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Pressemitteilung

Union Investment: Rumpf-Vertrag oder „WTO-Brexit“?

© Union Investment

16.06.2020 - Nachdem lange versucht wurde, einen ungeregelten Brexit zu verhindern, droht nun genau dieses Szenario. Die Verlängerung der Übergangsphase scheint vom Tisch zu sein – sechs Monate bleiben, um ein neues Handelsabkommen auszuhandeln. Siegt am Ende die ökonomische Vernunft, so dass ein „Rumpf-Vertrag“ zustande kommt?

Die Lage ist verfahren: Ende Juni läuft die Frist aus, in der die bisher geltenden EU-Regularien in der Beziehung zwischen dem Vereinigten Königreich und der Europäischen Union (EU) für bis zu zwei Jahre verlängert werden könnten. In den seit Februar laufenden Verhandlungen zwischen der EU und Großbritannien sind keine Fortschritte erzielt worden. Zuletzt schien sich auf britischer Seite zunehmend die Position herauszubilden, dass man im Umfeld der Corona-Krise „nicht viel zu verlieren habe“, da der zusätzliche wirtschaftliche Schaden aus gescheiterten Verhandlungen in der tiefen Corona-Rezession, in der das Land steckt, nicht weiter auffallen würde.

Nun sollen ab Juli auf höchster Arbeitsebene im wöchentlichen Turnus Gespräche mit der EU geführt werden. Ziel ist es, bis zum Ende des Jahres ein Handelsabkommen auf die Beine zu stellen. Eine Verlängerung der Übergangsphase scheint nach der abermaligen klaren Ablehnung der britischen Regierung definitiv vom Tisch zu sein.

Streitpunkte Wettbewerbsstandards, Fischerei, EU-Recht

Es bleiben somit sechs Monate Zeit, um einen „WTO-Brexit“ zu verhindern. Nach Einschätzung von Union Investment ist ein „Rumpf-Handelsabkommen“ noch möglich. Die Hürden, die bis dahin überwunden werden müssen, sind allerdings beträchtlich, und zwar aus zwei Gründen.

Erstens drängt die Zeit: Der Verhandlungsführer der EU, Michel Barnier, hat bereits verlautbaren lassen, dass ein Vertrag bis Ende Oktober verabschiedet werden müsse, um diesen noch rechtzeitig vor Jahresfrist ratifizieren zu können. Und britische Offizielle fordern sogar, sich bis zum Sommer auf einen Handelsvertrag zu verständigen.

Zweitens bestehen auch nach dreimonatigen Verhandlungen die zentralen Knackpunkte unverändert fort: Neben der europäischen Forderung nach gleichen Wettbewerbsstandards stellen die Fischerei in britischen Gewässern sowie das Primat des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) bei der Auslegung Europäischen Rechts die Hauptstreitpunkte zwischen Großbritannien und der EU dar.

Sollte kein Handelsvertrag, auch kein rudimentärer, vereinbart werden können, droht am Jahresende 2020 ein „WTO-Brexit“ mit einer Vielzahl an Zöllen und Handelsbeschränkungen, aber auch dem Verlust an Regeln für „nicht-tarifäre Handelshemmnisse“, also Produktstandards oder Sicherheits- und Hygienevorschriften, etwa im Bereich Nahrungsmittel. Dann würden die Mindeststandards der Welthandelsorganisation (WTO) gelten. Das entspräche einem „harten Brexit“ – ein Szenario, dass die EU und Großbritannien bisher zu vermeiden versucht hatten.

Generell ist die Frage nach den konkreten Inhalten eines potenziellen Handelsvertrages zum derzeitigen Zeitpunkt völlig offen. Denkbar ist allerdings, dass in den Verhandlungen zwischen der EU und Großbritannien vor allem für die Zollthematik eine Lösung gefunden werden könnte.

