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Interview

Maximilian-Benedikt Köhn (DJE): Gesundheitswesen

© DJE Kapital AG

07.09.2021 - Das als krisenresistent geltende Gesundheitswesen hat besonders unter der Corona-Pandemie gelitten. Jetzt werden viele aufgeschobene Operationen und Arztbesucher nachgeholt. Im Interview geht Maximilian Köhn, Fondsmanager des DJE – Europa, auf die Chancen ein, die sich in dem Sektor jetzt bieten und beleuchtet dessen zukünftige Aussichten.

Das Gesundheitswesen steht seit Corona zunehmend im Rampenlicht. Was sollten Investoren über die längerfristigen Perspektiven dieses Sektors wissen?

Die Pandemie führt uns vor Augen, wie wichtig Prophylaxe, Diagnose und Therapie von Krankheiten sind. Mit „uns“ meine ich nicht nur das einzelne Individuum, sondern die ganze Gesellschaft – und das dürfte wirtschaftlich erhebliche Auswirkungen haben. Die Sensibilität für Gesundheitsfragen wird zunehmen, nicht nur individuell, sondern auch beim Staat und bei den Kostenträgern. Diese werden ihren Fokus aus eigenem Interesse stärker darauf ausrichten, da die Bevölkerung immer älter und damit anfälliger für Krankheiten wird. Gleichzeitig weisen viele Unternehmen aus dem Sektor eine gesunde Bilanz auf. Aber die Gesundheitsbranche ist sehr facettenreich: Von großen Pharmaunternehmen als Dividendenaristokraten über stark wachsende Medizintechnik-Unternehmen bis hin zu hoch innovativen, aber noch nicht gewinnbringenden Biotechunternehmen ist alles vorhanden.

Im Vergleich zu Biotech oder Medtech kommt die Pharmabranche auf deutlich niedrigere Wachstumsraten. Ist dieser Umstand bereits in den Aktienbewertungen eingepreist?

Im Prinzip ja, aber man sollte nicht alle Pharmaunternehmen über einen Kamm scheren. Es gibt durchaus Pharmatitel, die zweistellig wachsen. Deren Aktienbewertung ist vergleichbar mit Firmen aus der Lifescience- oder Biotech-Sparte. Zudem gibt es einige Pharmakonzerne, die sogar noch innovativer sind als manche Biotech-Firmen. Dies ist aber von außen nicht unbedingt sofort erkennbar, da der Fokus auf bereits bestehenden Produkten und deren Relevanz für Umsatz und Gewinn liegt. Spätestens mit Wegfall des Patenschutzes rückt dann die Frage der Produktpipeline in den Vordergrund der Anlegersicht – gut, wer sich hier schon vorab ein Urteil bilden konnte. Eine eingehende Analyse der Unternehmen und regelmäßige Gespräche mit dem Management sind daher von Vorteil.

Im Corona-Einschnitt wurden viele Arztbesuche und Operationen aufgeschoben. Kann die Pharmabranche jetzt von Nachholeffekten profitieren?

Viele Pharmawerte sind nach wie vor nicht auf dem Vor-Corona-Niveau. Aber auch hier bestehen in Abhängigkeit von Pandemie- und Impf-Verlauf zum Teil erhebliche länderspezifische Unterschiede. Besonders Unternehmen mit Fokus auf Onkologie haben weiterhin mit den Pandemiefolgen zu kämpfen. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei Firmen, die ihren Schwerpunkt auf Hepatitis-C haben. Auch hier wird die Erholung etwas länger dauern und nicht schlagartig zurückkommen. Dennoch können wir davon ausgehen, dass die gesamte Branche von einem besonderen Nachholeffekt profitieren wird, weil das Vorjahr so stark von Corona belastet war, eben durch die Lockdowns und die ausgebliebenen und aufgeschobenen Krankenhaus- und Arztbesuche.

Können Sie uns darlegen, wo auch jenseits der Pandemiebekämpfung Chancen im Gesundheitssektor liegen, die der Kapitalmarkt mitunter nach der Corona-Euphorie gerade neu bewertet?

