31.10.2020 - Neue Konjunkturrisiken durch die zweite Corona-Welle
Auf die Blitzrezession im ersten Halbjahr folgte im dritten Quartal beiderseits des Atlantik eine dynamische Wirtschaftserholung mit BIP Wachstumsraten von voraussichtlich 9% (Euroraum) bzw. 7% (USA) ggü. Vorquartal. Diese startete aber von niedrigem Niveau aus und erfasst bislang nicht alle Sektoren: Tourismus, Hotel- und Gastgewerbe, Flugverkehr, Kultur- und Freizeit werden weiterhin durch die Pandemie gehemmt. Zudem drohen die erneut stark steigenden Corona-Infektionen bzw. die hiervon ausgelösten lokalen Eindämmungsmaßnahmen die wirtschaftliche Erholung der Sommermonate im vierten Quartal auszubremsen.
Zusätzliche Risiken zum Jahreswechsel stellen die US Präsidentschaftswahl und das Ende der Brexit-Übergangsfrist dar. Eine vollständige wirtschaftliche Normalisierung ist frühestens im zweiten Quartal 2021 vorstellbar - sofern bis dahin ein wirksamer und sicherer Impfstoff verfügbar ist. Dann allerdings droht mit dem Auslaufen staatlicher Hilfen eine Welle von Kreditausfällen, Unternehmensinsolvenzen und Entlassungen. Im Euroraum dürfte die Wirtschaftsleistung daher erst Mitte 2022 wieder ihr Vorkrisenniveau erreichen, ohne dass es dabei zu einer nennenswerten Inflationsbeschleunigung kommt.
Vor diesem Hintergrund richten sich die Erwartungen in gewohnter Manier auf die Geldpolitik. Konkret erhoffen die Kapitalmärkte von der EZB vor Jahresende eine Aufstockung der PEPP-Anleihekäufe um ca. 350 Mrd. EUR und preisen eine Einlagensatz-Senkung um 10 Bp per Juli 2021 ein.
Auf US-Seite signalisiert die Fed eine Beibehaltung ihres ultra-expansiven Kurses mindestens bis 2024 - eine Politik, die angesichts der Corona-bedingten Staatsschulden-Explosion auch für EZB und BoJ „alternativlos“ erscheint. Infolge der weitreichenden Notenbank-Eingriffe in die Preisfindung reagieren die Kapitalmärkte auf fundamentale Risiken nur noch kurzfristig und in gedämpfter Weise. Eine ähnliche Entwicklung deutet sich für die Devisenmärkte an, wo durch die Einebnung der Zinsdifferenzen zwischen den größten Währungsräumen ein wichtiger fundamentaler Treiber entfallen ist. EUR-USD könnte auf einen Seitwärtstrend um 1,20 einschwenken.
Die Aktienmärkte, die in den letzten Monaten von dem geldpolitischen Rückenwind indirekt profitierten, wurden zudem durch die Hoffnung auf eine schnelle „V-förmige“ Erholung der Weltwirtschaft getragen. Durch die exponentiell steigenden Corona-Infizierten und Belegungszahlen auf Intensivbetten entschlossen sich einige Regierungen zu strikteren Maßnahmen für das öffentliche Leben. Durch diese Lockdowns bekam die „V-Erholung“ eine Delle, welches vom Markt umgehend eingepreist wurde. Vor allem die europäischen Aktienmärkte schlossen den Berichtsmonat tief im Minus – der EuroStoxx50 Total Return Index in Euro mit -7,3%. US-Aktien konnten sich in diesem Umfeld relativ gut behaupten, so dass am Monatsende noch ein Kursverlust von -2,0% (S&P500 Total Return Index in Euro) zur Buche stand. Die Nervosität der Anleger rund um den Ausgang der US-Wahlen am 03.November 2020 trug dazu bei. Japanische Aktien beendeten den Berichtszeitraum mit einem kleinen Minus von -0,94% (MSCI Japan Total Return Index in Euro).
Der Goldpreis bewegte sich im Oktober kaum und notierte zum Monatsende bei 1878 USD.
Die Rendite der 10jahrigen Bundesanleihe reduzierte sich im Berichtsmonat von -0,52% auf -0,64% am Monatsende. Auf der EZB-Sitzung wurden noch keine neuen Maßnahmen getroffen, jedoch sollen im Dezember die geldpolitischen Instrumente neu analysiert und auf die Entwicklungen angepasst werden. Dies führte zu leichten Renditerückgängen – vor allem in der Peripherie – nachdem zu Monatsmitte die Spreads aufgrund neuer Corona-Maßnahmen ein wenig rausgelaufen waren. Insgesamt verzeichneten die Staatsanleihen der Eurozone eine Wertentwicklung von +1,0% (gemessen am iBoxx EUR Sovereign Index TR).