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Marktkommentar

Dr. Holger Schmieding (Berenberg): Klimaschutz - aber richtig!

© Berenberg

28.10.2021 -

Die Zeit drängt. Spätestens Ende November soll der Koalitionsvertrag stehen, der Deutschland auf den Weg zur Klimaneutralität führen soll. Für unser reiches und innovationsstarkes Land strebt die Ampel eine Vorreiterrolle an. Das ist gut so. In der Diskussion spielt allerdings der Beitrag, den wir tatsächlich zum Schutz des Weltklimas leisten können, bisher nur eine Nebenrolle.  

Deutschland und Europa gehörten einst zu den größten Klimasündern. Noch 1990 war die Europäische Union einschließlich der späteren Beitrittsländer und Großbritanniens bei Treibhausgasen kurz hinter den USA die Nummer zwei. Aber bis 2019 ist der Ausstoß des alten Kontinents bereits um 25% zurückgegangen, während er in den USA nahezu unverändert geblieben ist. Dagegen belasten China, Indien und Brasilien, die 1990 zusammen für weniger Emissionen verantwortlich waren als die EU, die Atmosphäre mittlerweile nahezu viermal so viel wie damals. Deutschland selbst trägt nur 2% zum globalen Ausstoß von Klimagasen bei.  

Klima kennt keine Grenzen. Viel wichtiger für das Klima in der Welt – und damit auch bei uns – ist es deshalb, dass an- dere Länder und vor allem die besonders schmutzigen Schwellenländer sauberer werden. Einen kleinen Beitrag können wir dazu leisten, indem wir in Einzelfällen den Klimaschutz vor Ort subventionieren, beispielsweise durch Projekte zum Schutz des Regenwaldes und Fördergelder für saubere Kraftwerke in Indien und noch ärmeren Schwellenländern. Auch mit einer – möglichst mit den USA und anderen Industriestaaten abgestimmten – Grenzausgleichsabgabe auf die Einfuhr klimaschädlich hergestellter Güter kann die EU andernorts einen Anreiz zu einer klimaschonenden Produktion geben.

Aber noch wichtiger ist, dass der Möchtegern-Vorreiter Deutschland als Vorbild taugt. Nur wenn wir der Welt vorführen, dass der klimafreundliche Wandel bei uns mit wachsendem Wohlstand einhergeht, werden andere und überwiegend weit ärmere Länder uns nacheifern wollen. Wenn wir dagegen unsere Wirtschaft übermäßig belasten und neben Wohlstandseinbußen obendrein schärfere soziale und politische Spannungen heraufbeschwören, würde unser Ehrgeiz eher als abschreckendes Beispiel dienen.  

Unsere teils verkorkste Energiewende sollte uns dabei eine Mahnung sein. Bereits mit dem hastigen Atomausstieg hat sich Deutschland international isoliert. Auch unsere Förderung erneuerbarer Energien hat zwar einige beeindruckende Ergebnisse erzielt. Aber die Strompreise für Haushalte lagen im zweiten Halbjahr 2020 um 41% über dem EU- Durchschnitt. Deshalb gilt die deutsche Energiewende international nicht als Vorbild, sondern eher als das Gegenteil.  

Natürlich sollte Deutschland alle Verpflichtungen einhalten und gerne noch übertreffen, die es international und in der EU zum Klimaschutz eingegangen ist. Kurz vor der Wahl haben die Parteien der alten Merkel-Koalition die nationalen Vorgaben im Hauruckverfahren noch einmal verschärft. Statt gemäß dem EU-Ziel bis 2030 mindestens 55% der Emissionen gegenüber 1990 einzusparen, hat Deutschland jetzt 65% ins nationale Gesetzbuch geschrieben. Das ist löblich. Aber wichtiger als ein besonders harter Zielwert ist die Art, wie wir es angehen. Ein „koste es, was es wolle“, um das nationale Ziel zu erreichen, könnte dem Weltklima und uns sogar schaden. Ob wir 65% oder vielleicht nur 62% schaffen, wird die Klimapolitik in den großen Verschmutzerländern weit weniger prägen als die Frage, ob sie Deutschland als Erfolgsbeispiel wahrnehmen.

Als erstes sollten sich die künftigen Koalitionäre von der im Wahlkampf genährten Illusion verabschieden, Klimaschutz sei kostenlos. Nein. Bisher haben wir die Atmosphäre als nahezu kostenfreie Müllhalde für schädliche Gase missbraucht. Dies einzustellen kostet knappe Ressourcen. Es schränkt den gesamtwirtschaftlichen Verteilungsspielraum ähnlich ein wie ein Anstieg der Preise für importierte Rohstoffe. Der häufige Hinweis, Investitionen in den Klimaschutz würden doch Arbeitsplätze schaffen, ist zunächst nur eine Milch- mädchenrechnung. Eingesetzt für andere Investitionen hätte das Geld sonst andere Arbeitsplätze geschaffen.

