09.05.2022 - Seit gut 2 Jahren Corona-Pandemie, seit 2,5 Monaten Ukraine-Krieg, steigende Energiepreise, steigende Preise für Industriegüter, steigende Nahrungsmittelpreise, drohende Nahrungsmittelknappheit in ärmeren Ländern, Inflation und jetzt auch noch Zinserhöhungen?
Ist es sinnvoll, eine nicht durch hohe Nachfrage, sondern durch ein knappes Angebot verursachte Inflation mit Zinserhöhungen zu bekämpfen? Ist das möglich, ohne das ohnehin schon geschwächte Wirtschaftswachstum weiter zu beeinträchtigen? Und welche Auswirkungen haben Zinserhöhungen oder auch nur die Erwartung von Zinserhöhungen auf die Kapitalmarkte, die Immobilienkredite und die produzierende Wirtschaft?
Der Leitzins ist DAS Instrument der Notenbanken wie der Federal Reserve (Fed) in den USA oder der Europäischen Zentralbank (EZB), um die Geldmenge zu beeinflussen. So sollen die Notenbanken indirekt auch die Teuerungsrate der Verbraucherpreise (Inflation) steuern können. In den Jahren nach der Finanzkrise haben Fed und EZB den Leitzins immer weiter gesenkt, zuletzt bis auf null. Zusätzlich haben die Notenbanken Staatsanleihen angekauft. Die EZB kaufte indirekt auch Staatsanleihen hochverschuldeter EU Länder - und gab diesen so die Möglichkeit, sich preiswert am Kapitalmarkt zu refinanzieren. Die Notenbanken gaben damit viel günstiges Geld in den Markt, mit dem Ziel, die Wirtschaft am Laufen zu halten - und im Falle der EZB die Eurozone zusammenzuhalten. Auf dem Höhepunkt der Staatsschuldenkrise 2012 verkündete der damalige EZB-Chef Mario Draghi etwa, er werde „alles tun, um den Euro zu retten."
Angesichts einer Inflationsrate im Marz 2022 von 7,5 % in der Eurozone und 8,5 % in den USA nimmt der Druck auf die Notenbanken zu, die Geldentwertung zu stoppen. Das Mittel der Wahl wäre - nach der reinen Lehre - eine Leitzinserhöhung. Die Fed ist mit einer Erhöhung um 0,25 % im Marz gestartet. und auf ihrer letzten Sitzung Anfang Mai hat sie den Leitzins um einen großen Zinsschritt von 50 Basispunkten angehoben. Auch für die folgenden Sitzungen im Juni und Juli werden große Zinsschritte eingepreist, so dass der Leitzins der USA in drei Monaten bereits bei 1,75 - 2,0% stehen könnte. Bis Jahresende könnten es sogar 2,5 - 2,75 % sein.
Und was macht die EZB? Der Druck auf die Europäische Zentralbank etwas gegen die historisch hohen Inflationsraten zu unternehmen, ist deutlich gestiegen. So hält etwa Osterreichs Notenbankchef Robert Holzmann ein Ende der Nullzinspolitik der EZB bereits im Spätsommer für möglich. Auch aus Sicht von Bundesbank-Präsident Joachim Nagel könnte die EZB womöglich schon rasch die Zinswende einleiten.
Der Sparer wird sich aber nicht über steigende Zinsen freuen können, denn die Zinsen dürften die hohen Inflationsraten über einen absehbar langen Zeitraum hinweg nicht kompensieren können. Der Realzins, also der Nominalzins abzüglich der Inflationsrate, dürfte auch weiterhin im negativen Bereich verharren.
Die steigenden Zinsen haben in den letzten 4 Monaten zu deutlichen Kursverlusten bei den vermeintlich sicheren Anleihen geführt.
Die gestiegenen Zinsen dürften auch so manchen Immobilientraum platzen lassen. Die Hypothekenzinsen für ein Darlehen mit einer Laufzeit von zehn Jahren sind von unter 1,0 % in 2021 auf nunmehr deutlich über 2,0 % emporgeschnellt. Die Zinswende, die die EZB faktisch noch vollziehen muss, ist bei den Bundesbürgern längst angekommen. Die Rendite der 10-jahrigen deutschen Bundesanleihe ist - mit entsprechenden Auswirkungen auf die langfristigen Darlehenszinsen - von -0,46 % im August 2021 auf +0,94 % im April 2022 gestiegen.
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