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Interview

Dr. Jens Ehrhardt (DJE): Zwischenfazit 2021

© DJE

25.06.2021 -

Die Weltwirtschaft erholt sich von den Folgen der Corona-Pandemie, viele Aktienmärkte haben sich im ersten Halbjahr 2021 gut entwickelt. Doch wie geht es weiter? Dr. Jens Ehrhardt analysiert Notenbank-Vorgaben, Markt-Sentiments und Branchenpotenziale für die kommenden Monate – anhand aktueller Fragen von DJE-Social-Media-Followern.

Herr Dr. Ehrhardt, zunächst ein Blick zurück: Sie haben bei Ausbruch der Covid-Pandemie einen DAX-Stand von 16.000 Punkten für das Frühjahr 2021 vorhergesagt. Hatten Sie einfach eine gute Glaskugel?

Nein – und ich bin eigentlich kein Freund von festen Kurszielen. Aber in diesem Fall hatten wir eine so außergewöhnliche geld- und fiskalpolitische Situation, dass ich der Meinung war, man muss einmal ein Zeichen setzen. Denn ich habe nie zuvor erlebt, dass besonders von der monetären Seite her die Konjunktur so stark angekurbelt wird. Wenn schlagartig viel Geld gedruckt wird, hat das unmittelbare Auswirkungen, vor allem auf die Aktienmärkte. Deshalb habe ich dieses damals sehr optmistische Ziel mutig ins Auge gefasst.

Jetzt haben wir dieses Ziel fast erreicht. Logische Folgefrage: Wo stehen wir in den nächsten Monaten?

Ich erwarte keine Baisse, auch wenn wir die beste Zeit des Jahres wohl hinter uns haben. Viele Anleger sind bereits investiert, die Cashbestände der Fondsmanager betragen laut jüngster Umfrage nur noch 3,9 Prozent. Eine kurzfristige Korrektur ist also möglich. Mittelfristig dürften wir uns dennoch in einem, wenn auch flacheren, Aufwärtstrend bewegen – wobei die Fiskalpolitik für weiteren Rückenwind sorgt. Ich hoffe, dass in Europa weiterhin der Fokus auf fiskalischem Stimulus bleibt und speziell in Deutschlandnicht wieder die „schwarze Null“ hervorgeholt wird. Denn zu große fiskalische Zurückhaltung hat sich in der Vergangenheit nicht bewährt.

Wie groß ist die Gefahr, dass wir eine stärkere Korrektur am Aktienmarkt bekommen?

Das wäre möglich, wenn die Notenbanken stark zu bremsen beginnen. Nach den jüngsten Erörterungen der US-Notenbank Fed denke ich aber, man hat verstanden, dass eine 180-Grad-Wende in der Geldpolitik Wirtschaft und Börse schädigen kann – und wird deshalb sehr vorsichtig sein. Natürlich, Investoren sind bereits stark investiert, der Optimismus ist nicht zuletzt auch am Optionsmarkt groß, trotzdem fehlt meiner Meinung nach der klare Hintergrund für eine richtige Baisse.

An der Börse Geld zu verdienen erscheint nicht mehr so einfach wie im vorigen Jahr. Ist dies die Zeit der aktiven Manager?

Auch wenn es nach einem Argument pro domo klingt: Seit einiger Zeit zeichnet sich ab, dass die aktiven Fondsmanager besser abschneiden als indexbasierte Lösungen, etwa Exchange Traded Funds (ETFs). So haben aktive Manager im Mai zu 70 Prozent den Index geschlagen. Woran liegt das? Im vergangenen Jahr haben wir gesehen, dass zunächst eine sehr kleine Zahl großer Tech-Aktien aus den USA den Index nach oben gezogen hat. Aktive Manager dürfen meist nur einen begrenzten Teil des Fondsvermögens in einzelne Titel investieren. Deshalb konnten sie da nicht mithalten. Spätestens ab November erfolgte der Aufschwung aber auf breiter Front. So ergaben sich zahlreiche Gelegenheiten für aktives Management, etwa unter technischen oder Bewertungsaspekten, während passive Anleger vor allem in wenigen Indexschwergewichten investiert waren. Ich denke, dass die Stockpicker auch im weiteren Jahresverlauf ihre Möglichkeiten nutzen und etwas Rendite herausholen können.

Die Fed geht aktuell mehrheitlich von ersten Zinsschritten im Jahr 2023 aus. Wird es so kommen?

Der Markt hat zuletzt so reagiert, als sei die Zinserhöhung 2023 beschlossene Sache. Wenn man allerdings genau hinhört, hat Fed-Chef Jerome Powell zuletzt immer die Flexibilität der Geldpolitik betont. An erster Stelle stehen die Arbeitsplätze, das sagt er immer wieder – und die Inflation kommt im zweiten Satz. Die US-Regierung ist arbeitnehmerfreundlicher als früher, und die Verantwortlichen werden sich hüten, zu schnell zu viel zu machen. Ob die Zinsschritte wie erwartet kommen, ist für mich noch nicht entschieden.

Die Renditen der US-Staatsanleihen sinken seit April, während zugleich der Anstieg der Verbraucher- und Produzentenpreise regelmäßig über den Erwartungen liegt. Wie erklären Sie das?