Skaleneffekte drohen verloren zu gehen

WTO-Standards sind keine Seltenheit: Sie gelten zwischen Ländern, die kein Freihandelsabkommen geschlossen haben. Sie können allerdings – wie im Fall der USA und Großbritanniens – mit zusätzlichen bilateralen Vereinbarungen ergänzt werden. Großbritannien verlöre bei einem „harten WTO-Brexit“ den direkten Zugang zum Europäischen Binnenmarkt. Der Handel mit der EU würde künftig nur noch mit einem massiven bürokratischen Aufwand möglich sein. Zollanmeldung, Exportlizenzen oder der Umgang mit steuerlichen Aspekten würden vor allem für kleinere Unternehmen ein deutliches Mehr an Kosten verursachen. Unternehmen wären des Weiteren mit unterschiedlichen nationalen Regularien und Produktstandards konfrontiert, womit Skaleneffekte verloren gingen, die sie in Zeiten des EU-Binnenmarkts ausschöpfen konnten. Besonders betroffen wäre davon vor allem die britische Industrie, aber auch der Handelssektor. Und auch für Unternehmen aus der EU27 würden sich wirtschaftliche Einbußen ergeben, da sie ebenfalls einen gewissen Mehraufwand bei Exporten nach Großbritannien betreiben müssten. Bei der Diskussion um die Modalitäten des EU-Wiederaufbaufonds haben bereits Belgien und Irland auf die Gefahr eines „WTO-Brexits“ hingewiesen, der zum volkswirtschaftlichen Schock der Corona-Pandemie hinzukäme.

Dies zeigt: Beide Seiten haben aus ökonomischer Vernunft heraus ein Interesse, die Verhandlungen nicht ganz scheitern zu lassen. Die Relevanz zeigt sich an den engen wirtschaftlichen Verflechtungen, die zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU bestehen. Im Jahr 2018 etwa gingen 45 Prozent der britischen Exporte in die EU. Im Vergleich dazu betrugen die Ausfuhren in die Vereinigten Staaten lediglich 19 Prozent.

Risiko des grundsätzlichen Bruchs

Gleichzeitig besteht ein hohes Risiko, dass Großbritannien sich stur stellt und Premierminister Boris Johnson mit einer klaren Parlamentsmehrheit im Rücken anstrebt, sich völlig von der EU los zu sagen. Eine Neuordnung der Außenhandelsbeziehungen Großbritanniens könnte sich nach Meinung nicht weniger Brexit-Befürworter zum Vorteil für die britische Wirtschaft entwickeln und insbesondere Zukunftsbranchen anziehen. So hat die Regierung Johnsons etwa bereits beschlossen, die Forschungsmittel im Bereich der fortgeschrittenen Mathematik deutlich aufzustocken.

Die EU pocht dagegen auf die Einhaltung eines „level playing field“ im regulatorischen Bereich, will also eine Aufweichung der (bisherigen) Regularien in einem Vertrag mit Großbritannien verhindern. Ungeklärt ist zudem, welche Rolle die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) für Großbritannien haben soll. Ein Punkt, der im Übrigen auch in den festgefahrenen Verhandlungen über ein Rahmenabkommen zwischen der EU und der Schweiz eine Rolle spielt. Die Bank of England sieht vor diesem Hintergrund das reale Risiko eines „harten Brexit“ und hat die britischen Banken angewiesen, sich darauf vorzubereiten.

Insgesamt zeigt sich für die Unternehmen dies- und jenseits des Ärmelkanals ein Zustand anhaltender Rechtsunsicherheit, der wachstumsdämpfend wirkt. In Großbritannien würde ein Scheitern der Handelsgespräche die nach der Eindämmung der Pandemie einsetzende Erholung der britischen Wirtschaft erschweren und einem Stimmungswandel in der Bevölkerung Vorschub leisten. Doch scheint in der britischen Regierung zunehmend die Position Auftrieb zu erhalten, den wirtschaftlichen Schaden eines „WTO-Brexits“ bewusst in Kauf zu nehmen und die damit verbundenden negativen Effekte im aktuellen Corona-Chaos untergehen lassen zu wollen. Gepaart mit den Verwerfungen infolge der Pandemie bedeutet diese Haltung massive Unsicherheiten für den volkswirtschaftlichen Ausblick Großbritanniens.

Das Fazit: Noch gehen die Experten von Union Investment davon aus, dass am Ende die ökonomische Vernunft siegt und ein rudimentärer Handelsvertrag zustande kommt. Aufgrund der knappen Zeit und der Uneinigkeit der Verhandlungspartner stellt ein „WTO-Brexit“ jedoch eine reelle Gefahr dar. Selbst wenn es gelänge, einen rudimentären Handelsvertrag auf die Beine zu stellen, ist mit zunehmenden Kontrollen und einer erhöhten Bürokratie für die Unternehmen zu rechnen. Alles in allem riskiert Johnson mit seinem Kurs, die seit dem Brexit-Refendum stattgefundenden Bemühungen eines geregelten EU-Austritts Großbritanniens doch noch ins Leere laufen zu lassen.



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