Die Aufgeschlossenheit, neue oder ergänzende Therapieansätze gegen chronische Krankheiten (maligne Tumore, Diabetes, Adipositas, Alzheimer) zu erforschen und dann zu behandeln, wird zunehmen. Vor diesem Hintergrund kann ich mir gut vorstellen, dass auch die Risikobereitschaft gegenüber Zulassungen diagnostischer oder therapeutischer Maßnahmen zunehmen wird. So wurden z.B. die Covid-Schutzimpfungen in Rekordzeit entwickelt und mit der notwendigen Studienevidenz zugelassen. Und das, obwohl ein normales Vakzin bislang gerne mal über 10 Jahre bis zur endgültigen Zulassung gebraucht hat. Es gibt auch Risiken, etwa eine stärkere staatlich dirigistische Einflussnahme. Dies hat die letztlich innovationsfeindliche Diskussion um den Patentschutz deutlich gemacht. Dennoch zeigt die weltweite Pandemie, wie wichtig innovative Biotechunternehmen oder auch Diagnostika sind. Dies sollte auch in den Aktienkursen berücksichtigt werden.

Was unterscheidet das Gesundheitswesen aus Anlegersicht von anderen Branchen? Welche Vorteile ergeben sich daraus für Investoren?

Gesundheit und alle damit verbundene Themenfelder gehören wie kaum ein anderer Bereich zur Menschheitsgeschichte und werden es auch bleiben. Prophylaxe und Therapie von Krankheiten werden auch in 100 Jahren ein wichtiges Thema sein, auch wenn die Krankheiten vielleicht andere sein werden. Gleichzeitig geht es im Gesundheitssektor - wie eingangs erwähnt – um viele verschiedene Themenfelder. Daher gibt es diverse Anlagemöglichkeiten für Investoren, auch in Abhängigkeit von der Risikobereitschaft.

Die „Alleskönner“ oder die Nischenspezialisten – welches Geschäftsmodell schafft mehr Wert für Investoren?

Wir setzen grundsätzlich auf den Innovator, der in aller Regel auch der Marktführer in den einzelnen Segmenten ist. Dies gilt für alle gleich – sei es Onkologie, Diabetes oder auch Hepatitis. Den klassischen Alleskönner gibt es kaum noch, denn viele Unternehmen haben in der Vergangenheit versucht, ihr Portfolio zu spezialisieren. Die großen Healthcare-Konglomerate sind ein Beispiel dafür. Der Trend der letzten Jahre geht weg vom breiten Produktangebot. Einzelne Teilbereiche werden bereits wieder abgespalten oder gar verkauft. Da Konglomerate oftmals mit einem hohen Abschlag an der Börse bewertet werden, können Anleger von dieser Entwicklung profitieren.

Welche Themen halten Sie in der Zukunft für aussichtsreich?

Ich würde zwei Themen hervorheben: Erstmals seit fast zwei Jahrzehnten wurde in den USA ein neues Medikament gegen Alzheimer zugelassen. Der Markt ist sehr groß und bislang kaum bedient. Die WHO schätzt, dass weltweit über 50 Mio. Menschen an Demenz erkrankt sind. Alzheimer ist eine der häufigsten Demenzkrankheiten (ca. 65%). Es bleibt abzuwarten, ob nach dieser Zulassung nun weitere Wettbewerber mit Präparaten auf den Markt kommen werden.