Wenn der Rentenmarkt trotz stark steigender Inflation freundlich tendiert, zeigt dies, dass die Anleger dort die Konjunkturaussichten offenbar skeptischer beurteilen als viele Aktienanleger. Es gibt aber auch Sonderfaktoren. Zum Beispiel hat das US-Finanzministerium eine quantitative Lockerung von historischem Ausmaß betrieben, über hunderte Milliarden US-Dollar – und dieses Geld muss angelegt werden. Es liegt bei den Banken, die kaufen vor allem Anleihen. Sobald das Geld ausgegeben ist, könnte der Rentenmarkt wieder schwächer tendieren. Insgesamt reichen mir die Signale vom Rentenmarkt nicht aus, um daraus bereits auf eine schwächere US-Konjunktur zu schließen.

Glauben Sie, dass die Inflation dauerhaft steigt?

Kurzfristig sind noch einige negative Überraschungen bei der Inflation möglich. Auf Sicht von ein bis zwei Jahren könnte sich die Lage aber deutlich verbessern. Wir haben aktuell vor allem eine Güterinflation durch zahlreiche Engpässe. Die Marktwirtschaft ist aber so flexibel, dass bei steigenden Preisen auch die Produktion rasch steigen kann und die Güterpreise wieder nach unten gehen. Auf Dauer müsste man womöglich eher die Serviceinflation beobachten. Aber auch hier gibt es zum Beispiel in den USA ein riesiges ungenutztes Arbeitskräftepotenzial, was auch die Serviceinflation in Grenzen halten könnte.

Wie geht es bei der Anlageklasse Gold weiter?

Ich bin eigentlich ein großer Gold-Fan. Denn: Das Gelddrucken ist ein weltweiter Langfristtrend, und davon müsste Gold profitieren – zumal bei niedrigem Realzins. Aktuell bin ich dennoch eher vorsichtig, denn die Produktionszahlen bei Gold steigen, und es kommt auch mehr Altgold auf den Markt. Außerdem haben im vergangenen Jahr verunsicherte Anleger viel Gold gekauft, vor allem in Form von ETFs, während sich traditionelle Käufer, etwa aus Indien und China, zurückgehalten haben. Die ETF-Käufer könnten angesichts steigender Aktienkurse eher wieder verkaufen, was den Goldpreis drücken würde. Auch die Charttechnik spricht bei Gold für eine eher vorsichtige Haltung.

In welche Richtung läuft der US-Dollar?

Eine klare Aussage ist schwierig, denn es gibt gegensätzliche Einflüsse. Von der Kaufkraft her ist der US-Dollar überbewertet, dazu sprechen auch die sehr hohen Handelsbilanz- und Staatsdefizite in den USA für einen schwachen US-Dollar. Andererseits gibt es am Markt derzeit viele Dollar-Pessimisten – der US-Dollar ist stark geshortet, was ihn markttechnisch unterstützen sollte. Außerdem fließen Gelder meistens in das Land, in dem die Konjunktur am besten läuft, und da die Amerikaner weiterhin geld- und fiskalpolitisch stark stimulieren, wird der US-Dollar dadurch Rückenwind bekommen. Insgesamt erwarte ich, dass kurzfristig die Auftriebskräfte vorherrschen könnten, während der US-Dollar langfristig gegenüber stabilen Währungen wie dem Yen nachgibt.

Welche Region weltweit bevorzugen Sie?

Aktuell erscheint Europa interessant. In Europa ist fiskalpolitisch sehr viel passiert. Staaten wie Italien oder Frankreich geben mehr Geld aus, das ergibt in Krisenzeiten Sinn und verschafft der Region Rückenwind. Und da europäische Aktien oft deutlich billiger sind als vergleichbare US-Werte, sollten Gelder vermehrt in die Region fließen. Die USA sehe ich ebenfalls positiv, auch wenn hier markttechnische Übertreibungen zu Rücksetzern führen könnten. Asien würde ich am wenigsten stark übergewichten. Die chinesische Geldmenge steigt seit einiger Zeit relativ wenig, die Überschussliquidität ist praktisch gleich null. Heißt: Da fließt kein zusätzliches Geld an die Börse. Das färbt auch stark auf das Umfeld ab, wie Südkorea und Taiwan, und letzten Endes auch auf Japan, für das China inzwischen der wichtigste Exportmarkt ist.

Wie sieht es bei den Sektoren aus – Value, Technologie oder beides?

Es gibt heute noch einige gute Tech-Werte, die nicht nur ordentliches Wachstum zeigen, sondern auch ganz vernünftig bewertet sind. Andererseits haben wir im Value-Bereich Aktien mit vernünftigen Bewertungen, die „underowned“ sind, in die also noch nicht massiv investiert wurde. Man sieht in keinem Bereich eine totale Überhitzung, Value und Tech können beide interessant sein – am Ende muss man sich die Einzeltitel anschauen, also Stockpicking betreiben, um erfolgreich zu sein.

Was bedeutet die aktuelle Marktlage für Ihre Dividendenstrategie?

Ich glaube, dass Dividenden tendenziell unterschätzt werden. Gerade in Zeiten, in denen Festverzinsliche fast keine Zinsen bringen, sind Dividendentitel eine sehr gute Alternative zu Unternehmens- und Staatsanleihen. Ich sehe den Bereich auch besser gegen unerwartete geld- oder geopolitische Negativereignisse gewappnet. Defensive Dividendenaktien können dem Aktionär einen relativ sicheren Zuwachs mit weniger Volatilität bieten und bleiben deshalb auch als Depotschwerpunkt interessant.


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