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Marktkommentar

Prof. Dr. Jan Viebig (Oddo BHF): Inflation - EZB muss Prognose aufwärts revidieren

© Oddo BHF Asset Management

21.11.2021 -

Mitte Dezember werden die Mitglieder des Rates der Europäischen Zentralbank (EZB) zu ihrem letzten Treffen des Jahres zusammenkommen. Es dürfte kaum ein Zweifel bestehen, dass die Inflationsprognosen des EZB-Stabes, auf die die Notenbanker ihre geldpolitischen Überlegungen und Entscheidungen stützen, merklich nach oben revidiert werden müssen. Die EZB erwartet derzeit, dass die Inflation nur durch temporäre Faktoren verursacht wird und die Verbraucherpreise im Jahr 2022 nur um 1,7% und im Jahr 2023 um 1,5% steigen werden. Es besteht die Gefahr, dass der Preisauftrieb länger anhalten und die Inflation im Jahr 2022 deutlich über der Marke von 2% liegen wird, die die EZB mit ihrer Geldpolitik mittelfristig anstrebt. Eine hohe Nachfrage trifft auf ein begrenztes Angebot, die Preise steigen. Der Druck auf die EZB nimmt zu, die Inflationsprognosen anzupassen angesichts des Nachfragesogs und des Kostendrucks in der Wirtschaft.

Die EZB scheint allerdings an ihrer Einschätzung festzuhalten, dass die deutliche Beschleunigung der Inflation auf aktuell über 4% eine vorübergehende Erscheinung ist. Für die EZB sind es vor allem einmalige Faktoren (insb. der rasche Wiederanstieg des Ölpreises von den Tiefständen des Jahres 2020) und eine Verknappung des Angebots infolge von Produktionsausfällen und Lieferengpässen, die für den Preisschub verantwortlich sind. Anders vielleicht als in den USA spielt die Nachfrage nach Einschätzung der EZB keine besondere Rolle. In den Worten von Christine Lagarde: “…der Euroraum erlebt eine starke Aufholbewegung der Nachfrage, aber wir sehen keine Überschussnachfrage. Die gesamtwirtschaftliche Nachfrage ist aktuell niedriger als vor der Krise“ 1).

Die Grundannahme der EZB-Verantwortlichen ist, dass die Output-Lücke und entsprechend auch eine disinflationäre Grundtendenz in Europa fortbestehen. Diese Sicht spiegelt sich in den längerfristigen Inflationsprognosen.  Die Schlussfolgerung der EZB ist, dass die Notenbank Geduld und Beharrlichkeit zeigen muss: Auf kurzfristige und vor allem angebotsseitige Preissteigerungen mit einer Straffung der Geldpolitik zu reagieren, würde die ohnehin unzureichende Nachfrage zusätzlich bremsen und die wachstumsdämpfende Wirkung der Kaufkraftverluste noch verstärken. Die Devise lautet also: Füße stillhalten.

Doch so eindeutig ist die Sache vermutlich nicht mehr. Der Preisschub bei Haushaltsenergie (Gas, Strom) beispielsweise arbeitet sich nur langsam bis zum Verbraucher vor. In Deutschland, wo längerfristige Verträge typisch sind, dürften die Preisanpassungen noch eine ganze Zeit andauern und die Preisstatistik beeinflussen. Es gibt auch keine Garantie dafür, dass die Knappheit beispielsweise von Halbleitern rasch überwunden wird.

Eine entscheidende Frage ist, inwieweit die Preiserhöhungen von Lohnsteigerungen begleitet werden. Die EZB weist zu Recht darauf hin, dass sich die Lohnentwicklung, insbesondere auch die der Tariflöhne, über die vergangenen Quartale verlangsamt hat. Darin spiegeln sich die Corona-Krise und ihre wirtschaftlichen Risiken. Ob das allerdings auch für die Zukunft gilt, ist angesichts der steigenden Preise unsicher. Es ist eine pikante Geschichte, dass ausgerechnet die Arbeitnehmervertretung der EZB-Mitarbeiter in diesen Tagen mit der Forderung nach einem Ausgleich für die hohe Inflation in Deutschland an die Öffentlichkeit gegangen ist. Es ist aber auch eine Warnung, dass die Gewerkschaften die merklichen Reallohneinbußen nicht einfach schlucken werden. Vor allem dann nicht, wenn die Preisdynamik auch im nächsten Jahr überdurchschnittlich hoch bleiben sollte.

Nicht hilfreich ist aus diesem Blickwinkel die von der Ampel ausgehandelte Anhebung des Mindestlohns in Deutschland um 25 Prozent auf 12 Euro pro Stunde, vor allem, wenn diese Anhebung in einem Schritt erfolgen sollte. Schätzungen besagen, dass die Regelung rund 2 Millionen Arbeitnehmer begünstigt. Hinzu kommt, dass die Mindestlohnüberlegungen möglicherweise weitere Bewegung in die Tarife der angrenzenden niedrigen Lohngruppen bringen könnte.    

Welche Risiken gehen von der massiven Ausweitung der Liquidität beispielsweise durch die Anleihekäufe der EZB aus? Auf kurze Sicht ist die Gefahr vermutlich gering. Die Liquidität staut sich zurzeit in den Bilanzen der Banken als (meist ungeliebte) Guthaben der Banken bei der Notenbank. Die Banken als Gruppe können die Gesamthöhe der Guthaben prinzipiell nicht beeinflussen. Zu einer Bedrohung der Preisstabilität könnte diese Liquidität vor allem dann werden, wenn sich das Kreditwachstum nachhaltig beschleunigen und dadurch Geld in den Händen des Publikums geschaffen würde, das der Finanzierung von neuen Ausgaben dient. Das Geld- und Kreditwachstum allerdings hat sich nach den Schüben des letzten Jahres und trotz des niedrigen Zinsniveaus merklich beruhigt.  

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Inflationsraten im Euroraum im nächsten Jahr vermutlich sinken werden, dass der Rückgang aber geringer ausfallen könnte als von der EZB erhofft. Das Risiko ist derzeit hoch, dass die EZB ihre Inflationserwartungen nach oben anpassen muss. Auch wenn die Lohnentwicklung aktuell moderat ist, dürften Inflationsraten merklich oberhalb des Inflationsziels der EZB die Gewerkschaften auf den Plan rufen. Die Geldpolitik sollte vorsichtiger werden. Mit der Entscheidung, die Anleihekäufe im Rahmen des Pandemie-Notfallprogramms (PEPP) auslaufen zu lassen, kann die EZB ein erstes Signal setzen, dass sie die Inflationsrisiken ernst nimmt.


1) Christine Lagarde, Commitment and Persistence: Monetary Policy in the economic recovery, 19. November 2021  



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