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Marktkommentar

Tilmann Galler (J.P. Morgan): Value ist zurück im Spiel, aber Growth nicht im Aus

© J. P. Morgan Asset Management

29.07.2021 - Im bisherigen Jahresverlauf konnten Substanzwerte einen Teil ihrer Underperformance vom Vorjahr wieder ausgleichen. Dennoch befindet sich die Bewertungslücke zwischen den Anlagestilen Value (Substanz) und Growth (Wachstum) immer noch nahe historischer Höchststände. Eine starke, aber uneinheitliche Erholung des globalen Wachstums, eine robuste Inflation und eine aktive Fiskalpolitik dürften mittelfristig weiterhin Rückenwind für Substanzwerte bieten. Anleger sollten jedoch bedenken, dass Wachstumswerte auch weiterhin von starken strukturellen Trends wie beispielsweise der Einführung neuer Technologien, profitieren. Vor diesem Hintergrund untersuchen wir die grundlegenden Treiber einer Outperformance bei Substanzwerten und analysieren, wie sich Value-Unternehmen in drei verschiedenen kurzfristigen Wirtschaftsszenarien entwickeln könnten.

Verständnis des aktuellen Marktverhaltens

Growth-Anleger blicken hinsichtlich der Renditen auf ein goldenes Jahrzehnt zurück. In den letzten 10 Jahren haben globale Wachstumstitel Substanzwerte in US-Dollar gemessen um 146 % übertroffen. Diese Outperformance beschleunigte sich 2020 dramatisch, als die von der globale Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen ausgelösten Veränderungen im Verbraucherverhalten Wachstumsunternehmen in den Sektoren Technologie, Medien und Online-Einzelhandel zu weiteren Höhenflügen verhalf.

Die globale Stildynamik änderte sich jedoch nach der Ankündigung, dass ein Covid-19- Impfstoff entwickelt worden sei und die Wirtschaft wieder langsam zur Normalität zurückkehren könne. Finanz- und Energietitel – zwei der größten Sektoren in den Value- Indizes – trugen am meisten zur Aufholjagd der Substanzwerte bei. Das Value-Universum ist jedoch nicht homogen. So gibt es sehr zyklische Value- Sektoren. Aber es gibt auch defensive Sektoren, wie Basiskonsumgüter und Versorger, die in diesem Jahr deutlich hinter dem Markt zurückblieben. Es haben also nicht alle Value-Sektoren gleichermaßen von den verbesserten Konjunkturaussichten profitiert. 

Gleichzeitig haben sich zyklische Wachstumssektoren wie Kommunikationsdienste (Medien), IT (Halbleiter) und Nicht-Basiskonsumgüter relativ gut entwickelt. Die jüngste Marktentwicklung deutet also darauf hin, dass bei der Debatte um Substanz- gegen Wachstumswerte eine differenziertere Sichtweise sinnvoll ist.

Die Größe der Chance

Mitte dieses Jahres lag das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) globaler Wachstumswerte beim 36-Fachen der bereinigten Gewinne. Im Vergleich dazu wies der breite Markt ein KGV von 24 auf und das historische durchschnittliche KGV der letzten 25 Jahre für globale Wachstumswerte lag bei 22. Zuletzt wurde ein so hoher Bewertungsaufschlag während des Technologie-Booms von 1999–2000 beobachtet. Der KGV- Unterschied zwischen Wachstum und Substanz ist jetzt der größte seit 21 Jahren und liegt deutlich über dem langfristigen Durchschnitt.

Es ist verlockend, zu argumentieren, dass eine fast zwangsläufige Rückkehr zum Mittelwert zu einer Phase der Outperformance von Substanzwerten führen wird. Die Analyse langjähriger Daten lässt jedoch darauf schließen, dass es tückisch sein kann, beim Anlagestil nur auf diese Zwangsläufigkeit zu setzen, wenn die Fundamentaldaten nicht mitspielen. So boten beispielsweise das schwache BIP- Wachstum, niedrige Anleiherenditen und die Einführung neuer Technologien während des letzten Zyklus einen fundamentalen Rückenwind für Wachstumswerte.