Richtig ist dagegen, dass wir durch eine sachgerechte Wahl der Mittel die direkten Kosten des Klimaschutzes eingrenzen können. Zudem können wir uns mit klug gesetzten Anreizen für Forschung und Investitionen einen technologischen Vorsprung erarbeiten, mit dem wir dann auf Dauer unsere Export- und Wirtschaftskraft sichern und stärken könnten. Und natürlich würden wir durch weniger Abgase unsere Atemluft und damit unsere Gesundheit verbessern, auch wenn der direkte Einfluss auf das Weltklima gering bliebe.  

Aus diesen Überlegungen lassen sich sechs Grundsätze ableiten:  

Erstens: Je mehr die Möchtegern-Koalitionäre sich darauf verständigen, den Schadstoffausstoß mit geringstmöglichen Kosten zu reduzieren, desto leichter können sie auch ambitionierte Ziele anstreben. Deshalb müssen wir vor allem breit eingesetzte marktwirtschaftliche Instrumente nutzen und reine Verbote so weit wie möglich vermeiden.  

Zweitens: Der europäische Emissionshandel hat sich nach einigen Anlaufschwierigkeiten bewährt. Ganz ohne direkte Vorgabe könnte er dazu führen, dass die letzten Kohlekraftwerke bei uns tatsächlich etwa 2030 vom Netz gehen. Den Emissionshandel auf EU- und nationaler Ebene auf immer weitere Bereiche auszudehnen, sollte eine Priorität sein. Dies ist letztlich wichtiger als der genaue Preis und die Menge der Zertifikate. Denn eine sektorübergreifende Lösung ermöglicht, dass dort eingespart wird, wo es relativ günstig ist. Je mehr Länder einbezogen werden können, möglichst auch jenseits der EU, desto besser.

Dazu gehört auch, die Subventionen und Ausnahmen für besonders dreckige oder energieintensive Bereiche schrittweise abzubauen. Wenn daraufhin einige Unternehmen mit hohem Strombedarf an Standorte abwandern, an denen grüner Strom besser produziert werden kann als bei uns, dann wäre das nur gut so. Strukturwandel ist immer Teil des Fortschritts. Angesichts eines sich künftig aus demographischen Gründen noch verschärfenden Facharbeitermangels ließen sich die sozialen Folgen leichter auffangen als früher.  

Drittens müssten höhere Preise für den Schadstoffausstoß einhergehen mit einem Grenzausgleich für dreckig herge- stellte Einfuhren, um ein bloßes Verlagern der Emissionen ins Ausland zu unterbinden.

Viertens lassen sich auch Subventionen für den Übergang zu sauberen Technologien einsetzen. Anders als die Herausgabe kostenpflichtiger Verschmutzungsrechte belasten sie zwar den Staatshaushalt. Dafür entlasten sie jedoch Unternehmen und deren Kunden, die daraufhin an anderer Stelle durch einen Abbau von Steuerprivilegien etwas mehr in Anspruch genommen werden können, ohne dass dies der Gesamtwirtschaft schadet.  

Fünftens ist bei Subventionen zu beachten, dass sie oft ein Eigenleben führen. Sie sind der Traum der Lobbyisten. Anders als breit aufgestellte Preise für den Schadstoffausstoß sollten Subventionen zielgenau eingesetzt werden mit einem vorab gesetzlich festgelegten Fahrplan zu ihrem Abbau. Mit sogenannten „Differenzverträgen“ kann der Staat den Umstieg auf saubere Produktionsmethoden zwar bezuschussen. Aber er sollte nicht die vollen Kosten übernehmen. Solche Verträge sollten zudem im Zeitablauf weniger großzügig werden, damit Unternehmen möglichst bald zugreifen.  

Sechstens müssen die Regeln ebenso wie die Förderung der Forschung technologieoffen bleiben.

Zum Glück hat sich mittlerweile herumgesprochen, dass wir für die Klima- und Mobilitätswende wesentlich mehr Strom brauchen als zuvor, der zudem schadstoffarm produziert werden und dort verfügbar sein muss, wo er gebraucht wird. Mit der Absicht, die Zeit für Planungs- und Genehmigungsverfahren für Investitionen mindestens zu halbieren, haben die Sondierer der Ampel bereits ein wichtiges Signal gesandt. Die SPD ist stark im öffentlichen Dienst verankert, die Grünen sind teils aus investitionsfeindlichen Bürgerinitiativen entstanden. Wenn SPD und Grüne tatsächlich Verfahren beschleunigen wollen und dies gegenüber ihrer eigenen Basis durchsetzen, wäre das wirklich vorbildlich.


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