Auch das Thema Übergewicht (Adipositas) ist weit verbreitet. Weltweit leiden über 650 Mio. Menschen daran. Noch hat sich kaum jemand diesem Markt gewidmet, und nur 2% aller übergewichtigen Menschen werden medikamentös behandelt. Es gibt aktuell auch kaum zugelassene Produkte, und gleichzeitig wird der Markt von Selbstzahlern dominiert. Für die Pharmaunternehmen ist dieses Szenario äußerst lukrativ. Die WHO hat Adipositas unlängst als chronische Erkrankung eingestuft. Wenn man bedenkt, dass Übergewicht Begleit- und Folgeerkrankungen auslösen kann, etwa Bluthochdruck, Diabetes oder Herzinfarkte, die erhebliche Kosten verursachen, könnten auch die Kostenträger in Sachen Erstattung umdenken. Eine sogenannte bariatrische Operation zur Gewichtsreduktion, zum Beispiel eine Magenverkleinerung, übernehmen die Kassen schon heute, Anti-Adipositas-Medikamente aber nicht. Wäre es nicht plausibel, auch die entsprechenden Medikamente zu erstatten, für die nur ein Bruchteil der OP-Kosten anfällt?

Inwieweit sorgt auch der Anstieg des Wohlstands in Entwicklungs- und Schwellenländern für eine steigende Nachfrage nach Medizinprodukten und -dienstleistungen weltweit?

Mit zunehmender Lebenserwartung und wachsendem Wohlstand ändert sich der Fokus. Zu Beginn ging es um das reine Überleben dann um ein besseres Leben und schließlich strebt man nach einem gesunden langen Leben. Dies dürfte die Tür für innovative Produkte auch aus anderen Ländern öffnen. Die Entwicklungs- und auch die Schwellenländer – besonders China – sind die Wachstumstreiber vieler Unternehmen aus dem Gesundheitssektor.

Haben Akquisitionen als Heilmittel für Wachstumsschwäche ausgedient?

Ein klares Nein. Jedoch geht der Trend hin zu risikoreichen Akquisitionen in frühen Entwicklungsstadien. In den letzten 2 Jahren gab es große Akquisitionen, z.B. hat Bristol-Myers Squibb im Jahr 2019 Celgene für über 87 Mrd. $ übernommen, Abbvie hat Allergan 2020 für 83 Mrd. $ gekauft. Und jüngst hat AstraZeneca die Übernahme von Alexion für einen Kaufpreis von 40 Mrd. $ abgeschlossen. Aber der Trend zu kleineren Add-on Deals ist klar erkennbar. Während das Volumen der Fusionen und Übernahmen im Pharmasektor in den letzten 10 Jahren spürbar zurückgegangen ist, ist die Anzahl der Deals stark gestiegen, das zeigt ein Blick auf den Biotech-Sektor: Es werden nun erheblich mehr Akquisitionen getätigt als noch vor 10 Jahren. Hier gilt die Devise: Besser schnell und frühzeitig kaufen, durchaus auch mit Risiko, aber dafür große Akquisitionen vermeiden.

Wie gehen Sie bei der Auswahl nach attraktiven Titeln konkret vor?

Ein wichtiger Faktor unserer Titelauswahl ist der persönliche Kontakt zu dem Unternehmen. Dieser war trotz oder gerade wegen der Corona-Pandemie deutlich einfacher. Ein kurzer virtueller Call mit einem Unternehmen hilft sehr, um die aktuelle Situation besser einschätzen zu können, als nur die Quartalszahlen zu lesen. Darüber hinaus ist in diesem Sektor ist ein gutes Netzwerk hilfreich, z.B. die direkte Auskunft eines Arztes über ein neues Produkt.

Viele globale Player sitzen oftmals in den USA oder Asien. Hält Europa bei diesen Sektoren und Megatrends Schritt?

Das mag zwar richtig sein, aber die Corona-Pandemie hat auch eindrucksvoll gezeigt, dass Europa und auch Deutschland locker mit den USA Schritt halten können. Ein gutes Beispiel hierfür sind die mRNA-Unternehmen aus Deutschland oder die Diagnostika für Covid-19 (Antigen / PCR-Tests) aus der DACH-Region. Aber grundsätzlich gibt es in vielen Ländern aussichtsreiche Unternehmen. Diese müssen wir „nur“ finden. In den USA jedoch werden Innovation und auch die damit verbundene Risikobereitschaft anders, d.h. stärker wertgeschätzt als in Europa. Die Bewertungen für US-Unternehmen fallen deshalb auch oft höher aus.


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