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Interview

Abdallah Guezour und Keith Wade (Schroders): Inflation nach Covid-19?

© Schroders

25.06.2020 - Abdallah Guezour, Leiter Emerging Market Debt and Commodities, und Keith Wade, Chief Economist, besprechen den Inflationsausblick angesichts der Covid-19-Krise.

Herr Guezour spricht sich für die Wahrscheinlichkeit einer höheren Teuerungsrate aus und erklärt, weshalb wir in den kommenden fünf Jahren eine Inflation zwischen 4 % und 6 % verzeichnen könnten.

Herr Wade argumentiert hingegen, dass die Spätfolgen von Covid-19 die Nachfrage deckeln und eventuell sogar für einen Deflationsschock mit fallenden Verbraucherpreisen sorgen werden.

Beide Szenarios gehen mit potenziell erheblichen Auswirkungen auf Kapitalanlagen einher. Herr Guezour und Herr Wade sprechen außerdem über die möglichen Gewinner und Verlierer.

Das Argument PRO Inflation (Abdallah Guezour):

Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir in den kommenden zwei bis drei Jahren einen Inflationsanstieg verzeichnen werden?

Die Wahrscheinlichkeit einer Wiederkehr der Inflation in den nächsten zwei bis drei Jahren hat vor allem aus drei Gründen deutlich zugenommen.

Erstens sind die aktuell aggressiven geld- und fiskalpolitischen Maßnahmen beispiellos und dürften früher oder später Inflationsdruck schaffen. Die Zentralbanken drucken derzeit immens viel Geld, was weltweit für einen Rekordanstieg im Liquiditätsangebot sorgt.

Zweitens werden die auf den Handelskrieg zwischen den USA und China im vergangenen Jahr zurückzuführenden Angebotsschocks durch die Kontaktsperren infolge von Covid-19 verschlimmert, was weniger Globalisierung oder gar eine Deglobalisierung nach sich ziehen wird, eine Tendenz, die wiederum inflationär wirken dürfte.

Drittens ist nach einem verlängerten Baissemarkt für Rohstoffe und dem Einbruch im Rohölpreis momentan eine beträchtliche Angebotszerstörung im Gange. Anzeichen einer Normalisierung der Nachfrage würden bei den Rohstoffpreisen gegenüber ihren aktuell historisch niedrigen Niveaus für einen Anstieg sorgen.

Wo könnte sich Inflation zuerst bemerkbar machen?

Inflation könnte zunächst in Ländern auftreten, deren Währungen sich stark abgeschwächt haben, etwa in bestimmten Schwellenländern.  

Aber auch in den USA könnte eine Inflation drohen. Der in den vergangenen Jahren allgemein starke US-Dollar wirkte deflationär. Unterstützt wurde er durch ein günstiges Zins- und Wachstumsdifferenzial, die mittlerweile beide nachlassen.

Unterdessen monetisiert die US-Notenbank Fed das US-Haushaltsdefizit auf aggressive Weise.  Das „Doppeldefizit“ in den USA (d. h. das Defizit sowohl in der Haushalts- als auch in der Leistungsbilanz) läuft indes Gefahr, in diesem Jahr 20 % des BIP zu erreichen. Ein schwacher US-Dollar könnte für die USA und weltweit inflationär wirken.

Inwiefern unterscheidet sich die quantitative Lockerung während der Covid-19-Krise von der zu Zeiten der globalen Finanzkrise?

Die aktuellen Maßnahmen zur quantitativen Lockerung (QE), in deren Rahmen die Zentralbanken längerfristige Wertpapiere wie Anleihen aufkaufen, um das Geldangebot zu erhöhen und die Kreditvergabe und Investitionstätigkeit anzukurbeln, sind anders als die QE-Aktivitäten im Zuge der globalen Finanzkrise.

Damals erreichte das von den Zentralbanken gedruckte Geld nicht die Realwirtschaft, da es zur Stabilisierung des Finanzsystems eingesetzt wurde, das kurz vor dem Zusammenbruch stand.

Während der globalen Finanzkrise war der geldpolitische Übertragungsmechanismus gestört; der Großteil der zusätzlichen Geldmenge endete daher in überschüssigen Reserven der Geschäftsbanken in den USA und trug ferner zu inflationierten Vermögenspreisen bei.

Dieses Mal scheint QE jedoch die Realwirtschaft zu erreichen: Mit dem neu gedruckten Geld werden direkt Staatsausgaben finanziert und die Kreditvergabe durch Banken unterstützt, wie beispielsweise anhand des Anstiegs bei gewerblichen und industriellen Krediten in den USA ersichtlich wird.  Ein derartiger sprunghafter Zuwachs war in der globalen Finanzkrise nicht zu verzeichnen.

Darüber hinaus scheinen die aktuellen QE-Maßnahmen unbefristet zu sein und werden breitbasiert verfolgt. Selbst einige Schwellenländer betreiben derzeit eine Form von QE. All diese Schritte werden bald inflationäre Kräfte entfalten.