Daher stellt sich nun die Frage, ob sich die zugrunde liegenden fundamentalen Kräfte geändert haben. Als eine der bekanntesten Schlüsselvariablen für die relative Wertentwicklung zwischen Substanz- und Wachstumswerten gilt die Rendite 10-jähriger US-Staatsanleihen. Im letzten Jahrzehnt waren die langfristig niedrigen Anleiherenditen ein Synonym für ein kraftloses BIP-Wachstum und das Unvermögen der Zentralbanken, ihr Inflationsziel zu erreichen. Im Gegensatz dazu waren Phasen steigender Anleiherenditen mit einer Reflation der Wirtschaft und einer Outperformance von Substanzwerten verbunden (siehe Q3 2021 Guide to the Markets – Europe Seite 63).

Es ist allerdings zu betonen, dass in der Vergangenheit für eine Outperformance von Substanzwerten sowohl ein reales BIP- Wachstum als auch eine steigende Inflation erforderlich waren. In den letzten 15 Jahren zeigte sich die Korrelation zwischen den globalen Einkaufsmanagerindizes (PMIs) des verarbeitenden Gewerbes, die stellvertretend für das BIP-Wachstum stehen, und der relativen Performance von Substanzwerten positiv. Eine aktuelle Korrelation von 0,15 ist jedoch nicht signifikant genug, um zu beweisen, dass Substanzwerte nur eine Beschleunigung der Wirtschaftstätigkeit benötigen, um Wachstumswerte zu übertreffen.

Auf dieser Grundlage sollten sich Anleger, die bezüglich des BIP- Wachstums optimistisch sind, eher auf Small Caps als auf Substanzwerte stützen, während Anleger, die von sinkenden PMIs ausgehen, eine Übergewichtung von Large Caps in Erwägung ziehen sollten. Aus regionaler Sicht profitierten Aktien aus der Eurozone stärker von Phasen steigender PMIs als britische Aktien. Dies ergibt einen Sinn, wenn man die relativ höhere Gewichtung zyklischer Branchen in der Eurozone bedenkt.

Nimmt man jedoch die steigenden Inflationserwartungen hinzu, ist das Signal für eine Outperformance des Substanzbereichs überzeugender. So weist die Markterwartung einer in fünf Jahren beginnenden durchschnittlichen Fünf-Jahres-Inflation, eine erhebliche positive Korrelation mit der relativen Performance zwischen Substanz und Wachstum auf. In reflationären Zeiten, in denen eine überhöhte Nachfrage und steigende Rohstoffpreise zu einem Anstieg der Inflationserwartungen und der Anleiherenditen geführt haben, haben Substanzwerte tendenziell besser abgeschnitten als Wachstumswerte.

Der relativ hohe Anteil an Finanz-, Energie- und Grundstofftiteln im Substanzuniversum hilft zu erklären, warum Substanzwerte positiv auf reflationäre wirtschaftliche Ergebnisse reagiert haben. Regional gesehen dürften daher aufgrund der höheren Gewichtung von Finanz-, Energie- und Grundstoffwerten im britischen Index steigende Inflationserwartungen zu einer Bevorzugung britischer Aktien gegenüber US-Aktien führen.

Ein reflationärer Politik-Mix nach der Pandemie

Wir sind davon überzeugt, dass aktuell ein reflationäres Umfeld wahrscheinlicher ist als zu irgendeinem anderen Zeitpunkt in den letzten Jahren. Wachstum und Inflation werden durch das angefacht, was wir in Folge der Covid-19-Pandemie für einen nachhaltigen Wandel in der Haltung von Regierungen zur Finanzpolitik halten: Nachdem Regierungen, ermutigt durch die niedrige Finanzierungskosten, Geschmack am großzügen Ausgeben gefunden haben, sehen sie die Finanzpolitik zunehmend als Instrument zur Wachstumsförderung und Erreichung politischer Ziele und nicht einfach nur als Mittel zur Stabilisierung des Wachstums im gesamten Konjunkturzyklus. Die Regierungen in den USA und in ganz Europa schmieden Pläne für umfangreiche, mehrjährige Infrastrukturprojekte. Die heutige expansive Fiskal- und Geldpolitik fördert aber nicht nur das Wachstum, sondern auch die Inflation.

