04.06.2021
Makroökonomisches Umfeld
Realwirtschaftliche Situation:
Unsere positive Einschätzung der globalen makroökonomischen Entwicklung bestätigte sich anhand der im Mai veröffentlichten Aktivitäts- und Umfragewerte. Der Einkaufsmanagerindex für das Dienstleistungsgewerbe des Instituts IHS Markit sprang von 64,7 auf 70,1 und übertraf damit deutlich die Markterwartungen. Die jüngste Lesung markiert die stärkste Expansionsrate seit Beginn der Datenerhebung für die Serie 2009. Auch die US-Konsumausgaben stiegen im April um weitere 0,5%, was angesichts des durch staatliche Stimulus-Checks angeheizten Anstiegs von 4,7% im Vormonat überraschte. Ein genauerer Blick offenbart allerdings, dass der Zuwachs hauptsächlich von Preissteigerungen getragen wurde. In Verbindung mit einem soliden Arbeitsmarkt könnte eine anhaltend aufwärtsgerichtete Inflationsentwicklung früher als bisher angenommen zu einer Umkehr der lockeren Geldpolitik führen. Im Fokus der Märkte befindet sich daher aktuell eher die monetäre Situation.
Monetäre Situation:
Nach Maßgabe des Verbraucherpreisindexes des US-Handelsministeriums, dem bevorzugten Inflationsmaßstab der US-Notenbank, stiegen die Preise im April um 0,6% und lagen damit 3,6% über ihrem Vorjahresniveau. Die Kernpreise ohne die oft volatilen Kategorien Nahrungsmittel und Energie stiegen gegenüber März um 0,7% und gegenüber dem Vorjahr um 3,1%. Was die Inflationserwartungen angeht, so zeigt etwa die Verbraucherumfrage der University of Michigan, dass die Haushalte in den nächsten fünf bis zehn Jahren von 3,4% Inflation ausgehen, dem höchsten Wert seit 2014 (mit negativen Konsequenzen für den Stimmungsindikator, der von 88,3 auf 82,9 fiel). Der Fed-Vorsitzende Powell signalisierte erstmalig die Bereitschaft, alsbald mit der Diskussion um einen allmählichen Kurswechsel hin zu einer restriktiveren Geldpolitik zu beginnen. Basierend auf unseren Indizes messen wir nun für die USA, Japan und die Emerging Markets ein Regime steigender Inflationsrisiken bei (noch) expansiver Geldpolitik der Zentralbanken („neutrales“ Regime). In Summe wechselte damit auch das globale monetäre Regime von „positiv“ nach „neutral“.
Marktentwicklungen
An den Aktienmärkten war die wachsende Unsicherheit über die Persistenz der Inflationsentwicklung zeitweise spürbar. Letztlich überwogen jedoch positive Nachrichten zur Konjunkturentwicklung die aufkommende Besorgnis vor einem frühzeitigen Kurswechsel bei der Geldpolitik. Auf Monatssicht verzeichneten alle Leitindizes Zuwächse. Zu den Gewinnern zählten Futures auf den kanadischen Aktienindex mit einer Wertentwicklung von +3,8%. Futures auf den technologielastigeren S&P 500 Index schafften es mit +0,7% nur knapp ins Plus. Auf den rekordträchtigen Haushaltsentwurf von US-Präsident Biden reagierte der Markt verhalten und blickt abwartend auf die Kongressabstimmung.
Die Anleihemärkte reagierten mit vergleichsweise wenig Bewegung auf die Inflationsdynamik, die von den Marktteilnehmern zum Großteil bereits eingepreist zu sein schien. Erkennbarer war die Reaktion an den weniger liquiden inflationsgeschützten US-Treasuries (TIPS), die Inhaber für Anstiege des Verbraucherpreisindexes entschädigen. Deren Kurse implizieren in den nächsten fünf Jahren ein durchschnittliches Wachstum der Verbraucherpreise von 2,6% (sogenannte Break-Even-Rate), einen seit 2008 nicht mehr erreichten Höchststand. Futures auf Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit konnten im Durchschnitt über unsere Regionen um 0,4% zulegen.
Der Preis für Rohöl der Sorte Brent erreichte vor dem Treffen der Opec und verbündeter Förderländer mit USD 70 den höchsten Stand seit zwei Jahren, befeuert durch Erwartungen steigender Kraftstoffnachfrage. Der Goldpreis profitierte von der Suche nach Inflationsschutz und stieg über die Marke von USD 1900. Schwellenländerwährungen konnten gegenüber dem USD größtenteils aufwerten. Eine Ausnahme bildete die türkische Lira, die aus Sorge vor einer für die Eindämmung der beschleunigten Inflation unzureichenden Intervention der Zentralbank auf ein Rekordtief fiel.
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