Wie hoch könnte die Inflation ausfallen?

Weltweit bewegt sich die BIP-gewichtete Verbraucherpreisinflation in einer Spanne von 2–4 % und könnte in den kommenden drei Jahren zunächst auf 4–6 % ansteigen. Dieser anfängliche Inflationsanstieg wird für die globale Wachstumserholung zunächst positiv sein.

Allerdings werden die Zentralbanken und Regierungen ihre Geld- bzw. Fiskalpolitik nicht vorzeitig normalisieren. Wenn sich an den Märkten Inflationsangst breit macht und/oder wegen der massiv gestiegenen Verschuldung von Staaten eine fiskalische Krise abzeichnet, steht letztlich jedoch eine Normalisierung zwingend auf der Tagesordnung.

Das Argument CONTRA Inflation (Keith Wade):

Weshalb wird es nicht zu einem Anstieg der Inflation kommen?

Der aktuelle Schock wirkt extrem deflationär. Die Nachfrage bricht infolge der verordneten Kontaktsperren ein, was eher zu Preisrückgängen anstelle von Preisanstiegen führt.

Das extremste Beispiel hierfür ist der Ölsektor, wo die Nachfrage um rund ein Drittel zurückgegangen und daraufhin der Ölpreis eingebrochen ist.  Unlängst sind die weltweiten Inflationsdaten sehr niedrig ausgefallen. So kam es bei der US-Kerninflation zu einem Rückgang in Rekordhöhe. Auch die Gesamtinflation (Headline) fiel deutlich.

Der Mangel an Nachfrage zwingt die Unternehmen dazu, ihre Produkte günstiger anzubieten, und in vielen Fällen können sie diese gar nicht verkaufen. Wenn die Wirtschaft wieder in Gang kommt, dürfte sich die Lage verbessern. Allerdings werden die Unternehmen unseres Erachtens weiterhin relativ aggressive Preissenkungen vornehmen. Bis auf Weiteres dürfte die Inflation also niedrig bleiben.

Zur Modellierung der Inflation werfen wir einen Blick auf die überschüssige Kapazität in der Wirtschaft – die Produktionslücke. Der Shutdown im Zuge von Covid-19 hat dafür gesorgt, dass diese stark angestiegen ist.

In den USA ist die Arbeitslosigkeit auf beinahe 15 % in die Höhe geschnellt und könnte noch weiter steigen. In Großbritannien haben bisher zwei Millionen Menschen Sozialleistungen beantragt, und Ähnliches ist in ganz Europa zu verzeichnen.

Mit einer zunehmenden Erholung der Wirtschaft werden diese Menschen wieder in das Arbeitsleben zurückkehren. Aber die sehr allmähliche Aufhebung der Kontaktsperren bedeutet, dass auch die Erholung nur schrittweise erfolgen kann.

Es wird also nicht zu der rapiden Verbesserung kommen, die sich viele zu Beginn der Krise erhofft hatten.

Unserer Ansicht nach wird weiterhin überschüssige Kapazität bestehen und bis 2021 oder sogar 2022 in Sachen Inflation für Abwärtsdruck sorgen.

Da die Eurozone und vor allem Japan bereits vor der Krise niedrige Inflationsraten aufwiesen, könnte es hier durchaus vorübergehend zu einer Deflation kommen. Derzeit erachte ich daher die Deflation als das größere Risiko.

Was sind die Nebeneffekte einer mangelnden Inflation oder gar einer Deflation?

Japan hat einen Großteil des vergangenen Jahrzehnts damit verbracht, Konjunkturanreize zu setzen, um die Deflation zu bekämpfen, was zeigt, wie schwierig es eigentlich ist, Inflation herzustellen.

Damit eine Inflation durchschlagen kann, bedarf es eines nachhaltigen Anstiegs im Geldangebot.

Aktuell spiegelt das gestiegene Geldangebot die Kreditaufnahme von Unternehmen wider, die Liquidität benötigen und versuchen, sich über Wasser zu halten.

Wir haben es also nicht mit Unternehmen zu tun, die Kredite aufnehmen, um Geld auszugeben oder zu investieren, was in der Tat inflationär wäre. In diesem Szenario wird die Deflation zu einem Problem.

Angesichts eines starken Anstiegs der Kreditaufnahme nimmt die reale Last der gestiegenen Verschuldung im Falle einer Deflation noch zu, was sich wiederum negativ auf die Konjunktur auswirkt.

Kann sich die Wirtschaft auch ohne Inflation erholen?

Langfristig wird die Wirtschaftsaktivität von strukturellen Kräften und demographischen Verlagerungen – z. B. Innovation und Technologie – und weniger durch die Inflation vorangetrieben.

