Die entwickelten Volkswirtschaften haben dank massiver geld- und fiskalpolitischer Stützungsmaßnahmen den COVID-Schock überwunden. Wenngleich die Einkaufsmanager-Indizes seit Juli wieder oberhalb der Expansionsschwelle liegen, erfolgt die Konjunkturerholung dennoch von einem niedrigeren Niveau aus und erfasst nicht alle Sektoren in gleichem Maße. So leiden im Euroraum etwa der stationäre Einzelhandel, Gastronomie, Tourismus und Flugverkehr weiterhin unter mangelnder Nachfrage und hoher Kurzarbeit. Insbesondere in den stark vom Tourismus abhängigen süd-europäischen EU-Staaten wird die Erholung hierdurch ausgebremst. Zusätzliche wirtschaftliche Risiken bergen die in diesen Ländern aufgrund stark steigender Infektionszahlen erneut verschärften Kontakteinschränkungen.
Zwar erscheint ein zweiter flächendeckender „Lock-down“ politisch nicht durchsetzbar. Aber selbst wenn es gelingt, mittels lokal begrenzter Eindämmungsmaßnahmen eine neuerliche Überlastung der Gesundheitssysteme im Winterhalbjahr zu vermeiden, ist eine vollständige wirtschaftliche Normalisierung erst ab Frühjahr 2021 zu erwarten - sofern dann ein wirksamer und sicherer Impfstoff verfügbar ist.
Dann droht allerdings nach dem Auslaufen staatlicher Hilfen eine Welle von Kreditausfällen und Unternehmensinsolvenzen. Die Wirtschaftsleistung im Euroraum dürfte daher frühestens Mitte 2022 wieder ihr Vorkrisenniveau erreichen.
Die Kapitalmarktentwicklung scheint sich von wirtschaftlichen und politischen Fundamentaldaten weitgehend abgekoppelt zu haben. Vor allem die Aktienmärkte scheinen aus Anlegersicht als Ertragsquelle „alternativlos“. Auch nach dem Ende der Sommerflaute halten wir größere Marktverwerfungen für eher unwahrscheinlich. Die ab September anstehende Emissionsflut zur Finanzierung der staatlichen Pandemie-Programme dürfte von steigenden EZB-Käufen reibungslos absorbiert werden. Zudem werden die durch EU Schuldtitel zu finanzierenden Programme PRP und SURE marktseitig als Einstieg in die Haftungsunion gewertet. Auch dies sollte dazu beitragen, die Risikoprämien der Euro-Peripherie dauerhaft auf ihren niedrigen Niveaus zu fixieren.
Die Aktienmärkte notierten im August erneut sehr fest und setzten ihren Ende März begonnenen Erholungstrend nahtlos fort. Die Aktienmarktrally wurde unterstützt von über den Erwartungen liegenden Berichtsergebnissen für das 2. Quartal.
Auch wenn viele Unternehmensausblicke noch vorsichtig anmuteten, zeigten sich viele Marktteilnehmer für die Aktienmarktentwicklung in den nächsten Jahren positiv gestimmt. Der massive Rückenwind der Geld- und Fiskalpolitik hat die Alternativlosigkeit nur noch verstärkt. Bedenken hinsichtlich der hohen Bewertungen an den Aktienmärkten wurden dadurch in den Hintergrund gedrängt.
Der US-Aktienmarkt erzielte im August – insbesondere getrieben durch die Entwicklung der Technologieaktien – einen Wertzuwachs von 5,9% (S&P500 Total Return Index in Euro). Besser entwickelte sich nur der japanische Aktienmarkt mit einem Plus von 6,4% (MSCI Japan Total Return Index in Euro). Der EuroStoxx50 hatte trotz einer Monatsperformance von +3,2% das Nachsehen. Das Schlusslicht bildeten die Schwellenländer, die noch teilweise hohe Covid-19-Infektionsraten aufwiesen, mit einer monatlichen Performance von +1,1% (MSCI Emerging Markets Total Return Index in US-Dollar).
Die Geld- und Fiskalpolitik befeuerte in den letzten Monaten aber nicht nur die Aktienmärkte. Sie führte auch zu einem starken Anstieg des Goldpreises. Der Goldpreis hat durch den starken Rückgang der Realzinsen und dem massiven Investoreninteresse seine alten Höchststände überwunden und notierte im Berichtszeitraum im Hoch bei 2075 USD pro Unze. Zum Monatsende betrug der Goldpreis 1968 USD pro Unze.
Die Fed hat zum Ende des Berichtsmonats ihre Strategieüberprüfung vorgestellt. Im Mittelpunkt stand der Übergang zu einem durchschnittlichen Erreichen des 2%-Inflationsziel. In Zukunft können somit Abweichungen um diesen Zielwert länger toleriert werden. Des Weiteren wird die Zentralbank eine höhere Toleranz bezüglich eines heiß laufenden Arbeitsmarktes erlauben.
In eine ähnliche Richtung zeigen auch die Kommentierungen der EZB-Direktorin Isabel Schnabel. Sie merkte an, dass die EZB offen für eine Anpassung der Definition von Preisstabilität sei. Die US-Breakeven Inflationserwartungen stiegen nach der Fed-Sitzung leicht an und auch die Renditen der US-Treasuries schlossen den August ca. 20 Basispunkte höher.