Wirtschaftliche Szenarien und ihre Auswirkungen

Während Reflation unser zentrales Wirtschaftsszenario ist, sind wir uns dessen bewusst, dass der Ausblick nach wie vor sehr unsicher ist. In unserem Halbjahresausblick haben wir drei Szenarien identifiziert, die nachfolgend in der Reihenfolge ihrer Wahrscheinlichkeit und der potenziellen Auswirkungen auf Substanz- und Wachstumswerte dargestellt werden:

  1. SYNCHRONISIERTES GLOBALES WACHSTUM: In unserem Kernszenario weitet sich die Erholung weltweit aus und wird im Laufe der Zeit synchroner verlaufen. Angebotsengpässe verursachen weiterhin steigende Rohstoffpreise, und Inflationsbedenken halten an. Die Zentralbanken reduzieren ihre Anleihenkäufe im Jahr 2022, halten die Zinsen jedoch niedrig. Die Fiskalpolitik bleibt expansiv, wendet sich jedoch Infrastrukturprojekten zu. Die Zinsstrukturkurven versteilern sich weiter. Im synchronisierten globalen Wachstumsszenario haben Substanzwerte das Potenzial, weiterhin eine Outperformance zu erzielen. Finanztitel sollten von sich verbessernden Konjunkturaussichten und steigenden Anleiherenditen profitieren. Hohe Ölpreise und eine steigende Benzinnachfrage dürften dem Energiesektor zu einer Outperformance verhelfen. Eine Änderung der Fiskalpolitik von der Pandemie-Unterstützung hin zu Ausgaben für Infrastruktur und Umweltschutz sollte ebenfalls wertsteigernd sein.
  2. GOLDLÖCKCHEN:Die Inflation schwächt sich schnell ab, da Versorgungsausfälle nachlassen und das Lohnwachstum langsamer wird. Die Rohstoffpreise kühlen ab, da sich die Ausgaben mehr im Bereich Dienstleistungen erfolgen und China seine Geldpolitik verschärft. Die Zentralbanken bleiben länger unterstützend und fördern so eine weitere finanzpolitische Expansion. Es werden weiterhin umfangreiche Anleihenkäufe getätigt. Eine weitere Versteilerung der Zinskurve findet nicht statt. Die Renditen der US-Anleihen erreichten im März einen Höchststand. Im Goldlöckchen-Szenario haben die Zentralbanken mit ihrer Einschätzung Recht, dass die Inflation nur vorübergehend ist, während sich das aktuelle Niveau des Wachstums abschwächt. Sinkende Rohstoffpreise werden die Energie- und Grundstoffwerte belasten, während Anleiherenditen den Finanzwerten keine Unterstützung mehr bieten. Die strukturellen Wachstumstrends werden wieder in den Vordergrund rücken und die relative Performance könnte sich wieder zugunsten von Wachstumstiteln entwickeln.
  3. STAGFLATION: Akute Angebotsprobleme führen zu einer unangenehmen Mischung aus moderatem nominalem Wachstum und hoher Inflation. Die Zentralbanken sind gezwungen, ihre Geldpolitik schneller als erwartet zu straffen. Bedenken hinsichtlich der Schuldentragfähigkeit in einem Umfeld steigender Zinsen beenden die Phase fiskalpolitischer Expansion. Die Zinsstrukturkurve flacht sich ab.. Ein Stagflations-Szenario ist zwar eindeutig negativ für die Aktienmärkte und für Finanzwerte, die Auswirkungen auf die Performance von Substanz- gegenüber Wachstumswerten sind jedoch weniger klar. Defensive Substanzwerte mit stabilen Cashflows, geringer operativer und finanzieller Hebelung und hohen Dividendenrenditen – wie z. B. Versorger und Basiskonsumgüter – tendieren zu einer Outperformance. 

Zusammenfassung

Die globale Verlagerung hin zu einer aktiveren expansiven Fiskalpolitik verändert das Makroumfeld, welches nun durch höheres Wachstum, aber auch eine höhere Inflation gekennzeichnet ist. Dieses Umfeld bietet Anlegern die Gelegenheit, die großen Bewertungsdiskrepanzen, die wir zwischen Substanz und Wachstum beobachten, auszunutzen. In unserem zentralen kurzfristigen Wirtschaftsszenario mit synchronisiertem globalen Wachstum und steigender Inflation gehen wir davon aus, dass sich die Performancelücke zwischen Value- und Growthtiteln weiter schließen wird. Wir sind uns jedoch der langfristigen Unterströmungen dieser Konjunkturlage bewusst. Die Einführung neuer Technologien wird Wachstumsaktien weiterhin Rückenwind bieten, und die Klimaziele könnten für traditionelle Energieaktien und bestimmte Industriewerte mittelfristig Gegenwind bedeuten. Daher würden wir uns für eine selektive Ergänzung der Substanzwerte statt für eine generelle Umschichtung aussprechen. Value ist zurück im Spiel, aber Growth eben nicht komplett im Aus.


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