So dürften etwa die Gesundheitsausgaben infolge dieser Krise ansteigen. Es wird zu mehr Innovation, technologischen Fortschritten und zu Neueinstellungen am Arbeitsmarkt kommen, welche das Wachstum beleben werden. Angetrieben werden diese Entwicklungen bereits durch eine erhöhte Nachfrage von Seiten einer alternden Bevölkerung.

Infolge der Kontaktsperren werden Technologien für die Telearbeit, Konferenzschaltungen, E-Commerce usw. allesamt ein zusätzliches Wachstum verzeichnen.

Hierbei handelt es sich um den klassischen Prozess der Wirtschaftsaktivität – eine Form der kreativen Destruktion infolge verschiedener Ereignisse – durch die einige Arbeitsplätze verloren gehen, in wirtschaftlicher Hinsicht jedoch die Karten neu gemischt und die Ressourcen auf Bereiche verlagert werden, in denen es Wachstum gibt.

Allerdings ist es sehr schwer, zu prognostizieren, woher die Nachfrage kommen wird.

Auswirkungen auf Kapitalanlagen:

Welche Vermögenswerte, Sektoren oder Regionen dürften in einer inflationären Welt zu den Nutznießern zählen? (Abdallah Guezour)

Die Geschichte lehrt uns, dass Gold in Zeiten einer höheren Inflation in der Regel gut abschneidet. Währungen von Rohstoffexporteuren, verschiedene Rohstoffsektoren und Aktien rund um Ressourcen sollten sich ebenfalls relativ gut entwickeln.

Hochverzinsliche Anleihen und Aktien aus Schwellenländern, insbesondere solche, die von höheren Rohstoffpreisen profitieren würden, könnten ebenfalls durch eine Rückkehr der Inflation Unterstützung erfahren.

Selbst ein geringfügiger Anstieg der globalen Nachfrage könnte bei einigen dieser Rohstoffe zu sprunghaften Preisanstiegen führen, da sie aktuell sehr niedrige Preisniveaus aufweisen und tendenziell in Anlegerportfolios unterrepräsentiert sind.

Staatsanleihen könnten angesichts derzeit negativer oder sehr niedriger Renditen in einigen Industrieländern mit einem sehr geringen Ertragspotenzial das größte Risiko darstellen.

Selbst wenn es zu einer länger währenden Wirtschaftsflaute kommen sollte, dürften diese Anleihen in den kommenden Jahren eher enttäuschen.

Welche Vermögenswerte, Sektoren und Regionen könnten von einer ausbleibenden Inflation profitieren? (Keith Wade)

In einer von einer niedrigen Inflation oder von Deflation geprägten Welt lohnen sich festverzinsliche Anlagen, insbesondere Staatsanleihen, d. h. als sicher geltende Vermögenswerte. Allerdings sind ihre Renditen niedrig, weshalb sie ein schwaches Wirtschaftsumfeld einpreisen.

Generell sind an den Kreditmärkten einige Titel mit Investment Grade (geringes Risiko) und Hochzinsanleihen von Interesse.

Der Schwerpunkt sollte darauf liegen, Unternehmen ausfindig zu machen, die widerstandsfähig sind und in diesem Umfeld gut abschneiden können. Zu den Wachstumsbereichen zählen Technologie, Gesundheitswesen und Biotechnologie.

Viele Unternehmen werden sich darum bemühen, ihre Lieferketten robuster zu gestalten, indem sie beispielsweise mehr Robotik integrieren, künstliche Intelligenz einsetzen und weniger Menschen einstellen. Mit anderen Worten werden sie im Rahmen der so genannten vierten industriellen Revolution die Produktion wieder nach Hause verlagern

Ein weiteres Anlagethema allgemeiner Art ist der Klimawandel. Obschon sich der Klimawandel von dem Thema Covid-19 unterscheidet, präsentieren sich hier Wachstumschancen und Ausgabenbereiche, die auch in einem relativ deflationären Umfeld Bestand haben können. Der Klimawandel sollte zu verhältnismäßig hohen Investitionen führen. Ausschlaggebend ist die Identifizierung von Anlagethemen und von Qualitätsunternehmen, die entsprechend aufgestellt sind, um von diesen Investitionen zu profitieren.

Einige dieser Innovationen könnten den Handel in der Region der Schwellenländer, deren Volkswirtschaften nach wie vor sehr stark vom Welthandel abhängen, teilweise behindern. Generell geht es meines Erachtens jedoch darum, Unternehmen ausfindig zu machen, die in dieser Frage eher mikroökonomisch als regional oder geographisch vorgehen.


Rechtliche Hinweise:

Die hierin geäußerten Ansichten und Meinungen stammen von dem Autor und stellen nicht notwendigerweise die in anderen Mitteilungen, Strategien oder Fonds von Schroders oder anderen Marktteilnehmern ausgedrückten oder aufgeführten Ansichten dar. Diese können sich ändern.



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