenschaft ablegen muss. Es schien ein ausgesprochen erfolgreiches System zu sein. In den G7-Staaten lag die Inflation von Mitte der 1980er bis Mitte der 1990er Jahre im Durchschnitt bei 3,3% pro Jahr und sank bis 2008 sogar auf ungefähr 2%. Alan Greenspan, Chef der US-Notenbank während dieser bemerkenswerten Phase, brachte dies den Spitznamen „Maestro“ ein. Durch eine stabile, niedrige Inflation schaltete  man einen Faktor für Konjunkturschwankungen aus – ein wichtiger Pluspunkt für die Entscheidungen von Privathaushalten und Unternehmen. 

Die globale Finanzkrise hat dieses System auf den Kopf gestellt. Im darauffolgenden Jahrzehnt kehrte das Problem der Inflation wieder, allerdings in untypischer Form: Die Inflation war zu niedrig (2009 bis 2019 durchschnittlich 1,3% in den G7-Staaten) und bewegte sich manchmal gar am Rande einer Deflation (fallende Preise). Als Gegenreaktion experimentierten die Notenbanken mit unkonventionellen Maßnahmen, wie etwa der Senkung der Leitzinsen auf oder sogar unter Null und dem Ankauf von Anleihen in Milliardenhöhe in US-Dollar oder Euro. 

Bei Ausbruch der Pandemie hatten die Notenbanken bereits alle Instrumente zur Hand, um eine anhaltende Depression abzuwenden. Sie reagierten blitzschnell, um zu verhindern, dass den Kapitalmärkten die Liquidität ausging. Die Leitzinsen wurden abermals auf Tiefstwerte gesenkt, und die Anleihekaufprogramme wieder aufgenommen. Gleichzeitig legten Regierungen die größten Konjunkturprogramme der Geschichte auf, um die Wirtschaft zu stützen. Der Erfolg übertraf alle Erwartungen.

Der derzeitige Inflationsschub ist zum Teil eine Folge der 2020 begonnenen Konjunkturpolitik. Hätte man die Konjunkturhilfen kleiner dimensionieren oder zumindest früher zurück-fahren sollen? Möglicherweise wäre dies richtig gewesen, aber man kann das Rad nicht zurück-drehen. Wenn die US-Notenbank oder die EZB ihre Geldpolitik im Frühjahr 2021 gestrafft hätten, anstatt bis zum Frühjahr 2022 zu warten, hätte man ihnen vorgeworfen, die Erholung der Wirtschaft zu sabotieren.

Auch die zahllosen Störungen in den globalen Lieferketten haben ihren Anteil am Inflations-schock. Dafür sind die Notenbanker nicht verant-wortlich zu machen. Die wiederholten Lockdowns in China konnten sie genau so wenig vorhersehen, wie den Einmarsch Russlands in die Ukraine. 

Was tun?

Mit Ausnahme der chinesischen haben fast alle Notenbanken bereits eine Straffung der Geldpolitik eingeleitet oder bereiten diese vor. Wir gehen davon aus, dass sich der Leitzins weltweit künftig wieder auf dem Niveau von Ende 2019, also kurz vor Ausbruch der Pandemie, einpendeln wird (Grafik). Da die Inflation deutlich höher als vorher ist, wird sich die Straffung verstärken. Es geht jetzt weniger darum, die aktuelle Inflation zu beeinflussen, als vielmehr die Inflationserwartungen zu dämpfen.

Die EZB verdient eine besondere Erwähnung: zwar stehen alle Notenbanken vor demselben Dilemma, die Inflation zu bekämpfen und gleichzeitig eine erneute Rezession zu vermeiden. Im Euroraum gestaltet sich diese Aufgabe jedoch besonders schwierig. 

Zudem leiden die Geschäftsaussichten dort stärker als anderswo unter dem Krieg in der Ukraine. Die Abhängigkeit Europas von Gas, Öl und anderen Importen aus Russland macht die Region besonders verwundbar. Am stärksten gefährdet ist der Industriesektor, was besonders die deutsche Wirtschaft schwächt. Der IWF senkte zwischen Januar und April 2022 seine Wachstumsprognose für die USA um 0,3, für Frankreich um 0,6, für Italien um 1,5 und für Deutschland um 1,7 Prozentpunkte. 

Darüber hinaus ist die Inflation im Euroraum zu einem sehr großen Teil die Folge der Energiekrise. Die Geldpolitik hat kurzfristig keinen Einfluss auf die Energienachfrage. Im Gegensatz zu den USA kann man nicht sagen, dass die Nachfrage in Europa übermäßig hoch ist und unverzüglich gedrosselt werden müsste. Der Inflationsschock schmälert die Kaufkraft der Privathaushalte und führt zur Einschränkung des Konsums. 

Unabhängig von den Risiken einer geldpolitischen Straffung ist es offensichtlich, dass die Geduld der EZB am Ende ist. Die jüngsten Äußerungen von Mitgliedern des EZB-Rats lassen erahnen, dass eine Anhebung der Leitzinsen bevorsteht. Viele erwarten sie für Juli 2022. Zur Erinnerung: Auch 2008 und 2011 hatte die EZB die Leitzinsen im Juli angehoben. Ein schlechtes Omen?


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